Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)
Schönste, dann könnt Ihr für das Fest eine Larve tragen und die süßeste aller Sünden genießen!«
Was hätte der Bandhändler auch sonst sagen sollen, nachdem ihm Alix fünf Florine in die Hand gedrückt hatte, die genauso schön funkelten wie die goldenen Bänder in ihren Haaren.
»Oh, Dame Alix!«, rief Angela bei ihrem verführerischen Anblick. »Ihr seid schön wie ein Engel!«
»Nein, Angela, der Engel bist du. Du weißt doch, ich bin die schöne Florentinerin von meinen Teppichen.«
Tania bewunderte ihre neue Herrin ebenfalls und meldete sich dann mit schüchterner Stimme zu Wort.
»Ich habe aufgepasst, wie das Mädchen die Frisur gemacht hat, Dame Alix. Ich glaube, ich weiß jetzt, wie das geht.«
»Sehr gut, Tania! Es gibt bestimmt reichlich Gelegenheiten, zu denen du sie mir machen kannst.«
Leo kletterte wieder auf seinen Kutschbock und brummelte irgendetwas von viel zu vielen Leuten vor sich hin.
»Wir müssen die Kutsche irgendwo abstellen. So kommen wir nicht weiter.«
Alix warf einen Blick in den Wagen und erkundigte sich nach dem Verbleib von Theo.
»Er hat gesagt, er geht auf das Fest und kommt morgen Abend zurück.«
»Aber er weiß doch gar nicht, wo Alessandro wohnt!«
»Er wird das Haus schon finden, hat er gemeint.«
Alix runzelte missbilligend die Stirn. Sie ahnte, dass ihr dieser junge Mann, im Gegensatz zu seiner Schwester, reichlich Schwierigkeiten machen würde.
Als es Abend wurde, schickte Alix ihre Leute auf das Fest und machte sich auf den Weg zu Alessandros Haus, was nicht schwer zu finden war, weil es jeder Florentiner kannte. Es stand mitten auf dem Forum, auf dem großen Florentiner Marktplatz.
Mühsam bahnte sie sich einen Weg durch die Menschenmassen auf der breiten Allee, die zu Alessandros Haus führte, und dachte an die lange Nacht, die sie mit ihm in Pisa verbracht hatte, eine Nacht voller Sehnsüchte und Versprechen. Köstliche Stunden voller Leidenschaft, nach denen ihm Alix gestanden hatte, dass sie ein Kind von ihm erwartete.
Alessandro wirkte zunächst überrascht und nachdenklich, dann sah er sie liebevoll an und liebkoste und küsste sie zärtlich, um sich in einer endlosen Umarmung voller Leidenschaft erneut mit ihr zu vereinigen.
Erst viel später war er aufgestanden und ans Fenster getreten und hatte, mit dem Rücken zu ihr, einen Wunsch geäußert.
»Wenn es ein Mädchen ist, nennen wir es Grazielle, mein Herz. Und wenn es ein Junge ist, soll er Giacomo heißen.«
»Wenn es ein Mädchen ist, nennen wir es Valentine, Liebster. Und wenn es ein Junge ist, soll er Louis heißen«, erwiderte Alix.
Alessandro musste lachen, drehte sich um und eilte zu ihr, um sie in die Arme zu nehmen und mit Küssen zu überhäufen.
»Einen Versuch war es wert, mein Herz. Italien bekommt dir so gut, das wollte ich ausnutzen.«
»Das Val de Loire bekommt mir nicht weniger gut, Liebster«, hatte sie ihm geantwortet, während sie seine ungestümen Küsse genoss. »Vergiss nicht, auch wenn du dich für Italien entschieden hast, fließt doch auch flämisches Blut in deinen Adern. Warum soll das Kind, wenn es ein Junge wird, nicht Albrecht, Hans oder Nicolson heißen, wenn es ein Mädchen wird, Greta, Hansi oder Katelina?«
»Du hast natürlich recht, mein Schatz. Es wird nun mal ein kleiner Franzose, den Trumpf kann ich dir nicht nehmen. Aber warum soll er Louis heißen, wenn es ein Junge ist?«
»Weil Louis der Vorname der französischen Könige ist und ihm Glück bringen soll.«
Wie eilig es Alix hatte, wenn es um das Kind ging! Noch nie hatte sie einem ihrer Kinder einen Namen gegeben, ehe sie geboren und leider auch gleich gestorben waren. Ihre ersten beiden Schwangerschaften waren unter denkbar schlechten Umständen verlaufen. Diesmal hatte sie das Gefühl, wenn sie dem Kind gleich jetzt einen Namen gab, musste ihm das Glück bringen.
»Und warum dann Valentine?«
»Weil du noch keine Tochter hast und ich dir eine Freude machen will.«
»Das verstehe ich nicht ganz«, meinte Alessandro mit einem verschmitzten Lächeln.
»Wie oft hast du mir schon die Geschichte der Herzöge von Mailand erzählt? Weißt du etwa nicht mehr, dass eine gewisse Valentina Visconti einmal einen gewissen Herzog von Orléans geheiratet hat?«
»Aber natürlich weiß ich das noch! Jeder Italiener kennt die Geschichte. Schließlich fordert Euer König Louis XII. deswegen heute sein Mailänder Erbe ein.«
»Valentine Visconti hat auch im Val de Loire gelebt«, fuhr Alix fort
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