Die Traenen des Mangrovenbaums
Flut, drückte es aus und reichte es ihm, damit er sich Hände und Lenden abwischte. Dann sank sie vor ihm auf die Knie und lehnte die Wange an seinen nackten Schenkel. Sie streichelte mit zarten Fingern das weiße, vernarbte Fleisch, hütete sich aber, sein Geschlecht zu berühren. Sie wusste, dass ihm das so unmittelbar nach der Ekstase unangenehm war. Sie musste warten, bis es ein wenig verschnauft hatte und von selbst anzeigte, dass es wieder Lust bekam.
Und dann, als sie so kniete und ihren Gatten liebkoste, durchfuhr sie ein heftiger Schauer, denn ein ganz seltsamer Gedanke hatte sie überkommen – eine blitzartige Vision, dass der Mann auf dem Sofa nicht Simeon Vanderheyden sei, sondern Herr Raharjo. Wie ein Rausch ergriff es sie, ihren ganzen Körper durchglühte ein ihr völlig unbekanntes Gefühl, köstlich und beängstigend zugleich. Nur einmal hatte sie etwas entfernt Vergleichbares erlebt: Als Fünfjährige hatte sie von einer Rumbowle genascht, in der Meinung, es handle sich um Rote Grütze. Nach ein paar Löffeln hatte sie die beißende Süße im Mund, einen milden Schwindel im Kopf und weiche Knie verspürt. Nur schade, dass die erschrockene Köchin sofort eine Alkoholvergiftung befürchtet und die Gouvernante sie mit Senfwasser traktiert hatte.
Sie schloss die Augen, und während Entzücken, Verwirrung und schlechtes Gewissen in ihr kämpften, küsste sie zärtlich die blassen Lenden ihres Gatten, um den ehebrecherischen Gedanken zu vertreiben – aber statt zu verschwinden, wurde der Traum nur noch intensiver. Er riss sie mit, als sei ein Geist in sie gefahren. Sie schlang die Arme um Simeons Hüften, drückte die Lippen in seinen Schoß und überließ sich den Wünschen und Visionen, die plötzlich in ihr auftauchten. Alles, was je im Halbschlaf ihren Geist und ihren Körper durchschauert hatte, war plötzlich da, als wäre es nur hinter einem Schleier verborgen gewesen. Sie brauchte sich keine Gedanken mehr darüber zu machen, was ihn erfreuen würde. Jetzt erfreute sie sich. Wozu sie sich bislang nie hatte überwinden können, obwohl er es gerne gehabt hätte, das war ihr jetzt wie etwas ganz Alltägliches – dass sie ihn umklammerte und an sich zog, ihn mit Lippen und Zähnen verschlang und den Saft aus seinen Lenden saugte. Sie schloss die Augen dabei, denn in Gedanken war es der samthäutige Javaner, den sie so fast mit Gewalt nahm, und eine abergläubische Furcht plagte sie, sie könnte die Augen aufschlagen und seine Erscheinung da sitzen sehen. Der junge Ehemann, der seine innigsten Wünsche erfüllt sah, jauchzte so laut, dass Anna Lisa schon meinte, es müssten die Dienstboten hereinstürzen, aber dann verebbte sein Schreien, er ließ nur ein tiefes, wohliges Ach und Oh nach dem anderen hören, ehe er erschöpft in das Sofa zurücksank.
Sie stand mit zitternden Knien auf, spülte sich den Mund mit einem Schluck Eistee, wischte sich Gesicht und Hände ab. Das Wort des Apostels Paulus stand ihr wie mit feurigen Lettern vor Augen: Wie eine Frau nicht Herrin über ihren Leib sei, sondern dieser ihrem Mann gehöre, so sei auch der Ehemann nicht Herr über seinen Leib, sondern die Frau. Hieß das nicht, dass sie jederzeit von ihm fordern konnte, sich ihr zu ergeben – und dabei diesen wunderbaren Traum träumen?
Simeon hatte Mühe, wieder völlig zu sich zu kommen, so heftig hatte ihn ihre stürmische Liebe erschüttert. Erst nach einer geraumen Weile öffnete er die Augen und sagte: » Min Meisje, du bist ja wie toll gewesen! Die ganze Zeit konnte ich dich nicht dazu bringen, dass du mir die Freude machst, und jetzt … Was ist geschehen?«
Die Wahrheit konnte sie ihm nicht sagen, also log sie ihm glatt ins Gesicht. »Nun, ehrlich gesagt, du hattest nicht unrecht, was das Leben auf dem Schiff anging. Gewiss, man ist gewaschen und nicht gerade unappetitlich, aber es ist doch ganz etwas anderes, wenn man so sauber und feucht und rosig aus dieser Badewanne steigt.«
»Das stimmt schon. Aber dass du mich deswegen gleich so packst … Himmel, ich dachte, ein wildes Tier fällt mich an, wie du mich gerissen und gebissen hast.«
Sie legte schelmisch die Hände zusammen und schlug die Augen auf. »Verzeih mir, lieber Mann, ich will es nie wieder tun.«
Er warf laut auflachend den nassen Lappen nach ihr. »Das könnte dir so passen! Und ob du es wieder tun wirst!«
Sie umarmte ihn lachend. Dann half sie ihm aufzustehen und reichte ihm seinen Gehstock. »Komm, lass uns zusehen, dass
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