Die Traumfängerin - Roberts, N: Traumfängerin

steht, dass ich mehr von dir will als nur eine Nacht. Denk darüber nach.“
    Nur mit Mühe konnte A. J. ihren Wunsch bezwingen, den Briefbeschwerer aufzuheben und nach ihm zu werfen, als er ohne ein weiteres Wort ihr Büro verlassen wollte. Schließlich war sie eine kühle Geschäftsfrau, die stets alles unter Kontrolle hatte. „Brady!“, rief sie ihn zurück.
    Lächelnd wandte er sich um, die Türklinke schon in der Hand. „Ja, Fields?“
    „Du hast die Nachricht an Clarissa vergessen.“
    „Ach, tatsächlich?“ Zum Teufel mit der Scheinheiligkeit. „Richte ihr meine besten Grüße aus. Bis bald, meine Süße!“
    Erschöpft schloss David die Tür zu seiner Hotelsuite auf. Er hatte keine Ahnung, wie spät es war. Die Filmaufnahmen hatten sich in die Länge gezogen, statt der geplanten zwei drehten sie nun schon seit drei Tagen. Obwohl er sich am liebsten auf dem breiten Sofa ausgestreckt hätte, musste er jetzt noch die gesamte Finanzierung neu berechnen und überlegen, was gestrichen werden konnte und was unverzichtbar war. Zum Glück hatte das Zimmermädchen sich an seine Bitte gehalten, seine Akten beim Aufräumen nicht anzurühren. Sie lagen noch genauso da wie heute Morgen – ein chaotischer Haufen von Bilanzen, Rechnungen und Notizen.
    Zwölf Stunden lang hatte er mit seinem Team am Set gearbeitet und schließlich alle Mitarbeiter nach Hause geschickt, obwohl der Film noch immer nicht fertig war. Schließlich nützte es nichts, wenn sie morgen voll kommenübermüdet waren. Seufzend läutete David nach dem Zimmerservice und ließ sich eine Kanne Kaffee in die Suite bringen, ehe er sich an den Schreibtisch setzte und die Unterlagen durcharbeitete. Nach zwei Stunden hatte er endlich einen Weg gefunden, den Film trotz der höheren Kosten bezahlen zu können. Jetzt konnte er sich das Filmmaterial der ersten Tage ansehen.
    Das Danjason Institut für Parapsychologie hatte ihn sehr beeindruckt, obwohl es sich auf den ersten Blick nicht von anderen öffentlichen Instituten unterschied. Es war erstaunlich, dass eine Forschungseinrichtung, die sich damit beschäftigte, wie man Löffel per Telepathie verbiegen konnte, so spießig sein konnte. Die Parapsychologen, mit denen sie zusammengearbeitet hatten, waren ebenso trocken, präzise und humorlos gewesen wie die meisten anderen Wissenschaftler. David fragte sich, ob sie die Zuschauer tatsächlich in ihren Bann ziehen oder eher ermüden würden. Er musste sich die Aufnahmen noch einmal ganz sorgfältig und kritisch ansehen.
    Die ersten Szenen waren wirklich spannend, entschied er. Sie hatten nicht die Wissenschaftler, sondern zufällig ausgewählte Menschen auf der Straße gebeten, einige Tests zur Parapsychologie zu machen, und die Ergebnisse nach den strengen Regeln wissenschaftlicher Forschung auswerten lassen. Dann folgten eine Erklärung der mathematischen Formeln zur Wahrscheinlichkeitsrechnung und eine lange Abhandlung über die erfassten Daten. Alles klang äußerst kompliziert und hochtrabend. Wenig mitreißend, fand David ernüchtert.
    Aber natürlich mussten sie in dem Film deutlich machen, dass die Forschungen ernsthaft und seriös geschahen, mit bester technischer Ausstattung und einem hoch qualifiziertenTeam. Die Parapsychologie stand kurz davor, nach jahrelangen Experimenten endlich als Wissenschaft ernst genommen zu werden. Auf diese Einspielung konnte man nicht verzichten.
    Jetzt folgte das Interview mit dem Börsenmakler an der Wall Street, der seine hellseherischen Fähigkeiten erfolgreich nutzte, um mit Aktien zu spekulieren. Er hatte nie einen Hehl daraus gemacht, wie er sein Geld verdiente, und war mittlerweile mehrfacher Millionär. Seine Gabe bezeichnete er als ganz normale Fähigkeit, die man lernen konnte wie Lesen, Schreiben und Rechnen. Und er behauptete, dass einige Führungskräfte in den größten Unternehmen der Welt ihre Position nur mithilfe ihrer parapsychologischen Fähigkeiten erreicht hätten. Mehr noch – für ihn war übersinnliche Wahrnehmung in der Geschäftswelt ebenso wichtig wie ein Computer.
    Mit dieser Einspielung zeigten sie die Parapsychologie aus drei verschiedenen Blickwinkeln: übersinnliche Wahrnehmung in der Wissenschaft, der harten Geschäftswelt und als besondere Gabe.
    Davids Gedanken wanderten zu Clarissa. Sie hatte nicht mit mathematischen Formeln um sich geworfen oder sich mit Forschungsergebnissen wichtig gemacht. Marktanalysen und Börsenkurse spielten für sie keine Rolle. Sie hatte sich einfach auf