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Die Träume der Libussa (German Edition)

Die Träume der Libussa (German Edition)

Titel: Die Träume der Libussa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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gehen.“
    Auf einmal
fühlte sie sich schwach.
    Gundolf
wechselte das Thema. „Ich habe vor einiger Zeit das Kloster besucht, in dem
deine Schwester sich aufhält. Es ist nicht gut um ihre Gesundheit bestellt.“
    Radegund stand
still und begann trotz der stickigen Hitze zu frieren.
    „Mutter
Irmentraud, die Äbtissin, ist überaus streng zu dem Mädchen. Deine Schwester
scheint mir das Wesen eines Gelehrten zu haben, was bei einer Frau sehr
ungewöhnlich ist. Ich fürchte, Mutter Irmentraud musste in ihrer Jugend
darunter leiden, dass ihre geistigen Fähigkeiten mangelhaft waren, denn die
Äbtissin, der sie unterstellt war, legte großen Wert auf Bildung. Nun, da sie
selbst über Macht verfügt, macht es ihr Freude, ein Mädchen zu quälen, das jene
Talente besitzt, nach denen sie sich einst sehnte. Ich staune immer wieder, zu
wie viel Gemeinheit Frauen untereinander fähig sind", erklärte Gudolf.
Radegund bezwang ihr Verlangen, ihm das Gesicht zu zerkratzen.
    „Wenn die
Vertreter der Kirche selbst erkennen, welches Unrecht meiner Schwester
geschieht, warum greifen sie dann nicht ein?“, zischte sie.
    Gundolf winkte
ab. „Die Leitung des Klosters obliegt Mutter Irmentraud, und sie handelt meist
den Wünschen des Bischofs entsprechend. Niemand will sie durch zu viel
Einmischung vor den Kopf stoßen, vor allem, wenn es nur um eine unwichtige
kleine Nonne geht. Doch sollte es mir gelingen, aus diesem Volk ein
christliches zu machen, hätte ich gute Aussichten auf das Amt des Bischofs von
Praha. In diesem Fall könnte ich auch ein Nonnenkloster erbauen lassen. Es
stünde mir zu, die Äbtissin zu ernennen. Deine Schwester ist noch jung, aber
sie besitzt viele löbliche Eigenschaften. Was ihre unziemliche Beschäftigung
mit den heiligen Schriften oder auch anderen Texten und das Schreiben eigener
Gebete betrifft, so würde ich mich nachsichtig zeigen.“
    Die Sehnsucht
nach Anahild trieb Radegund Tränen in die Augen. „Ich werde mit meinem Gemahl
reden", sagte sie. „Anahild kann nach Praha kommen und hier missionieren.
Ich glaube, sie wäre dazu besser geeignet als so manch anderer Christ.“
    „Du weißt
genau, dass eine Nonne ihr Kloster nicht verlassen darf. Niemals wird es deiner
Schwester erlaubt werden, hierher zu kommen.“
    „Das werde ich
mit Lidomir besprechen!“
    „Warst du
deinem Lidomir denn immer eine gute Frau?“
    Radegund
erstarrte.
    „Ich habe Gerüchte
gehört, Radegund. Wer sich mit Schuld beladen hat, sollte beichten, um durch
Gottes Vergebung erlöst zu werden.“
    Sie riss sich
zusammen, um ihr Zittern zu bekämpfen. „Was meinst du denn gehört zu haben?“,
fragte sie und versuchte vergeblich, ihrer Stimme einen spöttischen Ton zu
verleihen.
    „Dass du der
Versuchung heidnischer Sitten erlegen bist. Sieh mich an, Radegund, Tochter
Clothards, und sage mir, dass dies eine Lüge ist.“
    Sie wandte sich
um und vergrub ihr Gesicht in den Händen.
    „Es ist nicht deine
Schuld. Dieses Volk, in dem du lebst, leitete dich in die Irre. Das Weib ist
schwach und empfänglich für die Worte Satans. Hilf mir, das Übel, dessen Opfer
du wurdest, auszurotten.“
    Seine Stimme
zwang sie wieder auf den Schemel. „Was genau willst du denn von mir, Gundolf?
Ich sagte dir bereits, dass ich an Lidomirs Einstellung nichts ändern kann.“
    Gundolf hatte sich nun in voller
Größe vor ihr aufgebaut. Im Dunkeln wirkte die Gestalt in der Kutte bedrohlich
wie ein Dämon. Radegund verschränkte zum Schutz ihre Arme vor der Brust.
„Beichte, Tochter Clothards. Erzähle mir von deiner Sünde, damit ich dir die
Absolution erteilen kann", hallte es in ihren Ohren.
    Eine leise
Stimme in Radegunds Kopf riet ihr, zu gehen. Es gab nichts, was Gundolf gegen
sie in der Hand hatte, und brächte er vor Lidomir eine Anklage vor, hatte er
kaum Aussichten, ernst genommen zu werden. Doch das Bewusstsein von Schuld
hielt sie auf dem Schemel gefangen. Reden, endlich reden und Vergebung finden.
Gundolf war ein Mann Gottes.
    Sie erzählte
von Slavoniks Überfall und widerstand der Versuchung, ihn als reinen Akt der
Gewalt hinzustellen. Die Worte nahmen eine Last von ihren Schultern. Mitten in
dieser dunklen, stickigen Hütte fühlte sie sich auf einmal leicht wie ein
Vogel, der dem Himmel entgegenfliegen konnte. Geduldig wartete sie auf die
Worte der Absolution, um endlich in Lidomirs Arme sinken zu können, ohne dass
die begangene Sünde einen Schatten auf ihr Glücksgefühl warf.
    „Es war, wie
ich sagte. Die

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