Die Tränen der Massai
nahm eine Zeitschrift aus einem Ständer und blätterte darin. Das Lachen einer Frau auf der anderen Seite eines Blumenkübels erweckte ihre Aufmerksamkeit. Sie war eine einigermaßen attraktive Frau, etwa Mitte vierzig, und sie war offenbar daran gewöhnt, dass Männer ihr Aufmerksamkeit entgegenbrachten. Für diese Tageszeit war sie vielleicht ein klein wenig zu elegant gekleidet. Die breiten Schultern und das dunkle Haar des weißen Mannes, der bei ihr saß, kamen Malaika irgendwie vertraut vor, und noch während sie das registrierte, drehte er sich um und bemerkte, dass sie ihn ansah.
»Malaika!« Er schien ebenso überrascht zu sein wie sie. Es war zwar sinnvoll, dort zu wohnen, wo die Konferenz stattfand, aber sie hatte trotzdem angenommen, er würde in einem der größeren Hotels absteigen.
»Hallo, Jack.« Malaika blieb hinter der Blumenkübel-Barriere. »Sie wohnen hier!« Was für eine dumme Bemerkung, dachte sie sofort und schaute von ihm zu der Frau, die durchaus sogar eine teure Prostituierte hätte sein können.
»Ja, ich bin heute früh eingetroffen. Möchten Sie ein Glas mit uns trinken?«
»Oh, ich will nicht … ich war gerade auf dem Weg nach draußen. Ich werde mich mit ein paar Freunden treffen.« Die Frau war älter, als Malaika erwartet hatte. Das überraschte sie. Sie hatte angenommen, dass Jack Morgan sich mehr für die Nairobi-Hilton-Version interessieren würde – jung, schick und weltgewandt.
»Emma und ich haben uns nur die Zeit vor dem Abendessen vertrieben. Oh! Entschuldigen Sie. Emma Ooko, das ist Malaika Kidongi.«
Beide Frauen lächelten und nickten freundlich.
»Malaika, hallo«, sagte die Frau und bedachte sie mit einem abschätzenden Blick. »Sie sind also Jacks Assistentin?«
»O nein«, beeilte sich Jack zu verbessern. »Malaika arbeitet für AmericAid und hat bisher den größten Teil der Arbeit für das Projekt erledigt. Ich bin erst vor kurzem dazugestoßen.«
»Nun, ich wünsche Ihnen einen angenehmen Abend«, sagte Malaika mit einem lahmen Winken. Die beiden schienen es sich hier gemütlich gemacht zu haben.
»Ich höre, dass Sie in den Dörfern gute Arbeit leisten.« Die Frau weigerte sich, Malaika schon gehen zu lassen.
Malaika lächelte und trat einen Schritt von dem Blumenkübel zurück. »Das ist nur mein Job.«
Aber er wird wahrscheinlich nicht so gut bezahlt wie deiner.
Wenn sie den Blick abgewandt hätte, sobald sie gesehen hatte, dass er auf das Café zukam, hätte er sich vielleicht nicht verpflichtet gefühlt, sich zu ihr zu setzen, und sie hätte in Ruhe zu Ende frühstücken können. Aber sie hatte ihn einfach über den Rand ihrer Kaffeetasse anschauen müssen.
Er kam herein, eine Hand in der Tasche seiner schwarzen Hose, und die Zeitung unter dem Arm. Was für eine Haltung! Angesichts seines Flirts mit dieser Emma am Abend zuvor musste sie ihre Einschätzung revidieren, dass er trotz seiner Unhöflichkeit ein rechtschaffener Mensch war. Normalerweise konnte sie den Charakter eines Menschen recht gut einschätzen. Vielleicht lag es daran, wie er dreinschaute – wie ein kleiner Junge, der angestrengt versucht, eine schwierige Idee zu erläutern. Bei einem Mann stand so etwas meist für Charakterstärke. Das hatte ihr an ihm gefallen.
Dass sie sich so geirrt haben sollte, machte sie zornig. Sie begann, diese beunruhigende Erkenntnis zu erforschen, aber in diesem Augenblick sah er sie an. Er nickte der Serviererin zu, wies dann mit dem Kopf auf Malaika, und einen Moment später war er an ihrem Tisch.
»Darf ich mich zu Ihnen setzen?«, fragte er und sah aus, als würde er erleichtert sein, wenn sie ablehnte.
»Selbstverständlich.«
Er faltete die Serviette auf und legte sie sich aufs Knie. »Wie war Ihr Abend?«
»Mein Abend? Oh, nichts Besonderes. Sehr ruhig.« Während du und die reizende Miss Emma …
»Haben Ihre Freunde Sie ausgeführt?«
»Meine Freunde? Oh, meine Freunde. Nein, die bleiben lieber zu Hause. Wir haben bei ihnen zu Hause gegessen.«
»Es war schade, dass Sie sich uns nicht anschließen konnten.«
Sie zog die Brauen hoch. »Anschließen?«
»Ja, Sie haben Emma ja kennen gelernt. Wir hatten viel Spaß …«
Jede Wette.
»… Emma, Simon und ich. Es war ein angenehmer Abend.«
»Simon?«
»Ja, Emma und Simon Ooku. Die Hotelbesitzer. Unsere Gastgeber.« Er legte fragend den Kopf schief. »Haben Sie die Einladung nicht erhalten?«
Sie hatte die Karte auf dem Tisch in ihrem Zimmer gesehen.
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