Die Traumvektor Tetralogie - II.Aufstieg (German Edition)
gründeten normbestimmende Kartelle - was natürlich abgestritten wurde, offiziell gab es solche Zusammenschlüsse nicht. Und seit dieser Zeit war nicht mehr die Qualität eines Produktes oder einer Dienstleistung für Erfolg oder Misserfolg verantwortlich, sondern die »Gnade« dieser Kartelle.
Wer sich nicht daran hielt oder versuchte, nicht in ihr Konzept passende Produkte auf dem Markt zu etablieren, wurde, auf dem legalen Wege der freien Marktwirtschaft, wo der niedrigste Preis der wichtigste Absatzfaktor war, gnadenlos vernichtet, durch zufällig in irgendwelchen Schubladen gefundene Patente und den daraus resultierenden horrend hohen Lizenzkosten in den Ruin getrieben oder einfach aufgekauft, von den Firmenimperien geschluckt.
In den Jahren nach der Jahrtausendwende, als noch Rassen- und Religionskriege, Streitigkeiten um Bodenschätze und Ländereien an der Tagesordnung waren, hielten die Imperien längst alle Fäden in ihren Händen, standen Politiker, Gesetzeshüter und teilweise schon ganze Armee-Einheiten auf ihren Gehaltslisten und waren zuständig für eine reibungslos ablaufende Gewinnmaximierung, natürlich wiederum nur inoffiziell, Schmiergeldzahlungen waren den Gesetzen nach immer noch verboten, Korruption strafbar, doch wo kein Kläger, da kein Richter.
Wenn es von Vorteil für sie war, brachen sie lokal begrenzte Kriege vom Zaun, verdienten so zuerst am Waffengeschäft, danach beim Wiederaufbau der zerstörten Gebiete und festigten so obendrein noch ihre Macht, da sie sich der Dankbarkeit der leidgeprüften Bevölkerung, ob der schnellen und »uneigennützigen« Hilfe sicher sein konnten.
Doch den schrankenlosen Ausbreitungstendenzen stellte sich plötzlich ein von niemandem vorhergesehenes Hindernis in den Weg, ein Sprössling, der von den Imperien selbst in die Welt gesetzt worden war und ihre Machtgebäude beinahe zum Einsturz brachte: Ein weltweites Informationsnetz, das eigentlich dazu bestimmt gewesen war, die Welt klein und für die Imperien leichter kontrollierbar zu machen, kostete sie beinahe das »Leben«.
Sie hatten nicht mit dem Forscherdrang der Jugendlichen und deren Lust auf und ewigen Suche nach immer neuen Abenteuern gerechnet, und dieses Infonetz war der ideale Ort, diese Triebe auszuleben, in Computersysteme einzudringen, an geheime und streng vertrauliche, für die Öffentlichkeit normalerweise nicht zugängliche, Daten zu kommen.
Die Imperien machten zwei kleine Fehler, die ein zwei Jahrzehnte lange andauerndes, weltweites Chaos zur Folge hatten: Sie vertrauten Daten ihrer Aktivitäten diesem Netz an, zwar verschlüsselt, um sie so weltweit, in jeder Zweigstelle jederzeit verfügbar zu haben und sie unterschätzten Einfallsreichtum und Umsichtigkeit dieser jungen »Netsurfer«.
Einige von ihnen gelangten an diese geheimen Daten, welche sie sogleich an die Öffentlichkeit brachten. Sie wurden jedoch schnell gefasst und zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt, die ersten lebenslangen Strafen für ein solches Vergehen.
Die Imperien dementierten das Vorhandensein solcher Datensätze und taten den »Anschlag« ab als »misslungenen Versuch, die Offenheit und Integrität der Imperien zu untergraben«.
Doch waren ihnen die jungen Verurteilten wieder einen Schritt voraus gewesen. Sie hatten, zweifellos vorgewarnt durch ähnlich gelagerte Fälle in ihrer Vergangenheit, in der größere Machtblöcke stets jede Verbindung mit nicht gesetzeskonformen, der Allgemeinheit schadenden Projekten mit äußerster Vehemenz bestritten, einige Hundert sich selbst reproduzierende »Schnüffler«, kleine Programme, die nach verschlüsselten Daten suchten, sie entschlüsselten und sofort Tausende male kopierten und wahllos an Drucker, Faxgeräte, Funktelefone, Terminals, Mailserver, Online-Communitys, die gerade online, also erreichbar waren, weiterleiteten, ins Netz eingeschleust und sie mit einem kleinen Unterprogramm versehen, das sie aktivierte, sobald ihr »Herrchen« sich über einen bestimmten Zeitraum hinweg nicht bei ihnen meldete.
Und diese Programme führten ihren Auftrag zur vollsten Zufriedenheit ihrer Erzeuger aus, mehr noch, sie legten in kürzester Zeit das gesamte Kommunikationsnetz lahm.
Da die Programme so ausgelegt waren, uneingeschränkt einen jeden verschlüsselten Text zu verbreiten und nach jeder erfolgreichen Decodierung einen Zwillingsbruder auf die Reise zu schicken, der es ihnen gleich tat, darüber hinaus auch noch der Mensch anscheinend mit dem Drang geboren
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