Die Traumjoblüge - warum Leidenschaft die Karriere killt
November endete, der Dezember begann und ich schon 20 Bewerbungen verschickt hatte, hatte ich zum ersten Mal in meinem Leben mehr Freizeit, als ich im Grunde wollte.
Auch recht, dachte ich mir, denn schließlich hatte ich so die Möglichkeit, meine Suche endlich zu beginnen. In dieser Zeit begann ich mich für die beruflichen Erfolge, aber auch Misserfolge meiner Mitmenschen zu interessieren, weil ich wissen wollte, ob ich etwas daraus lernen konnte. Im November zum Beispiel lernte ich Thomas kennen, dessen Erfahrungen gleich in die Einleitung zu diesem Buch einflossen. Die Geschichten, die mir im Spätherbst 2010 zu Ohren kam, ließen eine Überzeugung in mir reifen, die ganz vage wohl schon längere Zeit in meinem Kopf herumspukte: »Folge deiner Leidenschaft« ist ein schlechter Rat. So weit, so gut. Doch dann drängte sich mir schon die nächste Frage auf: Mit welchen Karrierestrategien hat man denn dann Erfolg?
Die Suche nach Antworten auf diese Frage musste ich im Januar und Februar des folgenden Jahres unterbrechen, da ich dringend einen Job brauchte. Ich bereitete mich auf Vorstellungsgespräche und Ausleseverfahren vor, da allmählich entsprechende Einladungen bei mir eingetrudelt waren. Anfang März war ich deshalb viel unterwegs, unter anderem besuchte ich auch die Georgetown University in Washington D.C.. Dort gefiel mir einfach alles, ich musste aber noch einen anderen dringenden Termin wahrnehmen. Deshalb teilte ich meinem Ansprechpartner an der Universität Georgetown mit, dass mir mein Besuch sehr gut gefallen hätte und ich an der mir angebotenen Stelle sehr interessiert wäre, vorher aber noch dringend woanders hin müsse. Später am selben Abend erhielt ich von dem Personalleiter eine E-Mail, die nur aus drei Sätzen bestand: | 190 |
»Am Donnerstag werden wir Ihnen ein konkretes Angebot unterbreiten. Wir möchten gerne wissen, wie wir Sie im Lauf des Nachmittags erreichen können. Am besten über Ihr Handy, oder?«
Ich sagte alle anderen, für das Frühjahr geplanten Vorstellungstermine ab und nahm den Posten in Georgetown an. Zum Glück wurde mein Karriereknick durch diese Professorenstelle wieder restlos glatt gebügelt. In der zweiten Märzwoche verließ ich ganz offiziell den Markt der Arbeitssuchenden, Arbeitsbeginn war aber erst im August. Somit hatte ich vier Monate Zeit, in denen ich meine Suche auf Antworten zur Karriereplanung abschließen konnte. Zwar hatte ich jetzt einen Job zugesichert bekommen, aber wie konnte ich es schaffen, daraus einen Traumjob zu machen, der mir Freude machte und den ich gerne ausübte? Im Frühling und Sommer dieses Jahres trat ich meine Reisen an und führte die Interviews durch, die letztlich den Ausschlag für Regel 2 bis 4 gaben.
Beim Schreiben dieser Schlussfolgerung wird mir bewusst, dass ich meinen neuen Job in zwei Wochen antreten muss. In den vergangenen vier Monaten habe ich mich schwer ins Zeug gelegt, nicht nur um meine Suche, die ich in diesem Buch beschrieben habe, abschließen zu können, sondern auch um meine Erfahrungen niederzuschreiben – das Ergebnis halten Sie gerade in den Händen. (Ich habe den Autorenvertrag keine zwei Wochen, nachdem ich das Angebot aus Georgetown angenommen hatte, unterzeichnet.) Diese Schlussfolgerung ist der letzte Teil dieses Buchs und muss noch vollendet werden. Mein Timing hätte nicht besser sein können. Ich hatte mein fertiges Manuskript ein paar Tage, bevor ich meine neue Stelle als Professor antrat, bei meinem Verlag abgegeben, und zwar in dem Wissen, dass es mir auf jeden Fall gelingen würde, meine Karriere bemerkenswert zu machen.
Bei meiner Suche bin ich auf so manche überraschenden Antworten gestoßen. Lautet Ihr Ziel, dass Sie letzten Endes in einem Traumjob, der Ihnen jeden Tag aufs Neue Spaß und Freude | 191 | macht, arbeiten wollen, dann ist der Ratschlag »Folge deiner Leidenschaft« kein guter Tipp. Weitaus empfehlenswerter ist es dagegen, sich seltene und damit wertvolle Kompetenzen anzueignen und dieses Karrierekapital dann gegen die Elemente einzutauschen, die einen Job zu einem Traumjob machen. Ein guter Anfang wären die Merkmale Selbstbestimmung und Mission . Mein Ziel für die letzten paar Seiten dieses Buches ist es, Ihnen aufzuzeigen, wie es mir gelungen ist, diese Elemente in meinen Arbeitsalltag zu integrieren. Konkret heißt das, ich will Sie nicht nur an meinen Gedanken teilhaben lassen, sondern Ihnen erklären, welche Rolle die Erkenntnisse aus Regel 1 bis 4 in meiner neuen
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