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Die Tränen der Vila

Die Tränen der Vila

Titel: Die Tränen der Vila Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jaedtke
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Welchen Lohn also tragen wir davon, wenn alles vorüber ist?“
    „Die Rettung unserer Seelen!“, sagte ich ernst.
    „Mein frommer junger Freund!“ Hartmann lachte und schlug mir auf die Schulter. „Von einer geretteten Seele kann man nicht leben, jedenfalls nicht in dieser Welt.“

Was im Dorf in den Wäldern geschah
    Am folgenden Morgen fanden wir uns zur Aufteilung der Suchtrupps ein. Ein ganzes Dutzend Ritter samt Gefolge wartete bereits am südlichen Rand des Lagers, während Graf Adolf und Gunzelin von Hagen einige hundert Unberittene heranführten, offenbar aufs Geratewohl aus dem Fußvolk gegriffen. Es waren die entbehrlichsten Männer: unerfahrene Jünglinge, Trossknechte, die gewöhnlich Fuhrwerke lenkten oder die Pferde versorgten, niedere Dienstmannen, Landvolk ohne nennenswerte Bewaffnung und zweifellos auch Verbrecher, die sich von der Unternehmung entweder reiche Beute oder den Erlass ihrer Sünden versprachen. Die wenigsten trugen Schwert, Schild oder Speer; die Mehrzahl führte Dolche und Äxte, und einige waren nur mit Holzknüppeln bewaffnet.
    Graf Adolf und Gunzelin erklärten der Menge ihren Auftrag und begannen dann, sie in Gruppen von jeweils fünfzig Mann aufzuteilen und den einzelnen Rittern zuzuweisen. Jede Gruppe erhielt einen Pferdekarren zum Aufladen der Beute. Hartmann war als Letzter an der Reihe.
    „Da Ihr nur Euren Jungherrn als Gefolge habt“, sagte Graf Adolf zu ihm, „solltet Ihr vielleicht weniger Leute mitnehmen, denn schließlich müsst Ihr sie nicht nur anführen, sondern auch beaufsichtigen. Was meint Ihr?“
    „Gebt mir dreißig Mann, dann werde ich schon mit ihnen fertig“, meinte Hartmann.
    Graf Adolf trieb die restlichen Männer zusammen, etwa zwanzig an der Zahl.
    „Noch ein paar hier herüber!“, rief er und winkte zu einer der benachbarten Gruppen, woraufhin eine Handvoll Bauern zu den unseren wechselten. Als Letzter huschte noch ein einzelner Mann ihnen nach – von hagerer Gestalt, mit schütterem Spitzbart, einen Dolch im Gürtel. Ich sah ihn nur für einen kurzen Moment, bevor er in der Menge untertauchte, doch das genügte mir, um zu erschrecken.
    Herbort? Ich konnte nur hoffen, mich getäuscht zu haben.
    „Ihr bekommt ein Pferdefuhrwerk und Verpflegung für einen Tag“, wandte sich Graf Adolf an Hartmann und winkte Knechte heran, die einen Karren mit sich führten. „Mehr können wir Euch leider nicht mitgeben.“
    Hartmann nickte. „Wohin sollen wir gehen?“
    „Am besten umrundet Ihr den kleineren See im Osten. Es führen Fußwege dorthin, also wird es auch Dörfer geben. Entfernt Euch aber nicht zu weit und meidet dichte Wälder und Moore.“
    Hartmann nickte abermals.
    „Viel Glück, und Gottes Segen!“, sagte der Graf, bestieg sein Pferd und folgte Gunzelin zurück zum Lager.
    Hartmann musterte seine Truppe, einen bunt zusammengewürfelten Haufen aus Knechten, Bauern und zwielichtigen Gestalten, die sich im Hintergrund hielten. Ich spähte unruhig nach dem hageren Mann mit dem Spitzbart, konnte ihn jedoch nicht mehr entdecken; allerdings fiel mir in den hinteren Reihen eine tief ins Gesicht gezogene Kapuze auf. War es möglich, dass aus dem vieltausendköpfigen Fußvolk ausgerechnet jener verhasste Kumpan meiner Räuberzeit in unsere Gruppe gelangt war? Oder schlimmer noch: Hatte er sich absichtlich Hartmanns Leuten angeschlossen, als er mich gesehen hatte?
    „Ihr wisst, worin unsere Aufgabe besteht“, wandte sich Hartmann mit erhobener Stimme an den Haufen. „Ich, Hartmann von Aslingen, werde euch führen, und ihr werdet meinen Anweisungen und denen meines Knappen, Odo von Altendorf, Folge leisten. Ist ein kampferprobter Mensch unter euch?“
    Zunächst herrschte Stille, dann jedoch trat ein hünenhafter Mann mit schwarzem Bart vor. Als einer der wenigsten trug er ein Kurzschwert am Gürtel.
    „Erprobt zumindest im Kampf gegen Wilderer und Wölfe, Herr“, sagte er mit tiefer Stimme.
    „Wer bist du?“, fragte Hartmann.
    „Mein Name ist Ordulf, Herr.“
    „Landmann?“
    „Freibauer aus Dithmarschen“, versetzte der Mann nicht ohne Stolz und deutete auf zwei junge Burschen an seiner Seite. „Dies sind meine Söhne.“
    „Sehr schön“, sagte Hartmann. „Dann erteile ich dir die Aufsicht über sämtliche Männer und die Verantwortung für das Fuhrwerk.“ Er ergriff die Zügel, wandte sich nach Osten und winkte mich an seine Seite. „Folgt mir!“
    Wir trennten uns von der Armee des Herzogs und folgten einem Fußpfad, der in

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