Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Traenen Des Drachen

Titel: Die Traenen Des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
Vom Netzwerk:
ergriffen, dass er weder Hunger noch Kälte spürte. Am liebsten wäre er gar nicht aufgewacht. Doch Loke schüttelte ihn an der Schulter.
    »Wir müssen weiter!«
    Karain wälzte sich auf die Seite, und Loke half ihm hoch.
    Da sah er es. Die Vokker standen nur noch ein paar Körperlängen vom Lager entfernt. Bile, Vile und Bul weckten Kirgit, die sich neben Karain zusammengekauert hatte.
    »Beeil dich«, sagte Loke. »Vielleicht greifen sie nicht an, wenn wir uns beeilen, weiterzukommen!«
    Karain stütze sich mit den Händen auf seine Knie und schlang den Lederriemen um die Holzstücke. Die Vokker hoben ihre Keulen und stießen so etwas wie Gelächter aus. Sie federten in den Knien und schnaubten mit ihren breiten Nasenlöchern. Über einem Flickwerk von Fellen trugen sie ein Bärenfell als eine Art Umhang, das unter ihren Bärten zusammengebunden war. Als Schmuck war an den Schultern ein dünnes, haarloses Stück Haut angenäht worden.
    Loke leitete sie weiter durch den Schnee. Schildmann war fort, doch die Spuren deuteten darauf hin, dass er weiter nach Norden geflohen war. Sie folgten seiner Fährte, und die Schatten der Vokker schwankten ihnen hinterher.
     
    Es war ein seltsames Gefolge. Zuerst Loke, der, den Schnee bis zu den Armen, vorwärts watete. Dann Karain und Kirgit, gefolgt von Bile und Vile, alle mit einem Holzbündel auf der Schulter. Am Ende folgte Bul, der Rücken an Rücken mit Bile rückwärts ging, und die Vokker beobachtete.
    »Sie spielen mit uns«, flüsterte Kirgit. Ihre Stimme war so schwach, dass er sie kaum zu hören vermochte. »Sie wollen sehen, wie lange wir es aushalten, bis wir vor Kälte oder Hunger zusammenbrechen. Oder wahnsinnig werden.«
    Karain warf einen Blick über die Schulter. Die Vokker grinsten und schnaubten wie Ochsen. Das gefällt ihnen, dachte er. Kirgit, die Waldgeister und er waren wie die Fische, die die Seeleute in Krugant in großen Tonnen gefangen hielten. Sie hatten ihren Spaß daran, zuzusehen, wie sie herumschwammen, bis sie ihre Bootshaken in ihre Leiber stießen und die Köpfe abschnitten.
    »Verliert nicht den Mut.« Loke drehte sich um, ging seitwärts und kämpfte sich weiter. »Verliert nicht den Mut, dann wird alles gut werden. Ich habe mich schon aus schlimmeren Lagen als dieser befreit. Nicht dass mir jetzt konkret eine Situation einfällt, aber…«
    Karain hätte gelächelt, wenn er es nur gekonnt hätte.
    Da trat Kirgit an seine Seite. Sie schob ihre Kapuze in den Nacken und starrte über Lokes Kopf hinweg direkt an ihm vorbei. Dann ließ sie das Holz fallen und sprang mit ungeahnten Kräften aus der Spur in den tiefen Schnee. »Vinnian! Vater! Jorvio!«
    Sie wedelte mit hoch erhobenen Armen und hüpfte durch den hohen Schnee davon, ohne sich um die Vokker zu kümmern. Und er hörte die Stimmen anderer Menschen: jemanden, der antwortete. Auf der Spitze des Hügels kamen fünf Menschen zum Vorschein. Sie trugen lederne Umhänge, Pelzmützen und hielten Bogen in den Händen. Mit einer Art Rahmen an den Füßen rannten sie über den Schnee.
    Wieder riefen sie ihnen etwas zu, doch er hörte nicht, was sie sagten. Kirgit schien die Fremden allerdings zu kennen. Sie watete mit ausgestreckten Armen durch den tiefen Schnee, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
    »Kommt!« Sie winkte sie hinter sich her. »Beeilt euch!«
    Doch Karain und die Waldgeister blieben stehen, während die Fremden sich wie ein Fächer um sie scharten, bis sie plötzlich begriffen, warum es Kirgit plötzlich so eilig gehabt hatte, aus der Gruppe auszubrechen.
    Denn in diesem Moment griffen die Vokker an.
     
    Karain hörte ein Brüllen, ein Donnern, das der Tiefe einer Kehle entstammte. Er drehte sich um und sah die Vokker auf sie zuspringen. Der eine von ihnen schwang seine Keule in Richtung Vile, doch der schoss wie eine Ratte zwischen den Beinen des Riesen hindurch und tauchte mit einem entsetzten Aufschrei im Schnee unter. Loke rannte zu seinen Schülern zurück, trat auf seinen Bart und stürzte, so kurz er auch war, zu Boden. Bile klammerte sich an das Bein des anderen Riesen, während Bul sich vor der Keule in Acht nahm. Karain war noch nie besonders mutig gewesen, und er dachte nur daran zu fliehen. Er ließ das Holzbündel fallen, stürmte hinter Kirgit her, strauchelte und fiel seitlich in den Neuschnee. Im Liegen sah er, wie einer der Vokker Bul am Kopf packte und hoch in die Luft warf. Bile klammerte sich noch immer an das Bein des Riesen, der jetzt allerdings die

Weitere Kostenlose Bücher