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Die Träume der Libussa (German Edition)

Die Träume der Libussa (German Edition)

Titel: Die Träume der Libussa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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wegräumte. Dann trug sie die Strohmatten herbei,
die an der Wand lehnten. Libussa hatte sich in Chrasten lange einen Raum mit
ihren Schwestern geteilt, doch der war größer gewesen. Die Enge der Bauernhütte
nahm ihr fast den Atem.
    „Wir sollten
dein Pferd im Stall festbinden. Es ist noch draußen“, erklärte Premysl
entschlossen.
    „Steka läuft
nicht weg.“
    „Darum geht es
nicht. Jeder kann das Pferd auf der Wiese sehen.“
    Libussa ging
davon aus, dass er Wölfe meinte, und folgte ihm hinaus. Sie brachten Steka in
den Dorfstall, wo ein Schwein, drei Ziegen und zwei Ochsen standen. Mehr hatten
die Krieger der Lemuzi-Fürstin offenbar nicht übrig gelassen. Der Anblick der
Ochsen verwirrte Libussa allerdings. Einer von ihnen hatte weiße Stellen von
der Stirn über den Rücken und auch an den Hinterbeinen, ganz wie das Tier in
ihren Träumen.
    „Willst du dich
noch waschen, bevor du dich schlafen legst?“, fragte Premysl, als sie den Stall
verlassen hatten. Wieder schien er mit den Bäumen in der Ferne zu sprechen.
„Wir können in den Wald gehen, ans Flussufer. Ich werde dich dorthin begleiten,
wenn du willst.“
    Libussa nickte,
doch auf dem Weg fiel ihr ein, dass es im Dorf sicher auch einen Brunnen gab.
Ihr Herz klopfte schneller. Offenbar wollte Premysl nun mit ihr in den Wald
gehen, einem Ort, an dem sie sich einmal so nahe gewesen waren. Ihr Magen
krampfte sich zusammen, und sie wusste nicht, ob aus Angst oder aus Freude.
    Sie betraten
den Wald schweigend. Es war nicht wie damals beim Kupala-Fest. Kein Ritual
bestimmte, was sie zu tun hätten, und so gingen sie einfach weiter. Als das
Rauschen des Flusses zu hören war, blieb Premysl unschlüssig stehen. „Ich werde
hier warten, bis du fertig bist. Dann gehen wir zurück.“
    Libussa fühlte
Enttäuschung in sich aufsteigen. Sie sollte tatsächlich nur im Fluss baden,
bevor sie beide zurück zur Hütte gehen würden. Kazi hatte wohl Recht, die
Wirklichkeit war das beste Heilmittel gegen verliebtes Schwärmen. Aber sie
lehnte sich noch einmal gegen diese Erkenntnis auf. „Meinst du wirklich, dass
die Macht eines Tages auch bei uns ganz den Männern gehören wird?“ Diese Frage
hatte sie schon eine Weile beschäftigt und schien eine Möglichkeit, ein
Gespräch zu beginnen, um die Rückkehr zur Hütte hinauszuzögern.
    Premysl setzte
sich bereitwillig. „Wer weiß das schon genau? Aber ihr Frauen solltet auf der
Hut sein. Ich habe Geschichten gehört, dass unsere Leute im Lande Rus die
Sitten der wilden Nordmänner übernommen haben, die ihre Nachbarn sind. Wenn ein
Fürst stirbt und man seinen Leichnam verbrennt, dann wirft man gleich noch ein
paar seiner Gespielinnen mit in die Flammen, damit er sich im Totenreich nicht
langweilt.“
    Libussa
schauderte, so wie damals, als Krok ihr davon erzählt hatte. Welcher Mann würde
einer Frau, die er liebte, einen solchen Tod wünschen? „Ich habe auch davon
reden hören“, erwiderte sie. „Soviel ich weiß, handelte es sich dabei um
Sklavinnen.“
    Jetzt sah
Premysl sie endlich an. Seine Augen funkelten zornig. „Und weil du glaubst,
dass es dir nicht geschehen kann, ist es weniger schlimm?“
    Seine Worte waren
wie eine Ohrfeige. Was erlaubte sich dieser Bauer? Libussa kauerte sich nieder
und schlang die Arme um ihren Körper. Jetzt war keine alte Frau hier, die sie
anzulächelte. „Lass uns zurückgehen. Ich werde mein Pferd nehmen und wieder zu
meiner Herrin reiten“, murmelte sie.
    Ein Geräusch
rüttelte sie auf. Premysl hatte einen Ast in die Hand genommen und schlug damit
gegen eine Baumwurzel. „Ich bin ein Narr“, sagte er und seine Augen ruhten nun
auf Libussa. „Ich war so froh, als du plötzlich vor mir standest. Ich habe oft
an dich gedacht und mir vorgestellt, wie es wäre, dich wiederzusehen. Aber ich
hätte nie geglaubt, dass du kommen würdest. Du hast mir deinen Namen nicht
verraten und bist einfach verschwunden. Das überraschte mich nicht weiter. Du
bist ein auffallend hübsches Mädchen. Beim Kupala-Fest haben die Krieger und
Söhne der Fürstenclans dich mit ihren Augen verschlungen. Ich konnte kaum
glauben, dass du mich gewählt hast. Und jetzt bist du zu mir gekommen, und was
mache ich? Langweile dich mit meinen Geschichten und fange Streit an.“
    Der Ast flog in
den Wald. Libussa bewegte sich zögernd auf Premysl zu. Seine Arme hießen sie
willkommen.
    Er war
zurückhaltender als beim ersten Mal, umarmte sie nur zaghaft, als habe er
Angst, sie zu zerbrechen. Sie

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