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Die Tränen der Vila

Die Tränen der Vila

Titel: Die Tränen der Vila Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jaedtke
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kann, bin ich froh, dass es Fürsten gibt, die ihre Krieger bezahlen.“
    „Habt Ihr schon oft für solche Herren gekämpft?“
    „Gewiss, zuletzt voriges Jahr im Dienst eines flandrischen Grafen. Ja, ich bin weit herumgekommen; ich war in Bayern, in Lothringen, in Burgund. Nicht alle Herren, für die ich kämpfte, haben bezahlt. Manche versprachen Lehen, starben jedoch im Kampf und konnten ihr Wort nicht einlösen. Ich gebe zu, mir sind diejenigen am liebsten, die Geld geben, statt Ländereien zu versprechen, die sie noch gar nicht erobert haben.“
    „Warum schließt Ihr Euch dann dem Kreuzzug an? Der Herzog und die Bischöfe werden ihre Krieger doch gewiss nicht bezahlen.“
    Hartmann zuckte mit den Achseln. „Zurzeit gibt es keinen anderen Krieg – außer dem im Heiligen Land, und das ist weit fort. Die Reise dauert Monate, und viele kommen nicht einmal lebend an, sondern werden auf dem Marsch von Seuchen hingerafft. Außerdem soll es dort unerträglich heiß sein, und die Sarazenen sind mutige Gegner.“ Er leerte seinen Weinkrug. „Unsere Aufgabe dagegen dürfte leicht sein. Die Wenden werden sich in ihren Fluchtburgen verschanzen, und wir brauchen nicht viel mehr zu tun, als sie zu belagern und auszuhungern. Ich wette mit dir, Odo, in drei Monaten sind wir wieder zurück, und mit etwas Glück werde ich dann Verwalter einer neuen Besitzung des Herzogs im Wendenland. Wenn du dich bewährst, kannst du bei mir bleiben und mein Hausdiener werden.“
    Ich war nicht sicher, ob mir diese Aussicht wünschenswert erschien, und beschloss, nicht auf das Angebot einzugehen, bevor die Heerfahrt glücklich bestanden war. Zum Glück wechselte Hartmann umstandslos das Thema, indem er seinen Geldbeutel zog.
    „Und jetzt will ich ein wenig Unterhaltung haben.“
    Er rief nach dem Wirt, der sich beflissen zu ihm hinabbeugte.
    „Noch Wein, Herr?“
    Hartmann winkte ab. „Hast du Mädchen?“
    „Ja, Herr“, flüsterte der Wirt und wies unauffällig zum Durchgang in einen Nebenraum, der mit einer Stoffmatte verhängt war. „Das bewusste Gemach ist dort drüben.“
    „Was kostet das?“, fragte Hartmann.
    Der Wirt warf einen verschmitzten Blick auf mich, dann fragte er: „Nur für Euch, Herr, oder für beide Herren?“
    Hartmann lächelte und blickte gleichfalls zu mir herüber. „Du bist eingeladen. Aber nur dieses eine Mal, merk dir das!“
    Endlich verstand ich, wovon die Rede war, denn ich erinnerte mich, dass vor wenigen Augenblicken eine Frau hinter jener Stoffmatte verschwunden war – eine Frau, die eine gelbe Haube trug, wie sie in vielen Städten den Huren vorgeschrieben war.
    „Nein“, wehrte ich erschrocken ab.
    Hartmann, offenbar in seiner Großzügigkeit gekränkt, hob die Augenbrauen.
    „Ich danke Euch, Herr, aber ich möchte das nicht“, sagte ich höflicher. „Ich habe noch etwas anderes vor, wenn Ihr es mir gestattet.“
    Hartmann zuckte mit den Achseln und wandte sich wieder an den Wirt. „Wie viel?“
    „Vier Heller für die Jüngste, drei für die anderen.“
    Hartmann reichte dem Mann die Münzen, woraufhin dieser sich mit einer raschen Verbeugung entfernte.
    „Darf ich fragen, was du vorhast?“, wandte sich der Ritter an mich.
    Ich zögerte, denn mittlerweile kannte ich meinen Dienstherrn gut genug, um nicht allzu viel Verständnis für mein Ansinnen zu erwarten. Ich war entschlossen, reinen Herzens das fromme Unternehmen anzutreten, um dessentwillen Gott mir das Leben erhalten hatte. Wie der Prediger in Oldenstadt jedoch gesagt hatte, konnte man nur Vergebung für Sünden erlangen, die man gebeichtet hatte.
    „Ich möchte beichten, Herr“, sagte ich endlich.
    Hartmann reagierte genauso, wie ich es vorausgesehen hatte: Er lehnte sich zurück und blickte mich mit einem nachsichtigen, fast mitleidigen Ausdruck an.
    „Beichten“, wiederholte er ungläubig.
    Ich nickte.
    „Du könntest ein Mädchen haben!“, sagte er. „Junges Fleisch, zarte Haut, feste Hüften, alles auf meine Kosten – und du willst stattdessen beichten? “
    Ich schwieg.
    „Die Sonne geht schon unter. Wo willst du um diese Zeit einen Priester finden?“
    Darüber hatte ich mir bereits Gedanken gemacht, und so antwortete ich ohne Zögern: „Ich werde zum Kloster auf dem Berg hinaufgehen.“
    Hartmann griff abwesend nach seinem Weinkrug, erinnerte sich, dass er leer war, und schüttelte nachdenklich den Kopf. „Mit dir habe ich ja einen schönen Fang gemacht. Ich wusste gleich, dass du klug bist – aber dass du

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