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Die Traenen Des Drachen

Titel: Die Traenen Des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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doch ich sah die Felswände und die oberste Kalane. Nebel lag über den Gipfeln der Klippen, und ich erkannte, dass er auch uns bald einhüllen würde. Das ist merkwürdig, dachte ich, Nebel im Winter. Zu Hause in Krugant hing der Rauhnebel im Winter oft dick wie eine Suppe über dem Hafen, doch wir wussten, dass er vom offenen Wasser hinter der Mole hereintrieb. Ich konnte mir aber nicht erklären, wo der Nebel hier im Gebirge herkam. Vielleicht stimmte es ja, was die alten Wandervölker berichteten – dass es Drachen waren, die Rauch atmeten? Aber das Pergament, das Noj mir gegeben hatte, behauptete doch, Kragg sei der einzige Drache, der den Kampf gegen Tarkin überlebt habe. Und Kragg trug die Gestalt eines Raben.
    Ich hörte die Waldgeister mit Zweigen hantieren.
    »Stell den Topf hierher«, sagte Bul, »auf die trockene Heide.«
    Ich drehte mich auf die Seite. Bul hatte aus trockener Heide ein Häufchen für ein Lagerfeuer aufgeschichtet. Er gab Bile den Flintstein und blies in die Glut. Loke streckte sein Hinterteil in die Höhe und schnupperte an einem Busch, der zur Hälfte mit Schnee bedeckt war.
    »Kann das denn sein…« Er packte den Busch und schüttelte den Schnee ab. Dann pflückte er ein paar schwarze Kugeln, die an den Zweigen hingen. Er roch an ihnen.
    »Schüler!« Er riss die Augen auf und streckte ihnen die Hand hin. »Seht, was ich gefunden habe!«
    Bile und Vile sprangen auf, beugten sich wie hungrige Hunde über seine Hand und schnupperten, sodass ihre Nasen hin und her zuckten.
    »Strauchbeeren!« Bile sah Vile an und lächelte. Dann stürzten sie sich auf den Busch.
     
    Bul schmolz in einem Topf Schnee. Loke steckte die gefrorenen Beeren in den Mund und kaute auf ihnen herum, ehe er sie ins Wasser spuckte.
    »Warte nur, gleich kannst du das beste Getränk der Welt probieren.« Er zwinkerte mir zu. »Strauchbeersaft!«
    Nach all dem herben Zeug, das mir der Trolljäger während der Überfahrt eingeflößt hatte, hatte ich kaum hohe Erwartungen. Doch der Beerensud war nicht herb, sondern einfach nur süß. Loke zeigte mir den Busch, erklärte mir, wo diese Pflanzen wuchsen und wie die Beeren im Sommer aussahen. Normalerweise trocknete und zermahlte er die Beeren, doch jetzt müsse er es nach althergebrachter Weise tun, erklärte er lächelnd.
    Wir hatten es an diesem Abend gut. Ich rollte den Schafsfellsack aus und bemerkte, dass er groß genug war, um darin zu schlafen. Bald wärmten die Schafsfelle so gut, dass ich sowohl Hose als auch Jacke ausziehen musste. Während wir dalagen und Strauchbeersaft tranken, brachten mir die Waldgeister Lieder in ihrer eigenen Sprache bei. Sie handelten von Wanderungen und Trolljagd, und Loke hatte für all seine Taten Verse. Er begann mit einförmigen Lauten zu singen, und bald waren sowohl ich als auch die Waldgeister eingeschlafen.
     
    Am nächsten Morgen waren wir früh auf den Beinen. Ich taute ein paar Brocken Fleisch im Mund auf und schluckte sie gemeinsam mit einer Hand voll Schnee herunter. Dann fuhren wir auf den Latten zu der Weggabelung zurück und bogen nach links, Richtung Norden, ab. Hier verschwand der Pfad, der uns seit dem Talboden den Weg gewiesen hatte, unter dem Schnee. Einzelne Stöcke sollten uns fortan leiten. Alte Speere und abgebrochene Zweige waren etwa im Abstand von einem Steinwurf in den Boden gesteckt worden. Sie zeichneten einen leicht geschwungenen Streifen ins Gebirge, bis sie im Nebel verschwanden.
    Nur wenige Schritte vom Nachtlager entfernt begann sich die Landschaft zu verändern. Die glatten Schneeflächen wurden von riesigen Steinen und Felsbrocken, groß wie Schiffsrümpfe, zerrissen. Manche von ihnen stachen wie scharfe Zähne in den Himmel. Andere lagen kreuz und quer und versperrten uns den Weg. Doch Loke fand immer einen Weg um sie herum, als erzählten ihm die Steine, wie er gehen müsse. Wir krabbelten über Geröllhalden und tasteten uns steile Abhänge hinunter. Als wir zum ersten Mal rasteten, war ich vom Kopf bis zu den Füßen voller Schnee, und meine Knie und mein Hosenboden waren nass.
    Loke erklärte, Noj habe ihm den Weg auf einer alten Haut gezeigt. Der Häuptling hätte die Karte, auf der der Alte Weg eingezeichnet war, von seinem Vater geerbt. Als ich fragte, warum wir die Haut nicht mitgenommen hatten, deutete Loke auf seinen Kopf.
    »Das haben wir«, sagte er. »Hier drinnen.«
    Ich hätte mir trotzdem gewünscht, er hätte sie nicht bloß in seiner Erinnerung, denn der Weg, den er beschrieb,

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