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Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Titel: Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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Lüge. »Jetzt muss ich zusehen, dass ich auf dem schnellsten Weg zum Regiment des Königs komme.«
    »Und was wird aus meinem Pferd?«, fragte Marguerite mit schwacher Stimme.
    »Wir spannen es vor die Kutsche. Beim Ziehen leidet es weniger, als wenn es etwas zu tragen hat – und sei es auch nur Euer Leichtgewicht.«
    Margerite warf ihm aufmunternde Blicke zu.
    »Ich wüsste schon, wo wir ein neues Eisen für das Pferd kriegen«, meinte Jean-Baptiste. »Aber dazu müssen wir einen anderen Weg nehmen, und ich weiß nicht, ob wir dann zu spät kommen.«
    Nemours bemerkte Marguerites erschrockene Miene und ahnte den Grund. Wie sollte sie François finden, wenn sie die Straße verließen?
    »Ich hätte einen besseren Vorschlag«, sagte er so zurückhaltend, dass man ihm beim besten Willen keine Parteinahme vorwerfen konnte. »Nicht weit von hier kenne ich eine Schmiede, in der Euer Pferd beschlagen werden kann. Da müssen wir gar keinen Umweg machen.«
    »Teufel noch eins!«, rief Jean-Baptiste erstaunt. »Die Schmiede kenn’ ich ja gar nicht!«
    Marguerite war plötzlich zwischen Euphorie und Angst hin und her gerissen. Einerseits fühlte sie sich zu Nemours hingezogen, andererseits befürchtete sie, ihren Bruder zu verpassen.
    Aber ihr blieb jetzt keine Wahl. Sie musste sich entscheiden.
    »Ihr wolltet heute Morgen keine zusätzlichen Wachen mitnehmen, das bringt uns nun in große Verlegenheit, Marguerite«, sagte Madame de Chatillon vorwurfsvoll und seufzte betrübt.
    »Wir verlieren nur wenige Stunden, Madame«, versuchte
Nemours Blanche zu beruhigen. »Kein Grund zur Aufregung. Jetzt im September wird es zwar schon früh dunkel, aber wenn wir uns ein wenig beeilen, sind wir kurz nach Einbruch der Nacht in Amboise.«
    Er entfernte sich ein paar Schritte und trat zu seinem Schildknappen. Als er sicher war, dass ihm niemand zuhören konnte, sagte er leise:
    »Du wartest an der Kreuzung, an der es zu der Schmiede geht, und fängst François d’Angoulême ab, wenn er dort vorbeikommt.«
    »Soll ich ihn zu der Schmiede bringen?«
    »Und ob!«, scherzte Nemours leise. »Was glaubst du wohl, was ich mit Mademoiselle d’Angoulême anderes vorhabe, als ihr den Hof zu machen? Ihr Bruder kann sich ruhig zu uns gesellen.«
    Nach einigem Hin und Her beschloss man Morpheus nicht vor die Kutsche zu spannen, sondern an Nemours’ Pferd zu binden. Der prächtige große Fuchs mit seiner schwarzen Mähne verstand sofort, was von ihm erwartet wurde. Er wurde langsamer und passte seinen Schritt dem lahmen Gefährten an.
    Wie rein und köstlich die Luft Marguerite plötzlich vorkam! Prickelnd wie Champagner!
    Ohne auf ihre Zustimmung zu warten, nahm Gaston Marguerite unter den missbilligenden Blicken von Blanche in die Arme, hob sie hoch, drückte sie länger als unbedingt notwendig an sich, um ihren köstlichen Duft einzuatmen, und setzte sie hinter sich auf sein Pferd, das mit Morpheus im Schlepptau geduldig wartete.
    Kaum hatten sie sich auf den Weg gemacht und durchquerten Weinberge, in denen die Trauben dicht an dicht hingen, hielt es Nemours nicht mehr länger aus.
    »Hoffentlich seid Ihr nicht allzu beunruhigt?«, fragte er leise, obwohl die Kutsche mit Jean-Baptiste weit genug voraus war, dass man ihr Gespräch nicht mithören konnte.
    »Jetzt nicht mehr«, antwortete Marguerite. »François wird uns schnell finden, wenn ihn Euer Schildknappe unterrichtet.«
    Nemours Pferd ging sehr langsam, weil Morpheus nur mühsam vorwärtskam, und der Abstand zu der Kutsche wurde immer größer. Jean-Baptiste schien es sehr eilig zu haben, fast so als fürchtete er, die Schmiede nicht zu finden, die ihm der Herzog genannt hatte.
    Marguerite genoss es, ihre Arme um Nemours harten Oberkörper zu legen. Unter dem Wams aus Stoff konnte sie die Rüstung spüren und darunter seinen muskulösen Körper ahnen, wie er sich im Einklang mit dem gemächlichen Schritt des Pferdes auf und ab bewegte.
    Den Degen an der Seite, den Dolch am Gürtel und den Helm im Nacken freute sich Nemours an der Morgenbrise, die ihm übers Gesicht strich.
    »Eure Rüstung muss entsetzlich schwer sein«, flüsterte Marguerite. »Mir hätte es besser gefallen, wenn Ihr nur Euer Wams tragen würdet.«
    »Diese Begegnung kam so unerwartet, dass ich nicht darauf vorbereitet war, Marguerite.«
    »Glaubt Ihr denn wirklich, ich hätte mir diese Gelegenheit, Euch zu treffen, entgehen lassen, nach unserer kleinen Eskapade in Chenonceau?«, fragte sie und seufzte: »Ihr könnt

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