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Die Träume der Libussa (German Edition)

Die Träume der Libussa (German Edition)

Titel: Die Träume der Libussa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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werden. Er ist ohnehin schlecht
gelaunt, weil wir mit der Missionierung kaum vorangekommen sind. Er meint dann
immer zu mir, ich sei unfähig, irgendetwas zu erledigen. Ich weiß, er ist ein
wahrer Diener unseres Herrn, doch im Zorn kann er grausam sein.“
    Radegund ließ
sich erweichen, um dem Jungen nicht zu schaden. Zudem schien es ihr auf einmal
ratsam herauszufinden, was Gundolf im Schilde führte.
     
    Die Luft in der
Hütte war stickig, obwohl ein frischer Wind durch den Hof fegte. Der Lehm, mit
dem man die Holzbalken abdichtete, schien seinen Zweck gut zu erfüllen, und
Gundolf ließ die Fensteröffnung abgedeckt. Eine Talglampe, die er aus
Regensburg mitgebracht haben musste, brannte auf dem Tisch und verbreitete
spärliches Licht.
    „Ich muss mit
dir reden, Clothards Tochter.“
    Radegund war
schon lange nicht mehr so genannt worden. Es gefiel ihr nicht unbedingt, an
ihre Abkunft erinnert zu werden.
    „Ich weiß, dass
du es warst, die den Bischof bat, Missionare in dieses Land zu schicken. Anders
als dein Gemahl, der wieder dem Einfluss heidnischer Bräuche erlegen ist, bist du
eine gute Christin.“
    Radegund hielt
es für klüger, ihm nicht zu widersprechen.
    „Daher suche
ich nun deinen Beistand, obwohl du nur ein schwaches Weib bist. Schließlich
haben auch viele Frauen ihren Beitrag dazu geleistet, das Römische Reich vom
heidnischen Unglauben zu befreien." Er machte eine Redepause.
    Radegund
wusste, dass er diese Frauen nur erwähnte, weil er etwas von ihr wollte. Sonst
wurde die Erinnerung an die mutigen Christinnen der Frühzeit immer mehr
verdrängt, wie Anahild ihr erzählt hatte. Auch diese Gedanken behielt sie
allerdings für sich.
    „Was genau
erwartest du von mir, Gundolf?", fragte sie schließlich. "Dass ich
gegen die Wünsche meines Gemahls handele? Du weißt, dies ist einer guten
Christin nicht erlaubt." Sie staunte erneut, wie hilfreich ihr all diese
Vorschriften über angemessenes weibliches Verhalten mit einem Mal waren. Es war
düster in der Hütte, aber Gundolf stand dicht neben der Lampe. Daher sah sie
Runzeln auf seiner Stirn.
    „Als Diener
Gottes steht es mir zu, dich von diesem Gebot zu befreien, da wir hier ein
höheres Ziel verfolgen. Bedenke, dass viele gute Christinnen ihre heidnischen
Ehemänner bekehrt haben", erwiderte er sogleich.
    „Das habe ich
versucht. Wie du bereits sagtest, überredete ich Lidomir, Mönche hierherkommen
zu lassen. Doch wenn er nicht bereit ist, gemeinsam mit dir gegen die uralten
Traditionen seines Volkes anzugehen, vermag ich daran nichts zu ändern.“
    Radegund war
zufrieden mit ihrer Antwort. Sie verspürte den dringenden Wunsch, wieder ins
Freie zu kommen. Die schlechte Luft erschwerte ihr das Atmen.
    Gundolf lachte
auf. „Halte mich nicht zum Narren, Radegund! Du tust, als wärt ihr Weiber
hilflose, ohnmächtige Kreaturen. Wer verleitete Adam denn zum Sündenfall?
Selbst Tassilo, der letzte Agilolfinger, kam nur durch den Einfluss seiner
Gemahlin auf die unselige Idee, sich gegen König Karl aufzulehnen. Ich bin mir
sicher, dass du Möglichkeiten hast, deinen Lidomir zu lenken. Setze die
natürliche Verschlagenheit deines Geschlechts einmal im Dienste des Herrn ein!“
    Radegund
platzte fast vor Wut, aber sie hatte gelernt, in Gegenwart von Dienern der
Kirche die Fassung zu wahren. „Ich bedauere, Gundolf, doch mir hat Gott in
seiner Allmacht nur wenige solcher Fähigkeiten geschenkt. Du müsstest mir einen
Rat geben, wie ich vorzugehen hätte, doch als Mann, der zudem ein Diener Gottes
ist, wirst du sicher nicht willens sein, mich in Hinterhältigkeit und
Falschheit auszubilden. Deshalb kann ich dir keine Hilfe sein und werde jetzt
gehen.“
    Sie stand rasch
auf und eilte zur Tür. Sie hatte das Gefühl, einem Verlies zu entfliehen.
    „Willst du
nicht eines Tages selbst Fürstin sein, Clothards Tochter? Ein Leben führen, wie
es einer Frau deiner Abkunft zustehen würde?“
    Radegund
erstarrte in der Bewegung. Gundolfs Worte riefen alte, längst begrabene Träume
in ihr wach.
    „Sobald hier
christliche Sitten herrschen, wäre dein Gemahl der Fürst. König Karl würde es
sicher unterstützen", fuhr er fort.
    „Aber Lidomir
nicht. Er wird niemals einwilligen. Ich habe bereits mit ihm darüber gesprochen.“
Zum ersten Mal teilte sie Gundolf ihre wahren Gedanken mit.
    „Vielleicht
ändert er seine Meinung mit der Zeit", meinte der Mönch.
    „Das glaube ich
nicht. Es hat wirklich keinen Sinn, Gundolf. Jetzt lass mich bitte

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