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Die Tränen der Massai

Die Tränen der Massai

Titel: Die Tränen der Massai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Coates
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mache.«
    »Sehen wir uns nächsten Mittwoch bei der üblichen Projektbesprechung?« Sie streckte die Hand aus. »Ich wünsche Ihnen eine sichere Fahrt.«
    Er ergriff ihre Hand. »Danke. Wann fährt Ihr Zug?«
    »Ich nehme nicht den Zug. Ich habe beschlossen, den Expressbus zu versuchen. Er ist … schneller.«
    »Ich habe gehört, die Busverbindung sei hoffnungslos. Vollkommen unzuverlässig.«
    »Tatsächlich ist sie recht gut. Sehr gut sogar. Der Bus fährt direkt vor dem Hotel ab, in einer Viertelstunde. Ich werde gegen acht in Nairobi sein.«
    »In Ordnung. Bis dann.« Er wollte gehen, aber dann wartete er, bis sie ihren Schlüssel von der Rezeption geholt hatte. »Ich könnte Sie mit zurück nach Nairobi nehmen«, sagte er. »Wenn Sie möchten.«
    »Danke«, erwiderte sie mit höflichem Lächeln. »Aber der Bus …«
    »Ja. Der Bus. In Ordnung. Also, gute Reise.
Kwaheri.«
    »Bis dann.«
    Er sah ihr nach, als sie zur Treppe ging. Ihre rote Bluse wurde in der Taille von einem breiten Gürtel gerafft, und ihr schwarzer Rock, eng an Hüften und Oberschenkeln, betonte die langen, wohlgeformten Muskeln ihrer Waden.

Kapitel 13
    Aus Peabodys Ostafrikaführer (5. Auflage):
    Die Kunono sind seit Generationen die Schmiede der anderen ostafrikanischen Stämme. Sie sind als geschickte Handwerker sehr gefragt und werden von allen, mit Ausnahme der Massai, bewundert.
    Die Massai halten die Kunono für bedauernswerte Seelen, deren unglückliche Begabung sie zu einem Leben der körperlichen Arbeit und daher in den Augen der Massai zu einem Leben des Dienens verurteilt.
    1959
    Ein Jäger, der genug Geld ausgab, um sich von Nairobi zur der wildreichen Region am Mara fliegen zu lassen, hätte aus der Luft die Narok-Kisii-Straße kaum bemerkt. Sie bestand aus der gleichen sandigen, pulvrigen Erde wie der ostafrikanische Grabenbruch, durch den sie verlief. Nur wenn das kleine Flugzeug zufällig über eines der Vierradantrieb-Autos geflogen wäre, die hin und wieder auf der Straße unterwegs waren und Staubwolken aufwirbelten, hätte ein Passagier vielleicht auf die Idee kommen können, dass sich dort unten eine Straße befand. Aber er hätte ganz bestimmt nicht den kleinen, aus Brettern und Wellblech zusammengenagelten Laden an der Straße und den dazugehörigen baufälligen Außenabort gesehen. Selbst jene, die in einem Fahrzeug auf der mit Schlaglöchern übersäten Narok-Straße unterwegs waren, übersahen häufig das abblätternde Holzschild
Patel’s Duka.
    Die
Duka
befand sich an der Kreuzung der Narok-Straße mit einem Pfad, der zu dem kleinen Dorf Isuria etwa einen Kilometer entfernt führte. In dem riesigen Rift Valley war mit Laufkundschaft nicht zu rechnen, aber Patel hatte die
Duka
in der Hoffnung errichtet, mit den Bewohnern von Isuria ein paar Geschäfte machen zu können. Das hatte sich als eine seiner schlechteren Entscheidungen erwiesen.
    Patel selbst war dieser Tage selten in der
Duka.
Er hatte ein Kurzwarengeschäft in Narok, wo er den Massai Stoffe vom Ballen verkaufte. Maina Emwenje, ein Kikuyu, führte die
Duka,
und versuchte ununterbrochen, die Kunden zu betrügen, um einen gewissen Profit zu erwirtschaften. Theoretisch wäre es lukrativer gewesen, Patel zu betrügen, aber Maina wusste, dass Patel die Nase eines Pavians hatte und selbst die geschicktesten Betrügereien sofort riechen konnte, wenn er die
Duka
zu einer seiner unregelmäßigen Inspektionen betrat.
    Der Weg nach Isuria, der neben der
Duka
von der Straße abzweigte, bestand in dieser Jahreszeit überwiegend aus zwei steinharten Fahrrinnen. Bis vor ein paar Jahren das erste Fahrzeug in dieser Region eingetroffen war, war er sogar nur ein Fußweg gewesen, der sich an den Dornbüschen vorbeizog. Die tiefen Rinnen in dem schwarzen Schlamm waren eine beständige Erinnerung an den Besuch des Steuereintreibers.
    Mengoru hielt sein Fahrrad mühsam auf dem Streifen zwischen den Rinnen. Es war ein sauerstoffloser Morgen, und die Sonne brannte gnadenlos auf seinen Rücken. Aber selbst auf Heimaturlaub gestattete er sich nicht, wieder unangemessene Kleidung anzulegen. Er blieb bei einer ordentlichen schwarzen Hose und einem langärmeligen weißen Hemd. Mengoru wich den größeren Steinen aus und achtete darauf, nicht vom Weg abzukommen, denn er wollte keinen Dorn in den Reifen riskieren. Er hasste Radfahren. Es war erniedrigend. Aber eines Tages würde sich das ändern.
    Zwei hasengroße Dik-Diks huschten vom Weg weg. Der Bock hielt unter einem

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