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Die träumende Welt 03 - Das Zeitalter des Chaos

Titel: Die träumende Welt 03 - Das Zeitalter des Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Wylie
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der Epidemie geworden sein. Die größte Sorge bereitete ihr Jon. Doch vier Tage nachdem er den Fisch gefunden hatte, war er noch immer wohlauf - wenn auch ungewöhnlich blass und still.
    Eines Nachmittags kam Gemma aus ihren Zimmer herunter, um mit Mallory zu sprechen, die in der Küche war.
    »Den Jungs geht es gut«, sagte Gemma leise, weil sie die kleine Gem nicht stören wollte, die in einer Wiege nah am Feuer lag. »Ich wünschte, von allen anderen könnte ich dasselbe behaupten.«
    »Wird es schlimmer?« fragte Mallory.
    Gemma nickte und wollte gerade noch etwas sagen, als alle Probleme des Tales mit einem Schlag aus ihren Gedanken verschwanden. Sie starrte Mallory an und sah, dass sich dasselbe im Ausdruck ihrer Freundin wiederspiegelte. Entzücken und Entsetzen waren zu gleichen Teilen gemischt.
    Der Gesang der Sirenen erklang in ihrem Kopf, unaussprechlich süß, voller Sehnsucht und Verlockung, inzwischen aber auch mit einem Unterton von Grauen und Angst.
    Das Tal war keine Zufluchtsstätte mehr.
    Während der Verstand der beiden Frauen noch versuchte, alles zu begreifen, wurden sie bereits überwältigt von der wundervollen, tödlichen Musik. Dann erregte plötzlich ein anderes Geräusch ihre Aufmerksamkeit.
    Die kleine Gem war aufgewacht, hatte einen zufriedenen Ausdruck im Gesicht und sang leise vor sich hin.
DRITTER TEIL
EIN LICHT AUS DEM NORDEN
15. KAPITEL
    An dem einsamen Passagier, der von dem Handelsschiff an Land ging, schien nichts sonderlich bemerkenswert. Die Hafenstadt Altonbridge im östlichen Cleve hatte in den letzten Tagen gewiss ungewöhnlichere An- und Abreisen gesehen. Es war fast fünf Monate her, dass die Gilde gestürzt worden War, und der Untergrund war dem Beispiel seiner Gefährten aus Great Newport gefolgt und hatte damit begonnen, die Regierung der Stadt neu zu organisieren. Das anfängliche Chaos war überstanden, trotzdem gab es überall noch Spuren des Aufruhrs. Der Neuankömmling war nur ein winziges Fädchen in einem gewaltigen sich ständig verändernden Wandteppich, und niemand schenkte ihm Beachtung.
    Selbst wenn, hätte sein Äußeres wohl kaum Aufsehen erregt. Er war jung und sah auf jene jungenhafte Art gut aus, die so viele Frauen attraktiv finden. Sein braunes Haar war glatt, und er trug es länger, als es in Cleve Mode war. Er war von schmächtiger Gestalt und hatte nur ein kleines Bündel bei sich, das er über die Schulter geworfen hatte, sowie eine seltsam konstruierte Holzkiste.
    Bei näherem Hinsehen jedoch wäre einem aufmerksamen Beobachter vielleicht etwas Interessantes aufgefallen. Das jugendliche Gesicht war von Sorgenfalten gezeichnet, die zu einem so jungen Menschen nicht zu passen schienen. Seine grünen Augen wirkten alt, und sein Blick hatte etwas verborgen Trauriges, das manche als gehetzt beschrieben hätten. Und - das war das ungewöhnlichste von allem - aus der Kiste drang ein schwaches Summen.
    Der Mann blieb unschlüssig ein paar Augenblicke auf dem Kai stehen, besah sich das Treiben in den Hafenanlagen und die umliegenden Gebäude - von denen noch einige in Trümmern lagen - und das Gedränge der Menschen. Fast schien es, mit der Ankunft hier habe er sein einziges Ziel im Leben erreicht, und nun, da er angekommen war, sei ihm den Grund für sein Herkommen entfallen. Eine vorübergehende Verwirrung mischte sich in die Traurigkeit seines Blicks.
    Doch dann riss er sich sichtlich zusammen und machte sich mit festen Schritten auf den Weg. Dabei trug er seine Lasten mit einer Leichtigkeit, die im Widerspruch zu seinem schmächtigen Körperbau stand. Er fragte einen Passanten nach dem Weg, marschierte geradewegs zum nächstgelegenen Gasthaus und nahm ein Zimmer, ohne sich zu vergewissern, ob es auch geeignet war. Er war erschöpft nach einer sehr langen Reise und hatte Ruhe bitter nötig. Obwohl der feste Boden unter seinen Füßen einer gewissen Gewöhnung bedurfte, war die Vorstellung eines Bettes, das sich weder neigte noch wankte, unwiderstehlich. Nun, da er sich - endlich - auf dem sagenhaften Südkontinent befand, glaubte er seine Suche bis zum nächsten Tag aufschieben zu können.
    Obwohl es erst früher Abend war, ließ der Reisende seine Tasche auf den Boden fallen, setzte die Kiste behutsam auf dem Tisch ab, zog sich aus und kletterte ins Bett. Er wollte sich gerade unter den Laken entspannen, als er fluchend feststellte, dass er vergessen hatte, die Tür abzuschließen. Er wusste, dass er sich in dieser unbekannten Stadt fern der Heimat

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