Die träumende Welt 02 - Das Schattenreich
Gemma zwar viel zu brutal und fremd, als dass sie sich einen Reim darauf hätte machen können, trotzdem war dies ein weiteres Beispiel dafür, dass sie Tiere >hören< konnte, die in Rudeln lebten, auch wenn sie mit diesen wilden Bestien keine Gemeinsamkeit verspürte.
Der Anführer des Rudels war jetzt nur noch wenige Schritte entfernt, und er ließ den Blick über den Clan schweifen, als wollte er sein erstes Opfer wählen. Gemma rappelte sich mühsam auf und spürte die wachsende Unsicherheit der Hunde. Sie hatte mit den Meyrkats bellen wollen, doch ihre Zunge war zu ausgetrocknet, um irgendein Geräusch zu machen. Statt dessen spürte sie, wie der Zorn in ihr hochkochte.
Lasst uns in Ruhe! Sie legte allen Ärger, ihr ganzes Gewicht in diesen unausgesprochenen Befehl und hoffte, dass er eine gewisse Wirkung hatte. Verschwindet von hier!
Eine neue Woge aus Hass schlug Gemma entgegen, und alle Blicke richteten sich auf sie, als wollte das Rudel seinen neuen unerwarteten Gegner abschätzen. Ihre Blicke verrieten eine Gier und rachsüchtige Grausamkeit, die sie erzittern ließ. Die Hunde kamen näher.
Lasst uns in Ruhe! schrie sie tonlos. Oder ich werde euch vernichten!
Der Anführer des Rudels nahm seine gespannte Angriffshaltung ein und knurrte trotzig. Voller Verzweiflung griff Gemma in den Verstand der Bestie, packte seine Gedanken und verdrehte sie. Schmerz, Schmerz!
Der wilde Hund jaulte, schüttelte den Kopf und schlug mit den Pfoten um sich, als wollte er einen unsichtbaren Angreifer abwehren. Die anderen zuckten bestürzt knurrend zurück, als die Meyrkats die Lautstärke ihres Geheuls verdoppelten. Gemma blieb hart, die Kampfeswut hatte sie gepackt. Plötzlich brach das Rudel entsetzt und chaotisch auseinander und raste heulend in die Nacht. Die Meyrkats verfolgten sie ein paar Schritte weit, dann kamen sie wieder zur Besinnung und kehrten in die Senke zurück.
Ganz plötzlich fühlte Gemma starke Übelkeit. Sie krümmte sich, schlug hart hin und würgte. Die Meyrkats verhielten sich völlig still und betrachteten sie voller Ehrfurcht. In ihren Blicken lagen Liebe, Respekt und Dankbarkeit, und doch sahen sie Gemma in einem neuen Licht.
Voller Angst.
7 . KAPITEL
In jener Nacht gelang es Gemma nicht, wieder einzuschlafen. Sie fühlte sich erbärmlich und hatte der offenkundigen Sorge der Meyrkats nichts entgegenzusetzen. Ein Streit tobte in ihrem Innern und drohte ihren ohnehin schon gepeinigten Verstand zu zerstören.
Was ich getan habe, war falsch. Zauberei sollte niemals Schmerz erzeugen.
Aber sie waren böse und hätten uns alle töten können!
Sie sind nur ihrer Natur gefolgt, wie alle Geschöpfe. Zauberei ist eine heilende Kraft, und du hast sie missbraucht.
Ich hatte keine Wahl. Ich hatte keine andere Waffe, mit denen ich sie hätte bekämpfen können.
Man hat immer eine Wahl. Hüte dich, sonst wirst du vielleicht zu eben jener Verkörperung des Bösen, wegen der Cai seiner Zauberei abgeschworen hat.
Aber ich konnte doch nicht riskieren, dass sie meine Freunde töten oder verletzen. Was ist mir ihrem Leid? Sie haben schon genug unter mir gelitten.
Es war falsch. Zauberei sollte niemals ...
Der verbitterte innere Streit fand kein Ende.
Der Tagesanbruch brachte Gemma ein wenig Trost. Dem Clan war nichts zugestoßen, und von ihren früheren Wüstendurchquerungen wusste Gemma, dass sie zwei Tage von einem Dorf entfernt waren, wo sie hoffentlich willkommen waren. Sie weckte die Meyrkats und brach in östlicher Richtung auf. Sie hoffte, dort anzukommen, bevor ihre mageren Vorräte erschöpft waren.
Kaum waren sie drei Meilen weit gegangen, als sie auf eine Straße stießen - eigentlich kaum mehr als ein Weg -, die parallel zum südöstlichen Rand der Wüste verlief. Als Gemma stehenblieb und überlegte, ob sie weiter in die Berge gehen oder der Straße in einer der beiden Richtungen folgen sollten, bemerkte sie, dass die Meyrkats ängstlich wurden. Sie hatten noch nie eine Straße - gleich welcher Art - gesehen, daher faszinierte und erschreckte sie dieser gerade Weg.
Gemma wollte gerade zu einer Erklärung ansetzen, als ein Reitertrupp ihre Aufmerksamkeit erregte, der sich von Südwesten her näherte. Ihre erste Reaktion war Erleichterung, doch dann beunruhigte sie irgendetwas an den Neuankömmlingen, und sie beobachtete sie genau. Sie wusste, dass man sie bereits entdeckt hatte. In diesem sanft hügeligen Gelände konnte sie nicht darauf vertrauen, einem Mann zu Pferde fortlaufen zu
Weitere Kostenlose Bücher