Die Traenen Des Drachen
weiße Punkte im Schwarz verwandelten, errichteten sie ihr Lager. Die Waldgeister bauten aus den Holzbündeln einen Windschutz, während Karain und Kirgit mit den Bretterresten einen Platz freischaufelten, auf dem sie sitzen konnten. Schildmann stand etwas abseits und sah zu. Er atmete Dampf in die Nacht, und sein Fell wurde langsam weiß. Manchmal schüttelte das Pferd die Mähne und schnaubte, bevor es den Nacken senkte und ihn mit seinen schwarzen Augen anstarrte. Es war, als würde ihm das Tier sagen, dass es keine Hoffnung mehr gab, dass sie sich ebenso gut auf den Boden legen und sich vom Schnee bedecken lassen könnten. Karain wusste, dass er Loke darüber informieren musste, was er in seinem Traum über den Gamle erfahren hatte. Aber die Waldgeister waren mit dem Lagerplatz beschäftigt und hatten nicht einmal Zeit, miteinander zu reden. Bul und Bile rissen Splitter von einer Planke und stellten sie dort, wo später das Feuer brennen sollte, in Form eines winzig kleinen Zeltes auf. Loke watete zu Schildmann hinüber, um ihn dazu zu bewegen, sich näher an die Flammen zu stellen, während Vile die letzten Schneeflocken von der Lagerfläche fegte. Bul und Bile zündeten mit ihren Flintsteinen die kleinen Holzsplitter an und ließen das Feuer mit Hilfe der Bretterreste höher wachsen.
»Wir müssen es klein halten.« Loke lockte Schildmann näher zum Lagerplatz und wärmte sich die Hände über den Flammen. »Wir müssen Holz sparen.«
Karain hockte sich hin. Kirgit setzte sich an seine Seite und schob ihre Arme unter die seinen.
»In der Felsenburg haben wir ein Sprichwort«, sagte sie. »Kleine Feuer wärmen besser als große.«
Karain spürte ihren Kopf auf seiner Schulter. Sie lehnte sich an ihn. Dass sie ihn nicht abstoßend fand! Ihn, den Verunstalteten, den Dämon. Aber sie bezeichnete ihn nicht mit solchen Namen. Sie benutzte das Wort Vogelmann. Noch nie zuvor hatte ihn jemand »Mann« genannt.
»Kleine Feuer wärmen besser als große? Ist das alles?« Vile fasste sich an den Kopf und schielte sehnsüchtig zu dem Ledersäckchen neben Kirgits Füßen hinunter.
»Ja«, sagte sie. »Denn dann sitzt man dichter beieinander und wärmt sich gegenseitig.«
»Die Felsenburg.« Loke blickte auf seinen Bart hinunter; bald konnte man die Haare vor lauter Schnee nicht mehr erkennen, und so packte er ihn mit beiden Händen und schüttelte ihn wie einen Teppich aus. Schneeflocken flogen in alle Richtungen.
»Erzähl mehr von diesem Ort. Ich mag es, von fremden Völkern zu hören.«
»Wir leben in einer Stadt hinter den Felsen«, sagte Kirgit.
Karain fand es seltsam, sie sprechen zu hören. Ihr Kopf ruhte noch immer auf seiner Schulter, und er konnte es fühlen, wenn sie den Mund öffnete. Die Worte ließen seinen Körper zittern. Er mochte das. Er mochte es, wenn sie so dicht bei ihm saß.
»Mein Volk geht in den Bergen auf die Jagd. Mit Pfeil und Bogen schießen wir Schneehühner und Steinböcke, und in den Bächen und Flüssen fangen wir Fische, denen der Regenbogen seine Farbe gegeben hat.«
Karain wischte sich den Schnee vom Kopf. Die Federn wärmten ihn. Oder war das Kirgit?
»Es ist eine verborgene Stadt. Nur die Kalane und die Felsenbrücke verraten, dass wir hinter den Klippen wohnen.«
»Was?« Loke zog seine Augenbrauen zu einer tief gefurchten Stirn hoch, auf der die Schneeflocken schmolzen und über die Schläfen herabrannen. »Kalane? Was ist das? Brücken im Fels?«
Kirgit lachte und hob den Kopf. »Kalane sind Sichtfenster, die in die Felswände geschlagen werden. Sie sind so groß, dass dort zwölf Männer gleichzeitig stehen können. Sie sind nach dem ersten Häuptling der Felsenmenschen benannt, der sie erschaffen hat. Von den Kalanen aus beobachten wir die Ebene. Wir können viele Tagesmärsche weit nach Osten, Süden und Norden sehen. Und die Brücken im Fels werdet ihr sehen, wenn wir dort ankommen. In der Felsenburg sind wir sicher. Das Gebirge im Innern der Burg ist unser Land. Dort gibt es niemanden sonst.«
Loke legte ein Stück Holz auf das Feuer.
»Du sprichst kluge Worte für dein Alter. Was du sagst, sollte mindestens eine Nacht überdacht werden. Doch jetzt müssen wir schlafen, denn wir brauchen all unsere Kräfte für morgen. Es wird ein anstrengender Marsch werden, wenn sich das Wetter nicht ändert. Lasst uns am Feuer Wache halten und abwechselnd schlafen.«
»Ich übernehme die erste Schicht«, sagte Kirgit, »zusammen mit Karain.«
Die Waldgeister rollten sich
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