Die träumende Welt 03 - Das Zeitalter des Chaos
betrachtete sie besorgt, als sie ihr bleiches Gesicht hob.
»Alles in Ordnung?« erkundigte er sich leise.
»Natürlich nicht!« gab sie zurück. Ihre Stimme war schrill und übermäßig laut. Dann lachte sie nervös. »Wo sind wir?«
»Keine Ahnung. Aber wer immer uns hierhergebracht hat, muss einen Grund dafür gehabt haben.«
»Klingt geheimnisvoll«, meinte sie. Sie war ruhiger geworden, ihre Stimme aber bebte noch immer. »Die Bienen haben keine Angst«, versuchte Cai sie zu beruhigen. »Das ist immer ein gutes Zeichen.«
Zana hob hoffnungsvoll den Kopf, bereit, sich an jeden Strohhalm zu klammern.
Komm schon! befahl Cai sich selbst. Du bist ein Zauberer. Dann benimm dich auch endlich wie einer!
»Sollen wir uns ein wenig umsehen?« fragte er laut.
»Na schön«, meinte sie leise.
Sie löste sich nur widerwillig aus seiner beruhigenden Umarmung, und obwohl sie es dann doch tat, hielten sie sich noch weiter an den Händen.
»Wo sollen wir anfangen?« fragte Cai.
»Keine Ahn...«, setzte Zana an, doch dann hielt sie inne und stieß einen kleinen Schrei aus, als eine der Türen heftig aufgerissen wurde. Entsetzt verbarg sie sich hinter ihrem Begleiter.
Durch die offene Tür drang das Geräusch von Gelächter, gefolgt von zwei fremdartigen Gestalten. Die erste war einen Kopf größer als Cai, die zweite dagegen kaum mehr als halb so groß. In allen anderen Belangen waren sie identisch. Beide trugen unförmige braune Gewänder und riesige Schlapphüte aus Leder. Sie hatten lange, spitze Nasen, und ihre strahlenden Augen leuchteten im Schatten unter ihren Hutkrempen. Der fremdartige Eindruck wurde durch zottige graue Bärte noch unterstrichen, die ihnen bis fast auf die Hüfte reichten. Der kleinere der beiden Männer hielt ein Buch in den langen Fingern seiner verknöcherten Hände, doch im Augenblick las er nicht darin. Er war zu sehr mit Lachen beschäftigt.
»Wie Motten ums Licht!« rief der Größere.
»Um ein unsichtbares Licht«, gab der andere zurück, und wieder brüllten sie vor Lachen. »Und dann feuern sie mit ihrem armseligen Feuerwerk auf uns. Was für eine Zeitverschwendung!«
»Welche Zeit wird denn verschwendet? Keine!« Diese Bemerkung rief einen derartigen Sturm von Gelächter hervor, dass die beiden Männer sich krümmten, sich ihre Bäuche hielten und keuchend nach Atem rangen.
»Und dann haben sie sich gegenseitig getroffen!« kreischte der kleinere. »Whoosh! Bang! Weg waren sie!«
Die beiden Männer umarmten sich und legten ein kleines Tänzchen hin; dann lösten sie sich voneinander und versuchten, sich wieder zu beruhigen.
Cai und Zana verfolgten diesen außergewöhnlichen Auftritt mit sprachlosem Staunen. Sie wüssten, dass man sie bemerken würde, sobald die Ausgelassenheit nachließ.
»Äh ...«, setzte Cai an und räusperte sich.
Die Neuankömmlinge drehten sich um und sahen ihn an.
»Bei den Gräbern der Ewigkeit«, meinte der Große. »Endlich seid ihr hier!«
»Wurde auch langsam Zeit«, fügte der andere gereizt hinzu. »Wir haben einen wahren Meister gebraucht !«
»Ich hab' dir doch gesagt, dass er auftaucht.«
»Ich bin nur froh, dass deine Forschung sich endlich ausgezahlt hat.«
Cai verlor bei dieser Diskussion die Beherrschung.
»Wer seid ihr?« brüllte er.
Die beiden sahen ihn sichtlich überrascht an.
»Ich bin Wynut«, meinte der Große. »Und mein Magierkollege hier ist Shanti.« Sein Ton war plötzlich förmlich geworden.
»Ich bin ...«, begann Cai.
»Wir wissen, wer du bist«, fuhr Shanti dazwischen. Seine Gereiztheit war ihm deutlich anzumerken. »Wir haben dich schon überall verfolgt.«
»Mich?«
»Ja, dich! Wieso bist du so überrascht? Du bist der letzte Zauberer, oder etwa nicht?« Der Funken in den halbverborgenen Augen wurde heller.
»Ich ... vermutlich ... ich ... kann sein«, stammelte Cai, der durch den gereizten Ton der Frage die Fassung verloren hatte.
»Was wir allerdings nicht wissen«, warf Wynut ein, »ist, wer das hier sein soll.« Er deutete auf einen Punkt hinter Cai.
»Das ist Zana, meine Freundin und Führerin.«
»Kann man ihr vertrauen?« erkundigte sich Shanti scharf.
»Natürlich!« Jetzt war Cai verärgert. »Und euch?« brüllte er fast.
Seine schroffe Frage hatte eine unterschiedliche Wirkung auf die beiden Magier. Shantis Gesicht verfärbte sich erst rot, dann violett, und er schien am Rande eines Anfalls zu stehen, Wynut dagegen gluckste nach kurzem Zögern nur beglückt.
»Eine gute Frage«, bemerkte
Weitere Kostenlose Bücher