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Die Traenen Des Drachen

Titel: Die Traenen Des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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Hand auf die Schulter, zeigte zu dem Raben empor und lachte. Karain blickte wieder zum Himmel. Als ob der schwarze Vogel zum Lachen wäre! Der Rabe kreiste nach unten und ließ sich dann von der Luft über den Hafen tragen. Dort scheuchte er ein paar Möwen auf und setzte sich schließlich auf den steinernen Kopf. Mit den Möwen flogen auch die anderen Seevögel auf, und unzählige Flügel flatterten um die Masten herum.
    »Geht schon mal heim! Ich möchte hier noch eine Weile bleiben.« Karain forderte seine Brüder mit einem Wink auf zu gehen. Arga war es langsam leid, dass immer er bestimmte, doch noch taten sie, was Karain sagte. Sie schulterten die Eisenbänder und machten sich auf den Weg. Karain wandte sich wieder dem Meer zu. Die Seevögel kreisten jetzt in einem großen Schwarm. Eine Schar schwarzrückiger Papageientaucher, gefleckte Raubmöwen, weiße Basstölpel und Möwen. Ja, er kannte sie alle. Oft ging er auf die Mole hinaus und sah von dort aus stundenlang zu, wie die Seevögel über dem Wasser kreisten.
    Karain folgte ihnen mit den Augen. Sie flogen im Bogen über die Schären, die gerade eben aus dem Wasser ragten, und landeten rechts von der Mole auf dem Strand. Der Rabe blieb alleine auf Krugs steinernem Kopf zurück.
    Der Schlag traf seinen Arm. Er stolperte über die Eisenbänder nach vorn in den trockenen Pferdemist. Eine Reihe von Beinen erhob sich vor ihm, einige waren nackt, andere von ledernen Hosen verhüllt. Sie kreisten ihn ein, und während er sich aufrappelte, wurde das erwartungsvolle Lachen lauter. Er wusste, was geschehen würde. Wie konnte er nur so dumm sein, Arga und Mir nach Hause zu schicken!
    »Federnase guckt sich wieder die Vögel an!« Der Sohn des Bäckers trat vor. Er war dick und hatte rote Backen, genau wie sein Vater. Seine fetten, weiß wie Speckwürstchen glänzenden Unterarme zitterten vor freudiger Erwartung, als er sie in die Hüften stemmte und grinste. Die anderen lachten. Karain sah sie an. Es waren immer die Gleichen. Die vier Seilmacherbrüder und die Söhne vom Goldschmied und Muru.
    »Hab ich dich nicht gebeten, einen Sack über dein scheußliches Gesicht zu ziehen?« Der Bäckersohn kam breitbeinig auf ihn zu, das machte er immer so. Karain antwortete nicht; er sah zwischen ihnen hindurch und hoffte, irgendwo in der Nähe Arer oder Kelsmänner zu erblicken. Falls sie es denn gewagt hätten, gegen die Söhne der Männer des Laag einzuschreiten.
    »Antworte!« Der Bäckersohn ballte die Faust und hob sie drohend vor ihm in die Höhe. Karain beugte sich hinunter, um die Eisenbänder aufzuheben, und als der Schlag seinen Rücken traf, hockte er sich hin und zog seinen Körper zu einem harten Bündel zusammen. Er ließ die Tritte und Schläge auf sich einprasseln, und als es endlich vorüber war, hielt er sich die Hände vor die Ohren, um das höhnische Gelächter nicht hören zu müssen. Erst als sich die Schritte nach unten entfernten, öffnete er die Augen und rollte sich auf den Rücken. Sie schlugen nicht so hart, wenn er sich nicht wehrte. Das Gelächter und die Hänseleien waren das Schlimmste. Er atmete aus. Vater hatte gesagt, dass er sich darum nicht kümmern sollte. Sie würden damit aufhören, wenn sie erst älter wären, meinte er. Karain wusste, dass er sich irrte. Der Sohn des Bäckers war schlecht. Er mochte es, andere leiden zu sehen.
    Karain stütze sich auf die Ellenbogen auf und wischte sich Pferdemist und Dreck von den Kleidern. Da sah er den Raben. Er saß auf dem First der Fischtrockenhalle, gleich rechts von ihm. Die Sonne glitzerte in den schwarzen Augen des Vogels. Er rief. Dann senkte er den Kopf und starrte Karain an. Karain stand auf und sammelte die Eisenbänder ein. Da flog der Rabe auf, flatterte unter das offene Dach und zwischen den Reihen von Trockenfisch hindurch, bis er auf der anderen Seite der Halle wieder herauskam und dicht über dem Boden zum Hafen hinuntersegelte. Dann flog er über das Meer. Merkwürdig, dachte Karain. Für gewöhnlich lebten die Raben in den Wäldern im Westen.
    Er ging langsam den Hügel zu den Braustuben hinunter, die den Hafen säumten, nur unterbrochen von den Trockengestellen für die Netze und den Lagerhäusern. Zwei Arer diskutierten wild mit zwei Krettern. Das war ganz untypisch für sie; die blonden Männer kümmerten sich in der Regel nicht um Geschwätz. Bald erreichte er die Wirtshausstraße und bog nach rechts zum Gasthaus ab. Auch hier war mehr Leben als sonst. Kelsmänner rannten an

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