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Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Titel: Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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Stille sonderbar klangen.
    »Wir sind’s, Philibert und Jean-Baptiste«, sagte jemand aus dem Nebel. »Wir kommen mit dem Knappen von Monsieur de Bourbon. Das tote Pferd haben wir im Schlepptau. Zum Glück ist der Unfall auf der Straße zum Schloss passiert.«
    Das Gesicht des armen Schildknappen konnten sie nicht erkennen, aber es ließ sich unschwer erahnen, dass er kaum guter Dinge sein würde, nachdem er gerade seinen treuen Reise- und Kampfgefährten mit eigener Hand töten musste.
    »Ich kann mir vorstellen, wie traurig Ihr sein müsst«, sagte Louise. »Für Euren Heimweg leihe ich Euch ein Pferd aus meinem Stall.«
    Der Verlust seines Pferdes schien den jungen Mann sehr getroffen zu haben, und Louise wagte ihn nicht gleich nach ihrem Freund Charles de Bourbon zu fragen.
    »Der Nebel wird von Stunde zu Stunde dichter, Madame. So etwas habe ich noch nie erlebt. Und dann noch dieses Glatteis! Die Pferde haben Angst und machen kaum einen Schritt vorwärts.
Die Loire ist vollkommen zugefroren, und man erkennt die Straße nicht mehr. Vor sich hat man nichts als diese bedrohliche weiße Masse. Man führt das Pferd an der Longe und stolpert blindlings vorwärts. Ich selbst bin dreimal gestürzt und hätte mir beinahe alle Knochen gebrochen.«
    Er betastete seine Schulter und massierte sie vorsichtig.
    »Wahrscheinlich habe ich mir einen Muskel gezerrt, aber das vergeht ja wieder.«
    »Catherine bringt Euch zu meinem Arzt, ehe Ihr weiterreitet.«
    »Ich fürchte, das Mistwetter hält sich noch ein paar Tage.«
    »Das meint Ihr doch nicht ernst! Glaubt Ihr etwa, der Nebel löst sich nicht auf?«
    »Im Gegenteil, er scheint noch dichter zu werden. Wie gesagt, so etwas habe ich noch nicht erlebt!«
    Der Mann rieb sich noch immer die Schulter und verzog sein Gesicht vor Schmerz.
    »Wisst Ihr denn, wo Charles de Bourbon ist?«, fragte Louise endlich und zog ihr Cape enger um sich, damit der eisige Wind nicht unter den Pelz kam.
    »Ich habe ihn in der Nähe von Blois allein gelassen, Madame. Der Duc de Bourbon bestand darauf, dass ich so schnell wie möglich zu Euch reite, um seinen bevorstehenden Besuch bei Euch anzukündigen. Mein Pferd war mutiger als seins, das immer wieder einfach stehen geblieben ist.«
    »Wie weit wart Ihr denn von Blois entfernt?«
    »Das konnten wir wegen des Nebels nicht feststellen. Ich weiß es wirklich nicht, Madame.«
    »Aber was ist mit Euch?«, fragte Louise nach. »Ihr müsst doch wissen, ob Ihr in der Nähe von Amboise wart.«
    Wieder rieb sich der Schildknappe die schmerzende Schulter.
    »Ich schätze, sechs oder sieben Stunden sind vergangen, ehe
mein Pferd gestürzt ist. Da waren es noch zwei Meilen bis zu Euch.«
    »Oh Gott! Sieben Stunden für den Weg von Blois nach Amboise! Dabei sind es nur wenige Meilen! Dann bleibt uns nichts anderes übrig als zu warten.«
    Der Knappe ließ seine Schulter los und bewegte sie vorsichtig, und diesmal verzog er das Gesicht nicht vor Schmerz.
    »Nein, Madame, warten könnte das Todesurteil für Monsieur de Bourbon sein. Eure Leute müssen unbedingt nach ihm suchen. Ich schätze, sie haben zu früh aufgegeben. Gleich morgen früh mache ich mich mit ihnen auf den Weg. Wir nehmen Fackeln mit und warme Decken, falls wir nicht vor Einbruch der Nacht zurück sind.«
    Louise und Alix seufzten erleichtert. Man wollte noch einmal nach ihnen suchen. Noch waren Bourbon und Van de Veere nicht verloren!
     
    Alessandro stolperte vorwärts und hielt sein Pferd an der kurzen Leine, ohne die er vermutlich schon drei oder vier Mal gestürzt wäre, während das Tier ohne die feste Hand seines Herrn gefährlich ausrutschen konnte. Am meisten fürchtete sich Alessandro davor, zu fallen und sich einen Arm oder ein Bein zu brechen.
    Aber es war nicht nur schneidend kalt und glatt, sondern unglücklicherweise hatte sich das Pferd ein paar Mal im Kreis gedreht, sodass Alessandro jegliche Orientierung verloren hatte. Ob sie vielleicht sogar im Kreis gingen?
    Während er das Tier so behutsam wie möglich vorwärtszog, tastete sich Alessandro mit dem Fuß an dem vereisten Straßenrand entlang, um nicht ganz vom Weg abzukommen. Er folgte den Wagenspuren, die der Frost aufgeworfen hatte, tappte hilflos durch die dicke weiße Masse, die bis auf Armlänge alles hinter sich verbarg,
und kniff die Augen zusammen, um durch den verdammten Nebel zu spähen, der ihm jetzt tatsächlich größere Sorgen machte als eine schlechte Geldanlage.
    Aber es nützte alles nichts, er konnte sich

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