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Die Traenen Des Drachen

Titel: Die Traenen Des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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Raben, daran gab es keinen Zweifel.
     
    Es war ein harter Marsch für sie alle, und keiner von ihnen hatte die Kraft, mehr als unbedingt nötig zu sprechen. Karain und Kirgit wechselten sich an der Spitze der kleinen Gruppe ab, und die Waldgeister kämpften sich, den Schnee bis zum Bauch, hinter ihnen her. Das Fell des Pferdes war an manchen Stellen vereist, und die Waldgeister brachen oft unter ihrer schweren Last zusammen. Als sich Kirgit über die Kälte beklagte, bemerkte er, dass sie in dem Spalt zwischen Stiefeln und Umhang ganz blaue Knie hatte. Danach ebnete er wieder den Weg. Denn ihm war nicht kalt, und obgleich es sicher schwer war, die Spur durch den Schnee zu ziehen – zu Hause in der Werkstatt hatte er sich noch mehr anstrengen müssen. Auch das nagende Hungergefühl in seinem Bauch war zu ertragen. Darüber hinaus erfüllte ihn der Gedanke, wieder auf dem Weg in ein fremdes Land zu sein, mit neuer Kraft.
    Die Ebene, auf der sie sich befanden, war nicht ganz flach, sondern wie ein zu Eis und Schnee erstarrtes Meer. Die Hügel sahen wie riesige Wellen aus, und jedes Mal, wenn sie die Spitze einer Welle erreichten, sahen sie neues Land. Neues Land und neue Wellen.
     
    Die nächsten Tage waren wie der erste. Sie schliefen oder dösten zusammengekauert am Feuer, während der Schnee vom Himmel rieselte. Die Holzbündel wurden kleiner und leichter, doch das war kein gutes Zeichen, denn schon am vierten Tag zählte Loke die verbliebenen Holzstücke und bemerkte, dass sie bereits die Hälfte verfeuert hatten.
    Am fünften begann Karain den Hunger zu spüren, und des Nachts, wenn Kirgit ihren Kopf an seine Schulter lehnte, hielten ihn die Schmerzen wach. Denn Hunger tut weh. Es ist ein Gefühl, das sich nicht beschreiben lässt, und, Freunde, ihr solltet froh darüber sein, dass eure Eltern gute Jäger sind. Karain hatte zu Hause immer genug zu essen bekommen. Für ihn war der Hunger unbekannt. Doch jetzt, da er begonnen hatte, daran zu denken, quälte er ihn Tag und Nacht.
     
    Am Morgen des sechsten Tages machten sie eine Entdeckung. Sie waren gerade erst aufgebrochen, als Vile, der am Schluss der Gruppe ging, aufschrie.
    »Da! Erdriesen!«
    Der kleine Waldgeist sprang im Schnee auf und ab.
    »Was? Wo?« Loke rannte zu ihm zurück.
    »Da«, sagte Vile und zeigte mit einem zitternden Finger nach hinten. »In unserer Spur.« Karain kämpfte sich an Schildmann vorbei durch den Schnee, und jetzt konnte auch er es sehen. Ein paar Steinwürfe hinter ihnen standen zwei Gestalten auf der Spitze des Hügels in ihrer Spur. Sie sahen aus wie Menschen, doch ihre Gesichtszüge waren aufgrund der Entfernung nicht zu erkennen. Karain schloss ein Auge und maß sie mit der Hand, wie es Seeleute machen, wenn sie den Abstand auf dem Meer berechnen. Sie waren etwa acht Fuß hoch. Er schob seine Krallenhände hinter seinen Gürtel. Jetzt erkannte er auch ihre breiten Schultern, die kräftigen Arme und Beine. Trugen sie Felle? An Armen und Beinen schienen sie keine Kleider zu tragen. Ihre Haut war grünbraun, und die Gesichter waren hinter Bart und Haaren verborgen. Sie hielten Keulen in den Händen.
    »Vokker«, sagte Kirgit. »Sie haben unsere Spur gefunden und wollen uns töten, wenn wir schlafen. Das machen sie immer so.«
    Sie schob sich die Kapuze des Umhangs in den Nacken. Karain sah, dass die letzten Tage an ihr gezehrt hatten. Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen, und ihr mageres Gesicht sah ganz grau aus.
    »Sind das Trolle?« Loke hielt sich die Hand über die Augen und blinzelte zum Hügel zurück.
    »Trolle?« Kirgit runzelte die Stirn.
    »Erdriesen, Menschentöter, Trolle«, wiederholte Loke und schien sich ganz sicher zu sein, dass die zwei dort auf dem Hügel irgendwelche entfernten Verwandten der Erdriesen im Westwald waren.
    »Das sind Riesen, ja. Menschenfresser.« Kirgit strich Schildmann über die Mähne und ging weiter.
    Da hoben die Vokker die Arme und schwangen ihre Keulen. Karain spürte, wie sich seine Furcht mit einem Sog in seinem Magen vermischte. Das hatte er auch gespürt, als er den Erdriesen am Rande der Schlucht im Westwald bemerkt hatte.
    Die Vokker begannen, auf sie zuzugehen, und Karain rannte hinter Kirgit her.
    »Wir werden uns die schon schnappen«, schnaubte Loke. »Für mich sehen die aus wie Erdriesen, und Erdriesen haben schon immer vor uns Angst gehabt.«
    »Stimmt«, brummte Bul. »Die sollten auf der Hut sein.«
    »Auf der Hut sein«, wiederholte Vile mit ängstlicher

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