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Die Träume der Libussa (German Edition)

Die Träume der Libussa (German Edition)

Titel: Die Träume der Libussa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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verlangt
von ihrer Bauern höhere Abgaben als üblich, und tauscht sie dann gegen Schmuck
und schöne Kleider ein“, erklärte Libussa nun frei heraus.
    Fürstin Scharka
runzelte die Stirn. „Du befasst dich mit merkwürdigen Dingen, Kind. Es geht
nicht immer gerecht zu auf der Welt. Und alle Tränen, die man darüber vergießt,
ändern nichts daran.“
    Die
Gleichgültigkeit dieser Worte ließ Libussa endlich wieder zornig und mutig
werden.  „Dann sollte man eben nicht nur weinen, sondern handeln, um das
Unrecht abzuschaffen. Als Neklan diese Magd schlecht behandelte, da bist du ihr
auch zu Hilfe gekommen, ebenso wie Onkel Krok.“
    Ihre Mutter tat
einen tiefen Seufzer und musterte Libussa gequält. „Dana gehört zum Stamm der
Tschechen und lebt auf Chrasten. Sie untersteht meinem Schutz. Außerdem weiß
ich, dass Diener besser arbeiten, wenn sie zufrieden sind und sich gerecht
behandelt fühlen. Aber es steht weder dir noch mir zu, sich in Olgas
Angelegenheiten einzumischen. Die Bauern des Lemuzi-Stammes gehen uns nichts
an. Außerdem ist Olga zwar selbstsüchtig und eitel, aber nicht dumm. Sie wird
ihre Bauern schon nicht verhungern lassen, denn wer bewirtschaftet dann ihre
Felder?“
    Verzweifelt
setzte Libussa noch einmal zum Widerspruch an: „Aber sie haben kaum noch
Fleisch und Brot, weil man ihnen alles weggenommen hat. Diese Leute arbeiten
hart, und es bleibt ihnen gerade genug, um den größten Hunger zu stillen.
Unsere Knechte und Mägde essen doch kaum schlechter als wir. Und sie bekommen
genug, um gelegentlich Tauschgeschäfte mit Händlern zu machen. So sind die
Regeln, das hast du selbst einmal gesagt. Die einfachen Leute ernähren uns,
damit wir ihnen gegenüber unsere Pflichten erfüllen können. Das bedeutet nicht,
dass wir uns auf ihrem Rücken ein schönes Leben machen.“
     „Hör zu,
Kind“, begann ihre Mutter, nun plötzlich mit sanfter, verständnisvoller Stimme.
„Es heißt, es gab einmal eine Zeit, da wir alle gleich waren. Bei den Behaimen,
den Polanen und sogar bei den wilden Leuten im Lande Rus gab es nur
Priesterinnen, Schamanen und gelegentlich Häuptlinge, die aber wieder abgesetzt
wurden, wenn ein Kampf vorbei war. Dann fielen die Awaren über uns her und
jagten uns wie Jäger die Hasen. Erst Samo, ein Franke, befreite uns von dem
Joch der Sklaverei. Von ihm lernten wir, wie wichtig es ist, eine klare Ordnung
im Volk zu haben und Leute, die stellvertretend für alle die wichtigen
Entscheidungen treffen. Seitdem hat jeder Stamm einen fürstlichen Clan. Da
unser Clan der angesehenste und mächtigste ist, bin ich die Hohe Priesterin und
dein Onkel das Oberhaupt der Stämme. Er kann entscheiden, wann wir alle in den
Krieg ziehen. Aber was Olga von den Lemuzi in ihrem eigenen Gebiet macht, geht
uns nun einmal nichts an, selbst wenn wir es nicht richtig finden.“
    „Welchen
Einfluss hast du denn überhaupt als Hohe Priesterin, wenn du nicht einmal durchsetzen
kannst, dass sie sich an die Regeln unseres Volkes hält?“, rief Libussa empört.
„Du könntest ihr drohen, sie mit einem Bann zu belegen!“
    Nun schlug
Scharka mit der Hand gegen ihren Schemel, als sei ihre Geduld endgültig
erschöpft. „Und sag mir, was würde das bringen? Olga ist stolz und dickköpfig.
Es käme zu einer Fehde. Vor kurzem hat in Mähren ein Fürst alle anderen Stämme
unterworfen und nennt sich jetzt König. Wer solchen Machthunger hat, will meist
noch mehr Land und Untertanen. Dein Onkel Krok macht sich Sorgen wegen der
Franken. Von allen Seiten droht uns Gefahr. Angeblich haben Olgas Söhne neue
Krieger angeworben, die nicht alle aus unserem Volk stammen, sondern ihre Kunst
im Umgang mit Waffen gegen Entlohnung zur Verfügung stellen. Wilde Nordmänner
und andere Fremdlinge. Sie sollen unglaublich harte Kämpfer sein, denn sie
haben ihr Leben lang nichts anderes getan. Wenn wir angegriffen werden, dann
möchte ich diese Krieger lieber auf unserer Seite sehen, und nicht auf der
unserer Feinde.“
    Libussa senkte
den Kopf, denn ihr war klar, dass jeder weitere Widerspruch vergeblich war. Die
Welt schien den harten Regeln zu folgen, die auch Premysl ihr beschrieben
hatte. Sehnsucht nach dem Berg der Göttin stieg in ihr auf, nach einem stillen,
friedlichen Ort, wo diese Regeln keine Gültigkeit hatten.
    „Nun schau
nicht so traurig, Kind!“, meinte ihre Mutter sanft und strich ihr über die
Wange. „Du bist ein junges Mädchen und solltest dein Leben genießen, anstatt
immer so viel zu

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