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Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Titel: Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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er Frankreich nicht allzu sehr liebt. Auch wenn er unserem König im Augenblick schmeichelt, weil er ihn braucht, ahne ich doch, dass er ihm in den Rücken fallen wird, sobald er bekommen hat, was er will. Geh ihm aus dem Weg, Charles. Er ist ein Fanatiker und würde alles für den Schutz des Vatikans tun.«
    »Der König und seine Ratgeber wissen das.«
    »Natürlich sind sie darüber informiert. Was du aber nicht zu wissen scheinst – weder Julius II. noch Kardinal d’Amboise werden dich an die Macht lassen. Halte dich von beiden fern.«
    Er nickte nur ergeben.
    »François d’Angoulême, Duc de Valois, und kein anderer wird dich zum Obersten Stallmeister von Frankreich machen.«
     
    Kaum war Charles auf seine Besitzungen zurückgekehrt, als Neuigkeiten aus Italien den Hof von Blois erreichten. Venedig, Florenz, Bologna und Rom bekriegten sich mittlerweile gegenseitig. Für Louise war das kein Grund, ihre Reise nach Blois aufzuschieben, zumal sie zu ihrer großen Freude erfahren hatte, dass Königin Anne in die Bretagne gefahren war, weshalb sie gleich beschloss, länger als vorgesehen in Blois zu bleiben.
    François empfing sie überschwänglich, und Louise musste feststellen, dass ihm der herrische Umgang mit seinen zukünftigen Untertanen in Fleisch und Blut übergegangen war. Niemand wagte es, sich seinen Befehlen zu widersetzen, und wenn ihn auch noch Marguerite in seinen Wünschen unterstützte, lief am Hofe alles wie am Schnürchen. Ausritte, Konzerte und Banketts wechselten sich ab.
    Tag für Tag sprach Louise mit ihrer Tochter über ihre Heirat.
Man hatte sich darauf geeinigt, dass es eine Persönlichkeit aus Frankreich sein musste, und sie zählten wieder und wieder in vollstem Einverständnis eine Reihe von Namen auf, an deren erster Stelle Herzog Charles d’Alençon immer öfter auftauchte.
    In der Tat schien dieser Name, den Louise ihrer Freundin Alix gegenüber bereits in einem Brief erwähnt hatte, auf große Zustimmung seitens des Königs zu stoßen. Das hatte er Louise in einem Schreiben versichert, das er ihr durch einen Boten extra nach Blois hatte bringen lassen. Als es bei dem Namen Alençon zu bleiben schien, begann sich Marguerite allmählich für diesen Mann zu interessieren, den sie heiraten, lieben, achten und ertragen sollte.
    Nach seiner Rückkehr aus Italien sprach der König von nichts anderem mehr als von der Prinzenhochzeit, und die Königin, die aus der Bretagne wiedergekommen war, schloss sich in ihren Gemächern ein, um sich ihren Unmut nicht anmerken zu lassen.
    Wie gehetzt trieb Louis XII. die Entwicklungen voran, und die Aufregungen sollten für das Trio d’Angoulême erst enden, wenn Marguerite Herzogin von Alençon geworden war.
    Nun war es ganz ausgeschlossen, dass Louise vor der Hochzeit noch einmal nach Amboise zurückkehrte. Es gab viel zu viel zu erledigen. Der König hatte ihr ein Konto für die Hochzeitsvorbereitungen eingerichtet. Natürlich scheute sie keine Mühen und Kosten, weil ihr für ihre Tochter nichts zu prächtig war. François beglückte den Hofstaat mit seiner guten Laune und seine Schwester mit einer strahlenden Zukunft.

26.
    Louise konnte ihr Glück kaum fassen. Ihr Sohn François erklomm die Stufen zum Thron, und ihre Tochter Marguerite sollte Herzog Charles d’Alençon heiraten.
    Ehe sie schlafen ging, stattete sie ihrer Tochter noch einen kurzen Besuch ab, umarmte und küsste sie und wünschte ihr von Herzen alles Glück der Erde.
    Als ihre Mutter gegangen war, kam Marguerite ins Grübeln. War es wirklich die richtige Entscheidung, Charles d’Alençon zu heiraten? Sie kuschelte sich noch tiefer in ihre weiche Steppdecke. Das Bett war mit gelber Damastwäsche bezogen. In wenigen Tagen sollte es gegen weißes Bettzeug mit goldenen Fransen ausgetauscht werden, passend zum Brautschmuck aller französischen Prinzessinnen.
    So kurz vor dieser Hochzeit, die ihr nicht gerade genehm war, gingen Marguerite viele Gedanken durch den Kopf. Wie gern hätte sie den Mann geheiratet, den sie liebte, wäre er nicht eben in der Schlacht von Ravenna gefallen. Der Herzog von Nemours war ein stattlicher, schöner, mutiger und noch dazu sehr höflicher Mann gewesen. Leider hatte sie wenige Tage, bevor er in den Krieg zog, erfahren, dass er ihr nicht versprochen war. Sie bat Gott für diesen schlechten Gedanken um Vergebung – aber irgendwie tröstete sie die Vorstellung, dass nun auch keine andere Frau den Duc de Nemours lieben durfte.
    Ob sie Charles

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