Die Tränen des Herren (German Edition)
getan! Jeder andere, nur nicht SIE! “
Arnauds Hand legte sich auf seinen Arm. „Du bist voller Aufruhr, voller Feuer, voller Hass. Das ist nicht gut, Jocelin.“
„Und? Warum sollte ich es NICHT sein?! Dieser Verfluchte hat uns so viel Leid, so viel Tod gebracht! Er war es, der mit den falschen Anschuldigungen beim König vorstellig wurde! Und… und er hat Ghislaine vergewaltigt! Diese widerliche Ratte!“
„Ghislaine…“ wiederholte Arnaud langsam und ließ die Hand vom Arm seines Ordensbruders sinken. Seine Gedanken schienen abzuschweifen, doch dann sagte er: „Das gleiche Feuer und die gleichen Leidenschaften haben deinen Vater zugrunde gerichtet, Jocelin. Ich will nicht, dass du seinem Weg folgst.“
„Mein Vater? Ihr habt mir erzählt, er starb bei einem Angriff der Sarazenen. Damals bei der Belagerung von Akkon…“
„Ja… Aber vorher… töteten ihn seine Leidenschaften. Ich kannte ihn gut, und ich habe gesehen, wie sie ihn zerstörten.“
„Warum habt Ihr ihn dann nicht davon abgehalten?“ Jocelin war in so gereizter Stimmung, dass die Worte wie eine Anklage klangen.
„Weil er zu sehr damit beschäftigt war, auf sich selbst zu hören, um irgendetwas anderes wahrzunehmen.“ Er seufzte und wechselte das Thema, ehe sein junger Ordensbruder eine weitere Frage stellen konnte: „Bist du bereit zu schreiben? Ich diktiere dir die päpstlichen Privilegien in chronologischer Reihenfolge. Ich hoffe, ich werde keines vergessen!“
Schon wenige Tage später stellten die neuen Nachrichten, die die Templer erreichten, die mühevolle Arbeit Jocelins und Arnauds in Frage, eine Verteidigungsschrift aufzusetzen. Papst Clemens hatte die Suspension der Inquisition aufgehoben, vor nunmehr zwei Wochen schon.
Der Heilige Vater hatte sie verraten! Er hatte die Templer im Stich gelassen! Was nützte da die Berufung einer Kommission, die er so laut verkündet hatte! Was nützte das wahrheitsbeflissenste und rechtschaffenste Gremium, wenn die Zeugen nicht die Wahrheit sagen konnten! Und der Erlass des Papstes verdammte alle Brüder, die ihre ersten erpressten Geständnisse widerrufen hatten, zu neuer Folter oder Tod! Wer würde unter dieser Bedrohung noch bereit sein zur Verteidigung? Dafür hatten sie Monate gewartet! Für diesen VERRAT!
„Wir schicken unsere Petition dennoch an den Papst und werden ihn bitten, auch die Verteidigung anzuhören”, sagte Jocelin, doch im Stillen verlachte er sich selbst. Briefe, Petitionen, wozu? In Tours hatten sie ihnen nichts genutzt, und jetzt?!
„Die Leute des Königs werden aus allen Gefängnissen Zeugen für die päpstliche Kommission auswählen. Wir können davon ausgehen, dass König Philipp die Absicht hat, jede Verteidigung zu ersticken. Seine Leute werden die schwächsten der Gefangenen aussuchen, jene, die irgendeinen Groll gegen den Orden hegen, die jeden Widerstand aufgegeben haben, die das Meiste gestanden!”
„Wir müssen einen Weg finden, ihnen Mut zu machen, trotz allem“, ergriff Arnaud das Wort. „Unsere Aussagen wird niemand zu Protokoll nehmen, solange die Verteidigung nicht ordnungsgemäß eingefordert ist und jeder als Zeuge auftreten kann. - Für den 25. Juni sind die Zeugen nach Poitiers vorgeladen... Es bleibt uns nicht viel Zeit. Das Beste ist, das sich gleich morgen einige von uns auf den Weg nach Poitiers machen, um die Lage in Augenschein zu nehmen und auf die Zeugen zu warten.”
Echte Reue war ein Werk des Heiligen Geistes, nicht des Inquisitors. Deshalb empfand Guillaume Imbert auch keinen Stolz, als er in den Kerker hinunter schritt. Es war nicht sein, sondern der Sieg Gottes über den Teufel... Am Morgen hatte man ihm gemeldet, dass Komtur Robert von Paris ihn sprechen wollte. Endlich, nach neun langen Monaten! Doch noch während ihm der Waffenknecht die Zellentür aufsperrte, merkte Imbert, dass er sich geirrt hatte. Der Gefangene warf sich ihm nicht um Vergebung flehend vor die Füße. Er stand aufrecht, einen entschlossenen Ausdruck im Gesicht. Anstellte seiner zerfetzten Tunika trug er ein grobes braunes Hemd, aber über den Schultern lag der Ordensmantel.
Inquisitor Imbert durchbohrte dieses offensichtliche Zeichen der Unbußfertigkeit mit einem vernichtenden Blick. Irgendjemand musste ihm den Mantel eines toten oder rekonziliarisierten Bruders gebracht haben! Er würde herausfinden, wer es gewesen war!
„Ich habe gehört, dass Papst Clemens eine Kommission zur Untersuchung über meinen Orden eingesetzt hat“, begann
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