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Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Titel: Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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nicht, und er musste ihm persönlich einen Schluck in die Kehle gießen.
    Der arme Hellebardier lag noch immer wie tot auf den Planken,
und der Barbier wartete nur, bis er Kopf und Arme ein wenig bewegte, um sofort wieder loszudonnern:
    »Wer ist der Nächste? Tretet näher, Leute! Traut euch nur!«
    Er ging auf die verblüfften Zuschauer zu und schrie:
    »Fragt ihn doch, ob er was gemerkt hat. Fragt ihn nur!«
    Als er sah, dass sich der Soldat ganz allmählich von seinem Schrecken erholte, steuerte er auf einen alten Mann mit vorstehendem Kinn und eingefallenem Mund zu, der ihn furchtlos angrinste.
    »Na, Alterchen, du bist wohl nicht mein nächster Kunde, so zahnlos wie du ausschaust!«
    Die Leute lachten und zogen weiter zur nächsten Attraktion.
     
    Vor dem Schloss wartete man noch auf die deutschen Landsknechte, die zur französischen Armee stoßen sollten.
    Die Truppen standen bereit. Mehr als zwanzigtausend Männer tauchten zu Fuß oder hoch zu Ross von allen Seiten auf und formierten sich zu Bataillonen. Jeder hatte Pike, Hellebarde, Dolch oder Büchse dabei.
    Die Trompeten ertönten, die Trommeln schlugen leise, und jeder machte sich daran, seinen Helm aufzusetzen und das Lederharnisch anzuziehen.
    Die schweren Reiter waren längst zur Stelle und sich ihrer besonderen Bedeutung bewusst, weil sie dem Feind in vorderster Linie entgegentreten mussten. Sie stellten sich mit ihren Pferden zur Schau, die Decken aus kostbaren Stoffen und Geschirre aus feinstem Leder trugen.
    Die ganze Schlagkraft der Streitkräfte von Ludwig XII. war in seiner schweren Reiterei gebündelt, seiner Elitetruppe, weshalb er auch nicht zögerte, diese Ordonnanztruppen reicher als alle anderen auszustatten.
    Weil ihm die schweren Reiter so wichtig waren, vernachlässigte er die leichte Reiterei geradezu, die viel schlechter ausgerüstet und der Fürsorge der übrigen Truppen überlassen waren.
    Über fünftausend Männer, berittene Bogenschützen und Armbrustschützen, Degenfechter, Pagen und Knechte drängten sich hinter der schweren Reiterei.
    Als die Loire gegen Mittag in schönstem Azurblau zwischen ihren goldenen Sandbänken dahinfloss, erschienen die Lanzenträger mit ihren Streitrössern und Schildknappen.
    Nachmittags machten sich die Artilleristen ans Werk; sie organisierten den Transport der schweren Kanonen, die schon seit Tagen am Flussufer bereitstanden.
    Die Kanonen bereiteten dem König am meisten Kopfzerbrechen, denn obwohl es nicht allzu schwierig war, die schwere Artillerie von der Loire an die Rhône zu bringen, stellte doch die Überquerung der Alpen eine große Herausforderung dar.
    Es gab wahrlich Grund genug zur Sorge, weil man neben dieser Schwierigkeit auch noch mit einem Netz von Kundschaftern zu tun hatte, das die Mailänder unterhielten und das sich Zugang zu Lyon verschafft hatte. Man musste Söldner anheuern, um den Spionen auf die Spur zu kommen, die oft genug für beide Seiten arbeiteten, wenn sie von den Mailändern besser bezahlt wurden.
    Anne de Bretagne starrte gedankenversunken auf die Loire, um sich dann wieder einmal mit einem Blick auf ihren Bauch zu beruhigen.
    »Schenkt Ihr mir diesmal unseren sehnsüchtig erwarteten Thronerben, mein Herz?«
    »Ich verspreche Euch, mein Herr, wenn Ihr zurückkommt, streckt Euch dieser Sohn seine Händchen entgegen.«
    Ein Zwerg schlug Räder und landete vor den Füßen der Königin.
Als er wieder auf seine kurzen, unförmigen Beine kam, überzeugte er sich, dass ihn das königliche Paar bemerkt hatte, nahm noch einmal Anlauf und katapultierte sich mit einem riskanten Salto auf die Knie des Königs.
    »Mein Herr«, näselte er und äffte die Stimme der Königin nach, »ich verspreche Euch, wenn Ihr zurückkommt, streckt Euch dieser Sohn seine Händchen entgegen.«
    Ehe der König reagieren konnte, war er blitzschnell wieder auf den Boden gesprungen und hüpfte vor den beiden auf und ab.
    »Wer bist du?«, wollte der König wissen.
    »Ich bin der Narr, und keiner kriegt mich zu fassen«, gab er zur Antwort und machte einen Purzelbaum, der noch wilder war als die zuvor.
    »Und du versprichst mir einen Sohn?«, fragte die Königin.
    »Ich hab’ nur gehört, wie es der Wahrsager gesagt hat.«
    »Der Wahrsager! Welcher Wahrsager denn?«, fragte sie weiter.
    »Der da unten«, sagte der Gnom und zeigte mit seinem dicken Ärmchen auf die Häuser, die sich unter dem Schloss von Amboise drängten.
    »Hol ihn her!«
    Der Knirps machte einen Luftsprung.
    »Ich kann Regen

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