Die träumende Welt 02 - Das Schattenreich
Ein nahmen betrügen. Dabei ist das Publikum sowieso nur wegen mir gekommen«, antwortete Gemma. »Und dann hat er versucht, meine Tierchen zu stehlen, nicht wahr, meine Lieblinge? Aber sie sind von ihm abgehauen. Ich hätte zu gerne sein Gesicht gesehen, als er den leeren Käfig entdeckt hat.« Sie lachte derb.
»Du hast Glück, dass wir dich gefunden haben«, meinte Aric. »Bis zum nächsten Dorf ist es ein weiter Fußmarsch.«
»Ach, wir kommen schon klar«, gab sie leichthin zurück und hoffte, dass man ihr nicht ansah, wie geschwächt sie war.
»Trotzdem denke ich, du solltest mit uns kommen.«
»Aber Aric - ihr Haar!«
»Halt den Mund, Wray«, fauchte er.
»Was denn, das hier?« sagte Gemma und warf ihre staubigen Locken lässig nach hinten. »Es ist gefärbt, damit es zu meinen Plakaten passt - die >Königliche Hexe aus dem Norden<. Sieht eigentlich ganz nett aus im Rampenlicht.«
»Vielleicht kannst du uns unterwegs ein wenig unterhalten«, schlug Aric zum Leidwesen seiner Gefährten vor.
»Aber gerne«, erwiderte Gemma, »solange Ihr mich und meine Truppe durchfüttert.«
»Das wäre dann also geklärt«, meinte er mit einem verkniffenen Lächeln.
»Ihr könnt mich im nächsten Dorf absetzen. Dann komme ich zurecht«, fügte sie hinzu.
»Wir werden sehen«, lautete die unheilvolle Antwort.
Eine Stunde später hockte Gemma rittlings auf einem der zwölf Packtiere, die gleichmäßigen Schritts den Pfad Richtung Nordosten entlangtrabten. Sieben Männer zu Pferd begleiteten sie, allesamt bewaffnet. Die drei Meyrkats sprangen am Straßenrand entlang und versuchten, Gemma so nahe wie möglich zu bleiben. Die Gegenwart so vieler großer Tiere und Menschen machte sie sichtlich nervös, aber Gemma konnte sich mit ihnen unterhalten, um ihnen Mut zu machen. Der Rest des Clans folgte heimlich in einiger Entfernung, verschmolz geschickt mit der Landschaft und blieb unbemerkt.
Gemma war nicht sicher, ob Aric von ihrer Geschichte überzeugt war. Dass seine beiden Stellvertreter, Wray und Yarat, argwöhnisch waren, wusste sie. Die Meyrkats selbst waren die beste Tarnung, die sie hatte, und sie gab ihnen deutlich zu verstehen, wie wichtig sie waren.
Werdet ihr heute Abend mit mir spielen? fragte sie. Den Männern würde das gefallen.
Die großen Grauhäute sind keine Freunde des Clans, bemerkte Ed dazu.
Nein. Aber im Augenblick brauchen wir ihre Hilfe, erwiderte sie. Wir werden sie verlassen, sobald wir können. Zu sich selbst fügte sie hinzu, falls wir können.
Wir werden spielen, meinte Av entschlossen.
Wie wir zuvor gespielt haben, mit dir und Ard-en, warf Ed ein.
Das war den Meyrkats offenbar in bester Erinnerung geblieben, für Gemma dagegen war es genau der Funke, der ihre Sehnsucht nach Arden aufs neue auslöste. Nichts durfte verhindern, dass sie in das Tal zurückkehrte. Dort würde sie ihn bestimmt finden. Die Meyrkats schwiegen, als sie ihre Geistesabwesenheit spürten, und sie dachte über ihr gegenwärtiges Problem nach. War sie Gast oder Gefangene der Grauen Vandalen? Sie wusste, dass die meisten Bürger von Cleve die graugewandeten Krieger als irre Fanatiker betrachteten, und sie selbst hatte aus erster Hand erlebt, dass sie kaltblütige Killer sein konnten. Diesmal jedoch hatten sie sie gut behandelt, trotz ihres Argwohns. Sie schaute nach vorn zu Aric, der den Trupp anführte, und fragte sich, welche Gedanken sich wohl hinter diesen kalten, grauen Augen verbargen.
Yarat trieb sein Pferd neben Gemmas Maultier und blickte hinunter zu ihr. Er war ein großer Kerl mit fleischigem Gesicht und kleinen, dunklen Augen.
»Für jemanden aus dem fahrenden Volk ist deine Haut blass«, stellte er fest.
»Ich habe noch immer die Hautfarbe aus den Bergen, obwohl ich in den letzten Jahren weit herumgekommen bin«, antwortete sie.
»Du hast nicht gefragt, wohin wir reiten. Interessiert dich dein Ziel nicht?« Yarats starrer Blick machte Gemma nervös, trotzdem antwortete sie mit fester Stimme.
»Wo ist der Unterschied? Alles ist besser als die Wüste. Unseren Lebensunterhalt können wir uns überall verdienen.«
»Hast du keine Angst, deinem Schausteller über den Weg zu laufen?« wollte er wissen.
»Ganz im Gegenteil!« rief Gemma. »Ich ...«
»Wie war sein Name doch gleich?« unterbrach sie Yarat.
Gemma stockte, dann verbarg sie ihr Zögern hinter einem Spucken, so als wäre sie angewidert.
»Barris«, erwiderte sie, einen Namen wählend, den sie von früher kannte.
»Nie von ihm gehört«,
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