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Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Titel: Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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Händen die biegsamen Ruten bogen, um daraus Kornschwingen, Bütten, Dörrkörbe für Pflaumen oder Brotkörbe zu flechten.
    Wegen der Anwesenheit des Königs hatten die Frauen aufgehört zu schwatzen und sortierten und bündelten die Ruten schweigend. Zweige, die noch grün oder zu dünn waren, legten sie beiseite, damit die Kinder sie wegbringen konnten.
    Die Weidenzucht am Ufer der Vienne, in der Gegend von Chinon und Villaines, war berühmt, und die Korbflechtereien im Val de Loire waren bekannt für ihre gute Arbeit und lieferten oft bis in die Nachbarregionen.
    Das Dienstmädchen war ganz offensichtlich nicht auf den Mund gefallen und schien hin und her gerissen von dem König und François.
    Mit ihren flinken wild gestikulierenden Händen, ihren zierlichen Füßchen, die wohl in keine Holzschuhe passen wollten, ihren runden Hüften und ihren großen lavendelblauen Augen verkörperte sie alles, was ein Männerherz begehrte.
    Nachdem François ausgiebig die verführerischen Blicke des Dienstmädchens beantwortet hatte, bemerkte er hinten im Hof einen Jungen mit breiten Schultern und muskulösem Oberkörper. Während er ein Messer schärfte, mit dem die unbrauchbaren Zweige zerkleinert wurden, ließ er das Mädchen nicht aus den Augen.
    Doch dann kamen zwei Stallknechte, die die königlichen Pferde versorgen wollten, seinen neugierigen Blicken in die Quere.
    Toinette verschwand kurz und rief mit lauter Stimme die Mägde und Knechte zusammen, die seit König Ludwig XI. Mützen mit dem Wahrzeichen des Schlosses trugen.
    Die Dienerschaft stand stets zur Verfügung und kam eilig angelaufen, um den König und seinen jungen Begleiter ins Schloss zu geleiten.
    Noch nie war der junge François allein an der Seite Ludwigs XII. aufgetreten und konnte sich deshalb denken, welche Konsequenzen dieser Besuch für sein Ansehen haben musste.
    Toinette folgte ihnen, und François sah sich wieder nach ihr um. Sie hatte ein hübsches rundes Gesicht wie eine Rose, die man im Morgentau pflückt. Obwohl François noch sehr unerfahren, wenn auch nicht völlig ahnungslos in Liebesabenteuern war, begriff er instinktiv, dass die fröhlichen blauen Augen der munteren Dienerin den alten König schwer verzückt hatten.
    Als sie an dem jungen Mann vorbeikamen, der noch immer sein Messer schleifte, warf der ihnen so finstere Blicke zu, dass Toinette erschrak. Doch sie beachtete ihn nicht weiter und fragte unbefangen:
    »Soll ich Euch zum Waffensaal begleiten, Sire, oder wollt Ihr etwas essen und trinken?«
    »Essen und trinken! Was redet Ihr da, Toinette?«
    »Aber seid Ihr denn gar nicht hungrig oder durstig, Sire?«
    »Nein«, antwortete der König ein wenig ärgerlich. »Jedenfalls nicht, seit mir die Ärzte fetten Speck und all die anderen Schweinereien verboten haben, die Ihr mir auftischen wollt.«
    »Ist Eure Majestät etwa wieder krank?«
    »Ich bin ein alter Mann, meine arme Toinette, und mein Körper verlangt jetzt nach anderer Pflege als früher.«
    Toinette schob zwei dienstfertige Lakaien weg, die dem König zu nahe gekommen waren, und die Hellebardiere, die reglos und schweigend Spalier standen, wies sie mit einer Handbewegung an sich zurückzuziehen.
    François ging neben Louis, vor ihnen die junge Dienstmagd, die sich in den Hüften schwang und die Brust rausstreckte, sodass man die Rundungen ihres Busens erahnen konnte. Ihr Erstaunen darüber, den schönen jungen Mann in Begleitung des Königs anzutreffen, war offensichtlich, aber sie ließ sich nichts anmerken.
    Als sie dem König aus dem Mantel helfen wollte, winkte der lachend ab.
    »Nein danke, Toinette. Wo wir hinwollen, ist es nicht warm.«
    Als sie ratlos schwieg, fuhr er etwas ernster fort:
    »Du kannst uns die Waffen abnehmen. Der Gast, dem wir einen Besuch abstatten wollen, muss sich nicht mehr verteidigen. Unsere Degen wären da ziemlich fehl am Platz.«
    François und Toinette berührten sich flüchtig, weil sie sich ihm ziemlich frivol genähert hatte. Eigentlich wollte er ihr ein hübsches Kompliment machen, ließ das in Gegenwart des Königs dann doch lieber bleiben. Er schwieg also und verzog nur den Mund zu einem vielsagenden Lächeln.
    »Lass uns jetzt allein, Toinette. Wir wollen in den Kerker.«
    Die junge Dienerin zog sich zurück, aber François war der entsetzte Blick in ihren blauen Augen nicht entgangen.
    Der Hauptmann der Hellebardiere wählte zwei seiner Männer aus, denen er befahl, ihm zu folgen. Dann ging er entschlossenen Schritts den

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