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Die Tränen der Vila

Die Tränen der Vila

Titel: Die Tränen der Vila Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jaedtke
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Leibwache, um das wendische Mädchen dort zu schützen.“ Er wies auf Lana. „Ich vermute, dass sie Überläufer sind und sich auf die Seite der Heiden geschlagen haben.“
    Sven, der im Unterschied zu seinem Rivalen offenbar kein Freund langer Worte war, spuckte verächtlich aus. „Und warum leben sie dann noch?“
    „Herr, bitte hört mich an!“, rief Hartmann und drängte sich so weit nach vorn, wie der Strick um seinen Hals es zuließ. „Es ist alles ein Missverständnis!“
    „Schweig, Heidenknecht!“, schrie Sven auf ihn herab. Das nahm der Hauptmann Erik zum Anlass, um Hartmann einen wohlgezielten Tritt gegen das gebrochene Bein zu versetzen, der ihn stöhnend einknicken ließ.
    „Ich denke, wir sollten die Männer dem Herzog übergeben, wenn wir zur Burg gelangen“, sagte Knut. „Dann kann er selbst über sie richten.“
    „Meinetwegen“, brummte Sven. „Was ist mit dem Mädchen?“
    „Sie könnte uns von Nutzen sein“, meinte Knut. „Auf direktem Weg nach Süden kommen wir nicht weiter, denn dort erstreckt sich ein großes Moor. Wir brauchen dringend einen Führer, der uns den sichersten Weg zur Burg weisen kann.“
    Sven betrachtete Lana, die seinen Blick trotzig erwiderte.
    „Das Wendenluder könnte uns absichtlich in die Irre führen“, argwöhnte er. „Behalte sie im Auge – und beim geringsten Anzeichen von Verrat knüpfst du sie am nächsten Baum auf!“
    „Das kannst du ruhig mir überlassen“, erwiderte Knut, der offenbar keineswegs gewillt war, Befehle von seinem Vetter entgegenzunehmen.
    Sven maß ihn mit einem bösen Blick, wendete sein Pferd und trabte in Begleitung seiner Männer zum Lager zurück.
    Knuts Truppe suchte den westlichen Teil des Lagers auf, wo sich die Jütländer niedergelassen hatten. Er selbst verschwand in einem prächtigen Zelt und überließ uns der Aufsicht Eriks, der unseren Halsstrick kurzerhand an einen Baum band. So konnten wir ein wenig ausruhen, während die Dänen sich dem Schüren der Lagerfeuer und insbesondere dem Trinken von Met widmeten, was offenbar schon am Mittag ihre Hauptbeschäftigung war.
    Erik setzte sich zu einer Gruppe von Männern, die am Feuer einen Hasen brieten. Nachdem sie den größten Teil des Tieres verzehrt hatten, kam er herüber und warf Hartmann und mir einige Reste vor die Füße, bestehend aus Innereien und einem einzelnen Hüftknochen. Hungrig, wie wir waren, ergriffen wir die Abfälle und führten sie mühsam mit unseren gefesselten Händen zum Mund. Lana dagegen erhielt eine ganze Keule, was meinen Verdacht erhärtete, dass sie bei dem vierschrötigen Krieger in besonderer Gunst stand. Als Erik davonging, um Wasser zu holen, beugte sich Lana unauffällig zu mir herüber, so dass ich ein Stück von der Keule für mich selbst abbrechen konnte. Dann kam Erik mit einer Schöpfkelle zurück, tränkte zuerst Lana, weniger großzügig Hartmann und am spärlichsten mich, um sich schließlich zu entfernen.
    „Immerhin hält man uns am Leben“, sagte Hartmann, als der Däne außer Hörweite war. „Hoffentlich kennt unsere kleine Freundin wirklich den Weg zur Burg, sonst wird Knut vermutlich keine Gnade walten lassen.“
    Ich wandte mich an Lana und setzte ihr vorsichtig auf Wendisch auseinander, was die Dänen von ihr verlangten.
    Sie verzog den Mund. „Zu meinem Heimatdorf würde ich zurückfinden, und von dort aus ist es nicht weit. Aber der Weg führt quer durch das Moor.“
    „Ein Heerestross wird das Moor nicht durchqueren können“, überlegte ich laut.
    „Dann werde ich einen anderen Weg suchen und mich auf mein Gefühl verlassen.“ Lana blickte mich forschend an, und ihre Augen waren sehr dunkel, wie stets, wenn sie Unheil fürchtete. „Werden sie mich töten, wenn ich den Weg nicht finde?“
    Außerstande zu antworten, drückte ich ihr beruhigend die Hand.

Vom Lager der Dänen
    Nach wenigen Stunden Rast rüsteten die Dänen zum Aufbruch und begannen, die Zelte abzubrechen. Knut von Jütland besprach sich längere Zeit mit seinen Hauptleuten. Schließlich kam er in Begleitung Eriks sowie eines elend aussehenden Mannes in zerschlissener Kleidung auf den Baum zu, an den wir angebunden waren. Erik knüpfte das Seil los und nötigte uns zum Aufstehen, während die anderen beiden Männer sich Lana zuwandten.
    „Sag ihr, dass sie uns den Weg zur Burg zeigen soll!“, verlangte Knut, und der elend aussehende Mensch – offenbar ein gefangener Bauer, der als Dolmetscher diente – richtete die Aufforderung in

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