Die Traumjoblüge - warum Leidenschaft die Karriere killt
beruflichen Laufbahn spielen. Da dies mein erster Job als Professor ist, habe ich noch keine Erfahrung damit, wie sich diese Regeln in der Praxis machen. Sie können aus meinem Beispiel jedoch ableiten, wie auch Sie die Lektionen aus diesem Buch auf Ihren Arbeitsalltag übertragen können. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Sie andere Entscheidungen treffen werden ,als ich das getan habe, aber andererseits hoffe ich doch, dass Sie durch meine Geschichte ein besseres Gespür dafür entwickeln können, was es heißt, einen neuen Weg zu beschreiten, der Sie ganz sicher zu Ihrem Traumjob führt.
Wie ich Regel 1 anwendete
Regel 1 besagt, dass »Folge deiner Leidenschaft« ein schlechter Rat ist, da die große Mehrheit der Bevölkerung keine Leidenschaft besitzt, die nur darauf wartet, herausgelockt zu werden, damit eine tolle Karriere entsteht. Der Weg zu einem Traumjob, der Ihnen Freude bereitet und Sie sich selbst verwirklichen lässt, ist kein leichter. Auf diese Erkenntnis bin ich im Übrigen nicht erst im Lauf meiner Suche gestoßen, sondern ich habe das schon seit sehr langer Zeit vermutet. Auch wenn ich in dem Kapitel über Regel 1 meine jüngsten Erlebnisse bei der Suche nach echten Beweisen für meine Intuition beschrieb, kann ich doch sagen, | 192 | dass mir dieser Ratschlag schon seit ich mich mit Karriereplanung befasse suspekt vorkam.
Eigentlich wurde meine Leidenschafts-Aversion schon geboren, als ich noch auf die Highschool ging. Damals gründeten mein bester Freund Michael Summons und ich ein Webdesignunternehmen, dem wir den wohlklingenden Namen Princeton Web Solutions gaben. Unsere Firma wollte nicht so recht in Gang kommen, obwohl es Ende der 1990er Jahre war und die Dotcom-Blase gerade erst entstanden war. Die Zeitungen waren voller Erfolgsgeschichten über CEOs im Teenageralter, die bereits ihre erste Million verdient hatten. Michael und ich dachten damals, das klingt doch nach jeder Menge Spaß und ist garantiert die bessere Art, Geld zu verdienen, als durch die üblichen Ferienjobs. Eigentlich wollten wir einem Hightech-Unternehmen wie Amazon.com Konkurrenz machen und zerbrachen uns den Kopf, wie wir dieses Ziel auf möglichst kreative Weise erreichen könnten, aber wie wir es auch drehten und wendeten, es wollte uns partout nichts Gescheites einfallen. Deshalb griffen wir auf Plan B zurück, den wir eigentlich schon länger mit einem kategorischen Niemals verworfen hatten – die Gestaltung von Webseiten. Das war nicht einmal im weitesten Sinn unsere Leidenschaft. Aber wir waren gelangweilt, hatten Zeit und verfolgten ein ehrgeiziges Ziel – eine gefährliche Mischung –, eine eigene Firma zu gründen klang in unseren Ohren vielversprechend und machbar, genauso wie andere Vorhaben, die wir uns überlegt hatten.
Man kann nicht gerade behaupten, dass wir uns mit Princeton Web Solutions eine goldene Nase verdient hätten, aber das war zumindest teilweise so gewollt, denn wir hatten beide keine Lust, viel Zeit darin zu investieren, um ein ganz großes Unternehmen aufzuziehen. Im letzten Jahr auf der Highschool zählten wir sechs oder sieben Kunden, darunter ein Architekturbüro vor Ort und ein schlecht konzipiertes – erstaunlicherweise aber kapitalkräftiges – Webportal für Senioren. Mit den meisten Kunden erzielten wir einen Umsatz von 5 000 bis 10 000 US-Dollar – ein hübscher Batzen Geld, von dem wir aber das meiste an unsere | 193 | indischen Subunternehmer weiterreichten, die den Großteil der Programmierarbeiten für uns erledigten. Als Michael und ich das College abschlossen und er nach New York und ich nach Dartmouth an die Universität ging, zog ich einen Schlussstrich unter Webdesign und wandte mich weitaus interessanteren Beschäftigungen zu: Mädchen.
Für viele andere aus meiner Generation klingt allein der Gedanke, den gut gemeinten Ratschlag »Folge deiner Leidenschaft« in den Wind zu schlagen, ziemlich ketzerisch. Ich selbst war ja nie ein überzeugter Fan dieser Empfehlung, was ich größtenteils auf meine Erfahrung mit Princeton Web Solutions zurückführe. Wie bereits erwähnt, hatten wir unsere kleine Firma wirklich nicht gegründet, weil wir mit voller Leidenschaft dabei waren, Webseiten zu gestalten. Doch sobald Michael und ich herausgefunden hatten, wie wir unser Geschäft am Laufen halten konnten, stellte sich heraus, dass dieses Wissen ein seltenes und damit kostbares Gut war (vor allem für junge Leute unseres Alters). Dieses Karrierekapital versetzte uns in die
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