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Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Titel: Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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nicht, dass sie ihn noch vor seiner Heirat wiedersieht. Ich weiß nämlich, dass man eine andere als Marguerite zu seiner Frau machen will.
    Ach, Alix, habe ich denn das Recht, die Träume meiner Tochter zu zerstören, während ich meine eigenen gerade in vollen Zügen auskoste?
    Charles de Montpensier hat mich eben verlassen. Auch er muss mit dem König ins Feld, und Gott allein weiß, wann er zurückkommen
wird! Ich muss immerzu an ihn denken. Wie wohl ich mich in seinen starken Armen fühle, und welche ungeahnte Leidenschaften er in mir weckt! Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie sehr ich ihn vermisse, Alix. So richtig begriffen habe ich das erst, nachdem François nach Blois gereist ist, wo ihn der König jetzt dauernd um sich haben will, um ihn seinen zukünftigen Beruf als Monarch zu lehren.
    Noch während seiner Kriegsvorbereitungen hat mir der König versichert, dass François auch dann an zweiter Stelle im Königreich bleibt, wenn ihm Gott einen Thronerben schenken sollte. Ich flehe Euch an, Alix, schreibt mir, versprecht mir, dass mein Cäsar König wird! Besser noch  – falls Ihr ein wenig Zeit habt, kommt zu mir ans Loireufer, wo der Aufbruch des Königs mit großem Pomp und Getöse gefeiert wird.
    Liebe Alix, nachdem ich Euch nun mein Herzklopfen gestanden habe, will ich es vielleicht doch auch meinem Tagebuch anvertrauen – und derweilen auf Euch warten.
    Bis bald.
Herzliche Grüße von Eurer
Louise

12.
    Marguerite und Blanche waren frühmorgens aufgebrochen und bereits seit einigen Stunden auf der Straße nach Amboise unterwegs. Die Morgendämmerung tauchte die verschlafene Landschaft, die noch nicht bereit schien für den Trubel des Tages, in zartblaues Licht.
    Es war nur eine harmlose Unpässlichkeit gewesen, und Marguerite hatte die kleine Lüge schon so gut wie vergessen. Ihrer Gouvernante hatte sie mit keinem Wort gesagt, dass sie mit einer alles andere als zufälligen Begegnung rechnete, und sehnsüchtig seufzte sie vor lauter Vorfreude.
    Doch dann schlug ihr Herz heftig, und ihre Hände zitterten erregt, weil sie diese neuen Gefühle noch immer zutiefst verwirrten. Gleich würde er erscheinen, der Mann, an den sie Tag und Nacht denken musste, Nemours, der verführerische Gaston de Foix.
    Marguerite holte tief Luft, schien aber die Gerüche des anbrechenden Tages gar nicht wahrzunehmen. Die Erwartung ließ sie nicht los. François hatte ihr das Treffen in allen Einzelheiten ausgemalt, bei dem er sich ahnungslos geben musste, wenn Nemours plötzlich ganz überraschend vor ihnen auftauchte.
    Ein wunderbarer Plan, von dem die drei jungen Leute, die ihn ausgeheckt hatten, sich unter keinen Umständen abbringen lassen wollten.
    Guillaume de Bonnivet, François’ stets fröhlicher bester Freund, der ihm wie ein Schatten folgte, war viel zu sehr in Marguerite verliebt, als dass er sich diese Gelegenheit entgehen ließ. Übermütig
galoppierte er mit seinem Pferd vor dem Freund her, obwohl er eigentlich noch nicht so ganz vom Sinn dieses Abenteuers überzeugt war.
    Marguerite sehnte sich mit allen Sinnen nach dieser Begegnung und gab sich nur allzu bereit dem Spiel hin, das ihre Gefühle mit ihr trieben.
    Für François war die ganze Geschichte ein großer Spaß. Es gefiel ihm durchaus, dass sich seine beiden Freunde in zaghafte Verehrer seiner Schwester Marguerite verwandelt hatten. Doch das war nicht alles. Denn Nemours, der den größten Wert auf dieses tête-à-tête legte, verkomplizierte die Angelegenheit. Er war zu dem Schluss gekommen, zwar nicht das letzte Wort zu haben, aber zu versuchen, François mit Taten zu überzeugen.
    Nach reiflicher Überlegung fand er keinen anderen Ausweg, als die Schwäche des jungen Duc d’Angoulême auszunützen und ihm ein Abenteuer mit einer Frau in Aussicht zu stellen.
    Ein verlockender Köder also für unseren fröhlichen Draufgänger, der stets auf amouröse Abenteuer aus war. Nachdem er dem Freund das neue Gasthaus am Ortsende von Chaumont samt seiner bezaubernden Wirtin in den schönsten Farben geschildert hatte, war es für Nemours ein Leichtes, François auf den Geschmack zu bringen. Noch dazu war die Witwe gerade erst zwanzig und wie es hieß von atemberaubender Schönheit.
    Der Vorschlag schien also derart verlockend, und die Herberge wirkte so einladend, dass der junge Duc de Valois gar nicht anders konnte, als dort Halt zu machen. Und Bonnivet, der ein großer Freund von solchen Späßen war, wollte es ihm natürlich nicht ausreden.
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