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Die Tränen der Vila

Die Tränen der Vila

Titel: Die Tränen der Vila Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jaedtke
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gehört, kam er gemächlich zu uns herüber und baute sich vor Hartmann auf.
    „Ich habe dem Herrn von Zähringen mitgeteilt, dass wir zwei Gefangene haben, die behaupten, sächsische Ritter zu sein“, sagte er. „Er wird das dem Herzog berichten, und wenn dieser es wünscht, werden wir euch an ihn ausliefern. Ich rechne morgen mit der Ankunft eines Boten.“
    „Morgen erst?“, fragte Hartmann entsetzt.
    „Das Heer des Herzogs lagert auf der anderen Seite der Burg. Also muss der Bote den See umrunden, um zu uns zu gelangen“, sagte Knut gleichgültig.
    „Habt Ihr Konrad unsere Namen genannt?“
    Knut zuckte mit den Schultern. „An eure Namen habe ich mich nicht erinnert – und ich glaube auch nicht, dass sie für das Urteil des Herzogs von Bedeutung sind.“
    „Da irrt Ihr Euch sehr!“, fuhr Hartmann auf. „Einer der höchstgeschätzten Gefolgsleute des Herzogs, der Graf von Holstein, ist uns zu großem Dank verpflichtet! Er würde nicht dulden, dass wir hier wie gemeine Verbrecher gefangen gehalten werden!“
    „Mag sein“, sagte Knut unbeeindruckt. „Doch er ändert vielleicht seine Meinung, wenn er hört, dass ihr gemeinsame Sache mit seinen Feinden gemacht habt.“
    „Das haben wir nicht!“, beteuerte Hartmann, doch Knut hatte sich bereits abgewandt und schritt zurück in Richtung seines Zelts.
    „Na wunderbar!“, schimpfte Hartmann, als er außer Hörweite war. „Jetzt sitzen wir hier fest … wenn er Konrad unsere Namen nicht genannt, sondern nur von Überläufern gesprochen hat, wird Herzog Heinrich sich wahrscheinlich kaum für die Sache interessieren.“
    „Aber er müsste doch wissen, dass wir es sind“, versuchte ich ihm – und zugleich mir selbst – Hoffnung zuzusprechen. „Graf Adolf wird doch bemerkt haben, dass unsere Truppe nicht zurückgekehrt ist.“
    Hartmann lachte freudlos. „Wer weiß, wie viele der ausgesandten Gruppen überhaupt zurückgekehrt sind. Es würde mich nicht wundern, wenn es inzwischen ein ganzes Dutzend verschollene Ritter gibt.“ Er blickte hinüber zu Knut, der soeben im Innern seines Zelts verschwand. „Der Teufel hole diesen Kerl, wenn wir bis morgen Abend nicht frei sind!“
    Einstweilen verbesserte sich unsere Lage keineswegs. Schon bald nämlich kam Erik in Begleitung einiger Männer, um unsere schlichten Seilfesseln gegen Ketten auszutauschen. Offenbar befürchtete man, wir könnten bei Nacht, wenn alle im Lager schliefen, das Seil an einem scharfen Stein durchwetzen. Also erhielten Hartmann und ich eiserne Kragen, die im Nacken mit Nägeln geschlossen wurden, deren Enden einer der Männer mit einem Hammer krumm hieb. An den Halseisen waren Ketten von etwa drei Ellen Länge befestigt, durch deren Endglieder eine spitze Eisenstange gesteckt und wie ein Zimmermannsnagel tief in den Baum getrieben wurde. Immerhin befreite man uns von den Handfesseln, die nun nicht mehr nötig waren. Erik vergewisserte sich, dass die Befestigung der Ketten selbst seinen Bärenkräften widerstand, dann griff er nach einem dritten Halseisen und wandte sich Lana zu.
    „Wozu die Mühe?“, fragte einer der Männer, der Lana von hinten unter den Achseln gepackt hielt. „Sie wird doch nicht mehr gebraucht, oder?“
    Da ich mich inzwischen an den Klang des Dänischen gewöhnt hatte, verstand ich die Worte – und sie waren nicht dazu angetan, mich zu beruhigen.
    „Sie bekommt ein Halseisen wie die anderen auch!“, sagte Erik. „Hast du etwas dagegen einzuwenden, Gunnar?“
    „O ja, das habe ich“, sagte der Däne. „Sie sollte uns den Weg zur Burg zeigen, und das hat sie getan. Jetzt ist sie nur noch eine Heidin, die wir bewachen und durchfüttern müssen. Wir können sie ebenso gut gleich abstechen.“
    „Knut hat Anweisung gegeben, dass die Gefangenen am Leben bleiben sollen!“, sagte Erik barsch.
    „Ja, die zwei dort, weil sie angeblich sächsische Edle sind“, sagte der Mann namens Gunnar verächtlich. „Aber doch nicht das Mädchen!“
    Die übrigen Männer murmelten zustimmend, so dass mir angst und bange wurde.
    „Ich sage, sie bleibt am Leben und unversehrt!“, beharrte Erik. „Habt ihr das alle verstanden?“
    „Nun gut“, warf einer der anderen Männer ein, der Lana interessiert betrachtete. „Dann wird sie eben gefüttert und bewacht … aber eine kleine Belohnung kannst du uns doch gönnen, nicht wahr?“
    „Schauen wir einmal, ob es sich lohnt“, meinte Gunnar, der Lana unter den Achseln gepackt hatte, und ließ seine Hände abwärts zu

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