Die träumende Welt 03 - Das Zeitalter des Chaos
passiert ist, habe ich es schlicht vergessen. Wir hatten seitdem wirklich allerhand um die Ohren«, protestierte Arden.
»Tut mir leid«, sagte sie ruhig, als sie merkte, wie recht er mit seiner Bemerkung hatte.
Ein paar Augenblicke verstrichen schweigend.
»Du hast selbst gesagt, die kleine Gemma sei etwas Besonderes. Vielleicht wart ihr beide zusammen bei der Geburt eine derart starke Kraft, dass die Kreise den Schutz des Tales durchbrechen konnten«, schlug Arden vor.
»Es ist fürchterlich verwirrend«, beklagte sich Gemma, »aber ich hoffe, du hast recht.«
Arden nickte, er verstand, dass sie sich Sorgen machte. Wenn seine Erklärung nicht stimmte, dann konnte dies nur bedeuten, dass das Tal nicht mehr der Zufluchtsort war, den sie alle so dringend nötig hatten. Was das bedeutete, wollte er sich lieber nicht ausmalen.
»Mach dir jetzt keine Sorgen deswegen«, meinte er sanft. »Fühlst du dich kräftig genug, sie dir anzusehen?«
»Natürlich.«
Arden half Gemma aus dem Bett, dann gingen sie Arm in Arm in Mallorys Zimmer.
Gemmas hatte einen letzten Wunsch vor dem Hineingehen. Welches Schicksal ihre Namensschwester auch erwartete, sie sollte wenigstens in einem friedlichen Zuhause aufwachsen, das ihr rechtmäßig zustand. Die Alternative dazu war zu furchtbar, um darüber nachzudenken.
Das Baby, das jeder - auf den Wunsch ihrer Mutter - kleine Gem nannte, war einen Monat nach Ardens und Gemmas Ankunft im Tal geboren worden. Es war eine idyllische Zeit für sie gewesen. Sie hatten die unvergleichliche Schönheit und Heiterkeit dieses Ortes und die uneingeschränkte Gastfreundschaft der Menschen hier in vollen Zügen genossen. Es bereitete ihnen große Freude, vor der Welt draußen geflohen zu sein, und sie genossen ihre Zweisamkeit wie nie zuvor.
Sie wussten zwar, dass dies eines Tages enden musste, trotzdem war keiner der beiden auf die plötzliche und schlimme Art vorbereitet, wie es dann geschah. Im Nachhinein schien es, als wäre Gems Geburt der Auslöser für die folgenden Katastrophen gewesen. Damals jedoch sah es so aus, als wäre alles in Ordnung. Das Baby strotzte vor Gesundheit, Mallory und Kragen waren von ihr begeistert, und die beiden Jungs, die alles andere als eifersüchtig waren, waren sehr neugierig, verhielten sich ihrer kleinen Schwester gegenüber liebevoll und beschützend. Gemma litt nicht mehr unter Visionen und gewann rasch ihre alte Kraft zurück.
Ein weiterer Monat verging, ohne dass es große Störungen gegeben hätte. Gemma verbracht viel Zeit mit dem Baby, sah zu, wie es immer größer wurde, blickte ihm in die großen, braunen Augen und fragte sich, was in diesem kleinen Kopf wohl vorgehen mochte. Das Schicksal schien es mit der kleinen Gem nicht schlecht zu meinen.
Doch als sie gerade etwas über einen Monat alt war, trafen Nachrichten ein, dass nicht alles bestens stand. Mehrere Menschen, die in den Hochebenen im Süden des Tales lebten, berichteten, dass sie sich krank fühlten. Das war an sich schon ungewöhnlich, da die Menschen aus dem Tal normalerweise bei außergewöhnlich guter Gesundheit waren. Noch schlimmer war aber, dass die örtlichen Heiler die Ursache der Krankheit nicht entdecken konnten. Es dauerte eine ganze Weile, bis ihnen auffiel, dass alle Opfer dicht am Fluss lebten. Mittlerweile gab es weitere, deutlichere Anzeichen dafür, dass eine schlimme Krankheit im Tal ausgebrochen war.
In der Nacht, nachdem Gemma von der rätselhaften Krankheit erfahren hatte, träumte sie zum erstenmal nach ihrem Eintreffen im Tal von den Höhlen und dem Gott Rael. Voller Angst lag sie eine ganze Weile wach.
Am nächsten Tag hatte sich die Krankheit verschlimmert und breitete sich rasch aus. Das Wissen führte dazu, dass jeder im Tal mitlitt. Die Ursache der Epidemie war ein Rätsel, einen derartigen Ausbruch hatte man noch nicht erlebt, nicht einmal während der Dürrezeit. Gemma und Mallory warfen so manchen angsterfüllten Blick auf die Kinder und waren froh, dass, im Augenblick zumindest, die schlimmsten Auswirkungen der Krankheit auf den Süden beschränkt blieben.
Jon war es, der ihnen das ganze Ausmaß des Grauens vor Augen führte. Er hatte mit seinem Bruder am Fluss gespielt, der noch immer kräftig floss, obwohl die Wintersonnenwende nur noch weniger als einen halben Monat entfernt war. Die Jungs entdeckten einen großen Fisch, merkten aber dann, dass er anders war als alle, die sie bislang gesehen hatten. Irgendetwas stimmte nicht mit ihm.
Jon, den diese
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