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Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Titel: Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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Wagen geladen haben mochte.
    »Wir haben noch ausreichend Vorräte an Holz, Getreide, Öl und Wein«, überlegte sie. »Ich kann mir auch nicht vorstellen, was uns fehlen sollte.«
    Die beschlagenen Wagenräder quietschten über das Pflaster. Offenbar war der Karren schwer beladen, weil er nur langsam vorwärtskam. Beim Anblick der beiden Frauen sprangen die beiden Kutscher vom Bock und grüßten die Comtesse und ihre Begleiterin.
    Der eine Mann war sehr groß und mager, nur sein rotes, fleckiges Gesicht wirkte merkwürdig aufgedunsen.
    Dafür hatte sein kleiner, gedrungener Kollege eingefallene Wangen, ein hageres Kinn, eine lange, spitze Nase und ganz schmale Lippen. Der Größere hatte buschige Brauen über seinen leuchtend schwarzen Augen, während sie bei dem kleinen Dicken beinahe unter dem Rand seiner Mütze verschwanden.
    Louise und Antoinette stellten fest, dass der Wagen mit mehreren dicken Säcken beladen war.
    »Was bringt Ihr uns denn da?«, fragte Louise die beiden Männer. »Wir haben noch genug Vorräte für den Rest des Winters.«
    »Wir sollen das hier aufs Schloss liefern, hat’s geheißen. Ist für Madame Gräfin«, antwortete der Dünne, der sich die Mütze bis über die Ohren gezogen hatte.
    Als er vergeblich auf Zustimmung wartete, fuhr er in reichlich herausforderndem Ton fort: »Den Zoll mussten wir übrigens auch bezahlen, Madame Gräfin!«
    Dem anderen schien die forsche Art seines Kollegen nicht zu behagen.
    »Wir haben vier Heller pro Scheffel in Chaumont bezahlt.«
    Er wusste wohl auch, dass es nicht sehr höflich war, die Mütze aufzubehalten, weshalb er sie abnahm und nervös in den Hände drehte, so wie es Suzon oft mit ihrer Schürze machte.
    »Da sind sechs Scheffel Weizen à zehn Pfund, drei Scheffel Gerste à dreißig Sous und zwei Scheffel Hafer für je zwanzig Heller drauf. Wo sollen wir das Zeug hinbringen?«
    Er hatte seine Wollmütze wieder aufgesetzt, weil ihm sonst die Ohren abgefroren wären, und zeigte jetzt mit dem Finger auf Louise, die noch immer den Vogel in der Hand hielt.
    »Da habt Ihr wohl ’ne Schwalbe. Die sind heuer früh dran. Kann sein, dass der Frühling bald kommt. Wir haben auch schon welche gesehen.«
    Jetzt schnitt ihm der andere das Wort ab und fragte mürrisch: »Also – wo sollen wir das Zeug hinbringen?«
    Antoinette rieb sich die Hände, weil sie vor Kälte die Fingerspitzen kaum noch spürte, und Louise nickte dem Mann freundlich zu.
    »Bringt die Säcke zu den Nebengebäuden hinauf. Dort oben findet Ihr auch den Vorratsmeister.«
    »Nicht böse sein, Madame Gräfin, aber wenn Ihr mitkommt, gibt’s keinen Ärger! Auf dem Wagen ist noch genug Platz, und dann müsst Ihr nicht zu Fuß rauflaufen.«
    Antoinette wollte dankend ablehnen, aber Louise, die von unten Hufschlag gehört hatte, war einverstanden.
    »Ja, wir fahren mit. Den Wagen hat uns der Himmel geschickt. Es ist wirklich viel zu kalt, um noch länger spazieren zu gehen. Außerdem – hast du gehört, Antoinette? Ich glaube, sie kommen.«
    Antoinette spitzte die Ohren und hörte jetzt auch das Geräusch von Hufen auf dem Pflaster. Das konnten nur Charles de Bourbon und sein Schildknappe sein.
    Die beiden Frauen kletterten auf den Wagen, wobei sich Louise von einem der Männer helfen lassen musste, damit ihr die Schwalbe nicht aus der Hand fiel.
    Der andere ging einmal um den Karren herum, weil ein Rad
nicht in Ordnung zu sein schien, kam aber gleich wieder beruhigt zurück, nahm die Zügel und schwang sich auf den Kutschbock.
    Louise und Antoinette lehnten sich gegen die Säcke und warfen einen Blick nach hinten. Der Hufschlag kam näher, und in einer Kurve sahen sie die Silhouette eines Pferdes als Schatten an der Rampenwand.
    Während er den Wagen lenkte, kam der magere Mann wieder auf das Thema zu sprechen, das ihm verständlicherweise sehr am Herzen lag.
    »Wie kriegen wir jetzt unser Geld wieder, Madame Gräfin? Mit denen in Chaumont war nicht zu reden. Obwohl der Fernand nicht nachgeben wollte«, sagte er und deutete mit einer ausladenden Geste auf seinen Kameraden.
    »Ihr könnt’s mir glauben! Auf unserm Pachthof hat keiner was von Wegegeld gesagt. Wenn wir auf’s Schloss liefern, dürfen wir sonst immer so durch.«
    »Der Vorratsmeister gibt Euch das Geld wieder«, sagte Louise sofort. »Macht Euch keine Sorgen.«
    Ein Bein von Antoinette war eingeklemmt, weshalb sie ihr ganzes Gewicht auf das andere Bein verlagerte, um sich aus der unbequemen Lage zu befreien.
    »Haben denn

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