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Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Titel: Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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mitnehmen als Angela, die er sehr gern hatte, allerdings dachte er im Moment nicht daran, dass Alix Angela viel dringender brauchte, wenn sie ihr Kind zur Welt bringen musste. Tania traute er nämlich nicht viel zu, auch wenn sie sich seiner Herrin gegenüber freundlich und ergeben zeigte.
    »Wenn sie eine Sklavin ist, dann nehmen wir sie auch mit. Etwas anderes hat sie nicht verdient.«
    »Lasst uns gehen«, flüsterte Charles d’Amboise Constance zu. »Wir können hier doch nichts ausrichten. Aber ich werde natürlich versuchen, Alix zu helfen. Ich verspreche Euch, dass ich mich persönlich darum kümmere. Ich bin Soldat und weiß, wie man so etwas macht.«
    Als Constance zögerte, sagte er eindringlich:
    »Geht zurück nach Florenz, Constance. Ich lasse Alix nicht im Stich und halte Euch auf dem Laufenden.«
     
    Sofort wurden Alix und Tania gefesselt und geknebelt in einen Wagen geworfen, den ein Kutscher in einem Höllentempo nach Bologna fuhr.
    Bald wussten sie nicht mehr, wie lange sie schon in dem unbequemen Gefährt eingesperrt waren. Durch einen schmalen Spalt im Dach konnten sie ahnen, wenn es Nacht wurde. Vor dem kleinen Fenster hing ein schmutziger Lumpen, sodass sie nicht hinaussehen konnten.
    Zwei oder drei Tage dauerte das nun schon, ohne dass man ihnen etwas zu essen oder zu trinken gebracht oder erklärt hätte, warum sie so gequält wurden. Meistens dämmerten sie wie tot vor sich hin, was immerhin den Vorteil hatte, dass sie nicht über ihre
schreckliche Lage grübeln konnten und ihre schmerzenden Glieder vergaßen.
    Waren sie wach, konnten sich die beiden Frauen nur mit Blicken verständigen, und irgendwann versuchte Alix, Tania so auf ein dumpfes Geräusch aufmerksam zu machen, das ihr seit einiger Zeit auffiel. Es klang so, als galoppierte jemand hinter ihnen her!
    Aber Tania schien sich nicht dafür zu interessieren. Sobald sie zu Kräften kam, gebärdete sie sich wie eine Irre, um sich aus ihren Fesseln zu befreien. In ihrem hochschwangeren Zustand wagte sich Alix kaum zu rühren, aus Angst, die Wehen könnten einsetzen. Deshalb bewegte sie sich so gut wie gar nicht und dachte stattdessen darüber nach, was die Soldaten gesagt hatten.
    Warum hatte Alessandro Julius II. kein Geld für seine Truppen gegeben? Was war geschehen, dass er diesen Affront gewagt hatte? Der gewalttätige und alles andere als milde Papst würde ihn ein Leben lang mit seinem tödlichen Hass verfolgen. Warum dieser Sinneswandel? So viel sie auch grübelte, sie fand keine Erklärung, die sie beruhigt hätte.
    Nur die Vorstellung, Kardinal Jean de Villiers sei heil und unversehrt in den Vatikan zurückgekehrt, konnte sie ein wenig trösten. Sie wusste, dass Jean zwar manchmal seine Faust oder eine Waffe einsetzte, aber er konnte sich auch in Worten und Taten mäßigen. Jean de Villiers war zu jedem Kampf bereit, aber auch zu allen Friedensverhandlungen.
    Vor den Toren von Bologna begriff Alix, warum die Soldaten Charles d’Amboise geraten hatten, die Stadt zu meiden. Überall spürte man die Unruhe, die Stimmung war gereizt und bedrohlich. Die zwanzigtausend Soldaten des französischen Königs – Armbrustschützen, Bogenschützen, Lanzenreiter und Kanoniere – lagen gut getarnt ganz in der Nähe und warteten nur auf das Zeichen zum Angriff, um nach der Schlacht zurück nach Agnadel zu
marschieren, wo angeblich Louis XII. sein Lager aufgeschlagen hatte. Doch ein Angriff wäre völlig falsch gewesen. Ludwig XII. befand sich tatsächlich auf dieser Feste, so wie zuvor vor Bergamo, Brescia, Cremona und Verona, die alle – wie Venedig – vergeblich Widerstand leisteten.
    Alix hörte das galoppierende Pferd näher kommen. Tania musste es eigentlich auch hören, allerdings wurde das Geräusch der Hufe von Kanonendonner und dem Geschrei der Soldaten überlagert, die in einiger Entfernung Mann gegen Mann kämpften. Alix kam es so vor, als würde der Galopp immer lauter. Warum verfolgte der Reiter ihren Wagen so hartnäckig? War es etwa Charles d’Amboise? Bei diesem Gedanken fasste sie wieder ein wenig Mut.
    Doch dann kam es noch schlimmer. Eine Kanonenkugel hatte ihren Wagen getroffen!
    Der Kutscher wurde vom Bock geschleudert, der Wagen kam ins Schlingern und stürzte auf die Seite. Die beiden gefangenen Frauen gerieten in Panik. Die Knebel erstickten ihre Schreie. Alix war kurz davor, in Ohnmacht zu fallen, aber der stechende Schmerz in ihrem Bauch bewahrte sie davor. Angstschweiß lief ihr übers Gesicht, und vor

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