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Die Träume der Libussa (German Edition)

Die Träume der Libussa (German Edition)

Titel: Die Träume der Libussa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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ich
kein Glück habe?“
    „Dann tötet es
dich schnell. Wie ich schon sagte, ich kann dir Mittel geben, um den Schmerz zu
lindern. Und auch eines, das dich erlöst, wenn es unerträglich wird.“
    Libussas Körper
zitterte, als litte sie an einem schweren Fieber. Ihr war schwindlig. Es war zu
früh. Sie hatte Kroks Nachfolge noch nicht geregelt. Und sie hatte ihre Tochter
nicht gründlich auf ihre zukünftige Aufgabe vorbereitet, denn Scharka sollte
unbesorgt die Freuden der Jugend genießen. „Ich darf noch nicht gehen, auch
wenn Krok und meine Mutter auf mich warten“, flüsterte sie und ballte
entschlossen ihre Hände zu Fäusten.
    „Es hilft, wenn
ein Kranker entschlossen ist, zu leben", stimmte Kazi ihr zu. „Doch am
Ende geschieht der Wille der Götter.“
    Sie fuhr sich mit
beiden Händen übers Gesicht. „Libussa, erinnerst du dich noch an den zahnlosen
Kater, den ich damals hatte? Ich liebte ihn mehr als alle meinen anderen Tiere,
weil er so verzweifelt gegen seine Schwäche aufbegehrte. Damals erfuhr ich zum
ersten Mal, wie es ist, auch als Heilerin nicht mehr helfen zu können. In
seinen letzten Tagen zog er sich vor mir zurück, denn er wollte allein sein in
seinem Leid. Als er aufhörte, zu fressen, war mir klar, dass es zu Ende ging.
Er hatte sich in einer Ecke verkrochen, doch ich sprach zu ihm. Ich erzählte
ihm von dem Totenreich, in das wir alle eines Tages eingehen werden. Dass ich
ihn dort wieder treffen und bis dahin an ihn denken würde. Da kam er plötzlich
auf mich zu, schmiegte sich in meine Arme und schnurrte vor Glück.“
    Libussa nickte.
Sie kannte Kazi zu gut, um verletzt zu sein, dass sie ihr nicht wichtiger
schien als ein Tier.
    „Seit diesem
Tag“, fuhr Kazi fort, „weiß ich, dass es das Totenreich wirklich gibt. Auch
Tiere, die nicht in der Lage sind, an Lügen zu glauben, wissen von ihm.“
    Sie schlang ihre
Arme um Libussa und drückte sie mit erstaunlicher Kraft an sich. „Kein Abschied
ist für ewig, Schwester.“
    Kazis Worte
beruhigten sie mehr, als jeder Trank es vermocht hätte. Libussa gelang es,
wieder etwas Ordnung in ihre Gedanken zu bringen.
    Premysl war
fähig, die Wahrheit zu ertragen, doch sie wollte den Gefährten noch eine Weile
in dem Glauben lassen, dass nun endlich Frieden eingekehrt war. Auch die
Tochter musste sie nun gründlicher ausbilden, aber nicht mit einem Wissen
belasten, das ihr zartes Gemüt kaum zu ertragen vermochte. Mnata war stark,
würde ein Geheimnis vor seiner Geliebten allerdings nicht wahren können, denn
Scharka spürte den Kummer der Menschen sehr schnell. Es war noch zu früh, um
der Familie von ihrer Krankheit zu erzählen. Vielleicht blieben ihr noch einige
Jahre in dieser Welt. Zeit, die sie brauchte, um zufrieden ins Totenreich
eingehen zu können.
    „Du hast dich
stets um andere Menschen gekümmert", flüsterte Kazi in ihr Ohr. „Denke
jetzt an dich. Nutze die Zeit, die dir bleibt, um zu tun, was dir gefällt.“
    Als die Schwester
gegangen war, sank Libussa erschöpft auf ihr Lager und genoss einen Augenblick
der Ruhe. Sie wusste, dass dieses Gefühl nicht von Dauer sein würde. Panische
Angst und Bitterkeit lauerten bereits in ihrem Bewusstsein. Auch gegen diese
Feinde würde sie nun ankämpfen müssen. Selbst wenn ihr noch Jahre blieben, wie
Kazi sagte, ihren eigenen Wünschen folgen durfte sie nicht. Gerade jetzt gab es
noch so vieles, das sie regeln musste.
    Libussa schloss
die Augen. Ein paar Tage, vielleicht sogar Wochen würde sie sich Ruhe gönnen.
Sie war nicht in der Lage, bald wieder Zeremonien zu vollziehen oder im großen
Saal auf ihrem hohen Stuhl zu sitzen. Zunächst musste sie lernen, mit dem
Wissen zu leben, das soeben von einer Ahnung zur unbarmherzigen Wahrheit
geworden war. Sobald sie aber wieder fähig war, sich vor anderen Menschen zu
zeigen, musste sie ihre Genesung verkünden.
     
    „Der alte Heide hat ein sehr hohes
Alter erreicht. Vielleicht wird es bei der Hure anders sein.“
    Radegund
fröstelte, als sie Gundolfs eiskalte Worte hörte. Verunsichert warf sie einen
Blick zur Tür. Lidomir hielt sich bei Scharka und Mnata auf, doch sie wusste,
dass etliche Leute in der Festung ihr misstrauten. Was war, wenn Hedwig erneut
lauschte?
    Frederik sah
blass aus. „Die Heilerin Kazi war bei ihr. Es heißt, Libussa sei erkrankt, doch
niemand sprach von ihrem bevorstehenden Tod. Sie könnte noch lange leben."
    Radegund hörte
Hoffnung in seiner Stimme.
    „Sie hat bereits
ein höheres Alter erreicht als

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