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Die Traenen des Mangrovenbaums

Die Traenen des Mangrovenbaums

Titel: Die Traenen des Mangrovenbaums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne de Witt
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hättest du im Aschenkasten geschlafen. Du bist sonst immer so frisch und sauber. Anna Lisa, komm! Tietjens, geh auf deinen Platz.«
    Die Hündin gab widerwillig den Platz an der Seite ihres Herrn frei. Anna Lisa ließ sich erweichen und kuschelte sich neben ihrem Gatten ins Bett. »Aber was immer du von mir willst, vorher musst du mir zuhören, wenn ich dir ganz genau erzähle, wie es war.«
    Dr. Lutter war bereits der Meinung gewesen, die Anne-Kathrin würde angesichts dieser seismischen Unruhe nicht in die Sundastraße einfahren, sondern in Anjer vor Anker liegen bleiben, bis die Erdstöße sich beruhigt hatten; und selbst dann würde es noch eine Weile dauern, bis die nach jedem noch so kleinen Vulkanausbruch veränderte Wasserstraße neu vermessen und mithilfe von Lotsen wieder befahrbar war.
    Am Abend ließ der Kapitän dann auch den Passagieren mitteilen, dass er unter den Umständen nicht weiterfahren konnte. »Kein Fahrplan und keine Schifffahrtsbehörde der Welt bringen mich dazu, durch ein Labyrinth wie die Sundastraße zu segeln, so lange die Welt so aussieht wie jetzt. Ich bleibe hier im Hafen, bis wieder Ruhe eintritt. – Das Problem«, erläuterte er auf Nachfragen der Passagiere, »sind die Inseln – und weniger die über dem Wasserspiegel als die darunter. Hier verändert sich alles beständig, weil alles aus Lava besteht. Der Boden der Fahrrinne wird von Bergen und Tälern aus mürbem, brüchigem Gestein gebildet, die einmal anschwellen, dann wieder in sich zusammensinken. Nach einem Vulkanausbruch ist die Topografie der Fahrrinne völlig verändert, und wir müssen erst ausfindig machen, ob die Anne-Kathrin überall durchkommt.«
    Man müsse zwei, drei Tage, womöglich länger, abwarten. Vielleicht konnte die Anne-Kathrin dann ihre Fahrt fortsetzen, sodass sie wie geplant Anfang Juni Batavia erreichten, vielleicht würden die Reisenden aber auch mit dem Postdampfer nach Batavia vorliebnehmen müssen, bei dem es sich leider um eine rostige kleine Schaluppe handelte, die man Passagieren der ersten Klasse nicht zumuten konnte. Er stellte es den Reisenden frei, bis zur endgültigen Entscheidung an Bord zu bleiben oder an Land zu gehen. Letzteren konnte er das Hotel des Herrn Schuit in Anjer empfehlen, wo man auch auf verwöhnte Gäste gut eingerichtet war.
    Der Vorschlag fand allgemeinen Beifall, denn längst sehnte sich jeder danach, wieder festen Boden unter den Füßen zu spüren. Simeon entschied, dass er an Land gehen wollte, und Anna Lisa war froh darüber. Sie hatte das Gefühl, dass sie für den Rest ihres Lebens genug Wasser gesehen hatte. Selbst einige wenige Tage auf dem Trockenen waren eine höchst willkommene Unterbrechung.

Ein Fest in Anjer
    A nna Lisa hatte schon gefürchtet, überall im Land würde dieser schreckliche Aschennebel in der Luft hängen, aber ein kräftiger Wind blies die Asche fort, und wären da nicht die Unmengen von Bims im Wasser gewesen, so hätte sie geglaubt, einem Spuk zum Opfer gefallen zu sein. Bald war der Himmel wieder blau und die See ruhig, und nur ein schwacher Dunst hing über der Küste von Java. Anna Lisa starrte mit klopfendem Herzen auf die grünen Hänge, die immer näher heranglitten. Fremdartige Häuschen leuchteten bunt aus dem Grün, es waren luftige Bambushütten, die auf hölzernen Pfosten hüfthoch über dem Erdboden standen und mit Palmblättern gedeckt waren. Die Kampongs drängten sich zu kleinen Dörfern zusammen, die im Schatten der Banyan-Bäume verborgen lagen. Dort, erklärte ihr Dr. Lutter, wohnten die armen Leute unter den Einheimischen, die Landarbeiter und Fischer. Die Wohlhabenden hatten sich Häuser aus Stein nach dem Vorbild der europäischen erbauen lassen.
    Schließlich lief die Anne-Kathrin, röhrend und schnaubend wie ein Seeungeheuer, in die Hafeneinfahrt ein und legte an. Am Holzgebäude der Lotsenstation wehte ein Flaggensignal, das den Schiffen bedeutete: »Hier nach Post fragen«. Auf der Terrasse unmittelbar am Meer lümmelten ein paar einheimische Lotsen herum und warteten Betel kauend auf das nächste Schiff.
    Sofort umschwärmten kleine Boote und Flöße mit Händlern und Bettlern das große Schiff wie eine Schar Piranhas ihr Opfer. Die Malaien reckten ihre Arme empor und riefen und fuchtelten mit den Händen, um ihre Waren anzupreisen oder ein Almosen zu ergattern, und kaum war die Landebrücke heruntergelassen, konnten sie von den Matrosen nur noch mit brutaler Gewalt daran gehindert werden, dass sie alle

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