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Die Traenen des Mangrovenbaums

Die Traenen des Mangrovenbaums

Titel: Die Traenen des Mangrovenbaums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne de Witt
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wir ins Bett kommen.«
    Sie stützte ihren Mann, damit er ins Bett gelangte, ohne sich wehzutun. Eilig schlüpfte sie zu ihm unter die leichte, seidene Decke und blies das Licht aus. Ihr Körper bebte immer noch, aber gleichzeitig überkam sie das schlechte Gewissen, wie damals der Rumbowle das Senfwasser gefolgt war. Hatte sie ihren Mann nicht, wenn auch nur in Gedanken, betrogen? Ihre Gedanken, ihre Sinne waren bei einem anderen gewesen, während sie den ihr Angetrauten liebkoste. Dann wieder rechtfertigte sie sich: Es mochte ein böser Same sein, der die Leidenschaft in ihr säte, aber hatte Simeon nicht köstliche Früchte geerntet? Im wirklichen Leben würde sie nie etwas mit dem schönen Javaner zu tun haben – durfte sie da nicht von ihm träumen, wie sie als kleines Mädchen von Rittern und vom Elfenkönig geträumt hatte?
    Bemüht, ihre heimliche Untreue wiedergutzumachen, schmiegte sie sich eng an ihren Gatten, legte den Arm über seine Brust und streichelte seine bärtige Wange. Und war es nicht seltsam? Jetzt war die Vision des javanischen Prinzen verschwunden, und es war wieder ganz und gar Simeon Vanderheyden, dem ihre Zuneigung galt.

Ränkeschmiede
    D er nächste Morgen begann mit einer unangenehmen Überraschung. Als Fräulein Bertram kam, um Anna Lisa beim Ankleiden und Frisieren behilflich zu sein, reichte sie ihr ein weißes Kuvert. »Ich weiß nicht, woher der Brief kommt, gnädige Frau – er lag am Morgen hinter der Tür. Jemand muss ihn in der Nacht durch die Spalte geschoben haben.«
    »Gib ihn mir.« Anna Lisa streckte die Hand aus und nahm das Kuvert entgegen. Es stand kein Name darauf, überhaupt kein Hinweis, an wen die Nachricht gerichtet war. Darin jedoch steckte ein gefaltetes Stück Papier, auf dem in einer sauberen, gepflegten Schrift auf Holländisch geschrieben stand:
Wenn Sie hierzulande eine gute Suppe essen wollen, sollten Sie sich nicht zu viel mit Herrn Zeebrugge abgeben.
    Keine Unterschrift, kein weiterer Hinweis.
    Dr. Julius Ascher saß bereits am Tisch in dem separierten Frühstücksraum, in dem man sich zu Geschäftsessen traf, als das Ehepaar Vanderheyden hinunterkam. Er war ein sehr adrett gekleideter Mann Anfang dreißig, der vom penibel glatt gekämmten Haar bis zu den auf Hochglanz geputzten Schuhen wie aus dem Ei gepellt wirkte. Er stand höflich auf und wünschte ihnen mit ausdrucksloser Stimme einen guten Morgen. Dabei sprach er sie erst beide auf Holländisch an, dann Anna Lisa allein auf Deutsch mit Hamburger Akzent. Er lächelte, als er das Aufleuchten in ihren Augen bemerkte. »Ich bin erst vor einigen Jahren ausgewandert, Frau Vanderheyden. Die Reederei Lobrecht ist mir natürlich ein Begriff. Es war auf einem ihrer Schiffe, dass ich meine alte Heimat verlassen habe. Das schöne Hamburg! Ich vermisse es sehr.«
    Dann kam er rasch zum Geschäftlichen. Der schmächtige Rechtsanwalt sprach mit leiser, aber befehlsgewohnter Stimme. »Mijnheer Vanderheyden, wollen Sie mir Ihre Situation schildern?«
    Simeon erzählte. Der Anwalt nickte, dann sagte er: »Ich habe mich gestern bereits mit der holländischen Bank in Verbindung gesetzt.«
    »So schnell? Sie wussten doch noch gar nicht, was ich von Ihnen will!«
    Dr. Ascher lächelte verschmitzt. »Mijnheer, unter den Weißen in Batavia verbreiten sich Neuigkeiten schneller, als ein Affe springen kann. Man war schon lange vor Ihrer Ankunft hier informiert, und nach dem Tode des Verwalters Wolkins fragte sich natürlich die gesamte holländische gemeenschap , wie es nun mit Ihnen weitergehen sollte. Als man mir sagte, dass Sie mich zu konsultieren wünschen, musste ich nur noch einige Einzelheiten klären. Ich war also auf der Bank. Dort herrscht zurzeit eine gewisse Verwirrung. Ihr Vater, Mijnheer, hat angeordnet, auf das Eintreffen seines Bevollmächtigten zu warten, der alle Regelungen in seinem Sinn vornehmen wird. Ihr Vater dagegen, Frau Vanderheyden« – dabei machte er eine knappe Verbeugung zu Anna Lisa hin –, »hat seinerseits telegrafisch angeordnet, die Interessen der Familie Lobrecht zu vertreten. Da Sie, Mijnheer, aber der Sohn des Besitzers sind, liegt es nach üblichem Rechtsbrauch bei Ihnen, anstelle Ihres Vaters zu handeln. Es wundert mich, dass ihm das nicht selbstverständlich erscheint. Er hat Sie doch nicht enterbt oder – Sie verzeihen die Frage – entmündigen lassen?«
    Anna Lisa fürchtete einen neuen Wutausbruch ihres Gatten, aber Simeon zeigte sich erstaunlich ruhig. Er

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