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Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Titel: Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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rufen, Antoinette. Er soll uns auf der Stelle berichten, was da gesprochen wird.«
    »Euer Page hat gerade seine Musikstunde, Louise.«
    Louise wollte etwas erwidern, aber Alix mischte sich in das Gespräch ein: »Ich gehe selbst nachsehen«, sagte sie, hüllte sich in das große, dicke Tuch, das ihr Antoinette gereicht hatte, und eilte aus dem Zimmer. Immerhin hatte Alix genauso große Angst wie Louise und befürchtete, dass auch Alessandro in Gefahr sein könnte, wenn er nicht bereits wieder nach Florenz zurückgekehrt war.
    Wieder einmal bedauerte Louise, wie wenig Personal ihr der König zugestanden hatte, seit François in Blois lebte. Sobald die Bankiers ihr mit größeren Summen aushalfen, wollte sie die Anzahl ihrer Lakaien, Diener und Pagen und das gesamte übrige Personal verdoppeln oder noch besser verdreifachen. Für den Augenblick musste sie sich mit dem Gedanken trösten, dass es wenigstens ihrem Sohn an nichts fehlte, um seine Bedürfnisse und seine ständige Wissbegierde zu befriedigen.
    Ihre Neugierde war geradezu übermächtig, und sie fragte sich, ob sie hinauslaufen und eine Erkältung riskieren sollte, um die Neuigkeiten zu erfahren. Aber sie wollte sich in Geduld fassen und ruhig abwarten, bis jemand kam und berichtete, was da draußen vor sich ging.
    Also blieben Antoinette und sie noch eine Weile am Fenster stehen und sahen hinaus.
    Catherine trat von einem Fuß auf den anderen, damit ihr etwas wärmer wurde. Nun kam Alix dazu und zog fröstelnd das warme Tuch enger um sich. Sie redete mit Catherine, machte eine ausladende Geste und drehte sich dann zum Fenster, um Louise ein Zeichen zu geben, das diese aber nicht verstand.
    »Was hat sie gemeint?«, fragte sie Antoinette.
    »Ich weiß es auch nicht.«
    Der Boden war weiß gefroren, und wegen des dichten Nebels konnte man nur wenige Fuß weit sehen. Außer der kleinen Gruppe unter dem Fenster – Alix, Catherine und der Diener – war nichts zu erkennen. Alles verschwand wie unter dicker weißer Watte. Dann verdunkelte sich plötzlich der Himmel, und die beiden Frauen am Fenster konnten Alix und Catherine kaum noch auseinanderhalten. Sie waren hinter einem großen frostigen Schleier verschwunden.
    Nun hielt es auch Louise nicht mehr aus. Sie griff nach ihrem
weiten, pelzgefütterten Umhang, warf ihn sich über und lief aus dem Zimmer.
    Die Luft war so kalt, dass sie einem schier den Atem nahm. Über die Treppen drang die Kälte bis in die oberen Etagen. Louise eilte durch die großen Säle, die nur für Besuch geheizt wurden, und erreichte den Hof über einen Außengang.
    »Madame Louise!«, rief Catherine, als sie Louise in ihren Pelz gewickelt auf sich zukommen sah, »Monsieur de Bourbon kommt heute bestimmt nicht mehr. Das Pferd von seinem Schildknappen ist auf der Straße gestürzt.«
    »Und was ist mit Monsieur de Bourbon? Wo ist er?«
    »Der Schildknappe ist mit Philibert und Jean-Baptiste wieder los, um das arme Tier zu erschießen. Es hat sich beide Hinterbeine gebrochen.«
    »Was mit Monsieur de Bourbon ist, will ich wissen?«, wiederholte Louise ihre Frage gereizt.
    »Sein Knappe meint, er sitzt auf der Straße nach Romorantin fest, ist sich aber nicht sicher.«
    »Oh Gott!«
    »Eure Stallknechte sind auf dem Weg zu ihm, Louise«, sagte Alix und rieb sich ihre kalten Hände. »Was sollen wir sonst tun? Alessandro ist bestimmt in der gleichen Lage. Wahrscheinlich irrt er irgendwo durch diesen schrecklichen Nebel, der immer dichter wird.«
    Lieber Himmel! Wie froh sie wäre, wenn es sich so verhielt, und ihm unterwegs nicht eingefallen war, dass er sie doch nicht wiedersehen wollte.
    Als Louise merkte, dass Alix genau die gleichen Ängste um ihren Geliebten ausstand, beruhigte sie sich sofort und schüttelte nur hilflos den Kopf.
    »Kann man denn sonst gar nichts unternehmen?«, seufzte sie.
»Möchtet Ihr, dass ich jemand Richtung Romorantin losschicke? Alessandro kann eigentlich nur in Bourges oder in Nevers sein.«
    »Dafür wäre ich Euch sehr dankbar, Louise. Ich mache mir solche Sorgen.«
    Jetzt gesellte sich auch Antoinette zu ihnen und blies kräftig in ihre Hände, um die kalten Finger aufzuwärmen.
    »Ich dachte, Bourbon wäre in der Nähe von Amboise unterwegs.«
    »Ja, schon, aber wir wissen nicht genau, wo.«
    Sie wurden von erstickten Geräuschen unterbrochen. Zu sehen war nichts. Bei dem Nebel konnten sie gerade noch das Gesicht ihres Gegenübers erkennen.
    Dann hörten sie Hufschlag und Stimmen, die in der drückenden

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