Die Traumvektor Tetralogie - I.Ursprung (German Edition)
gewesen.
»Ja, ich werde wirklich langsam verrückt. Liegt wohl daran, dass ich seit drei Tagen hier rumhänge und keiner Menschenseele begegnet bin.«
Ich sehnte mich förmlich danach, mit jemandem zu sprechen. Ich war einfach nicht daran gewöhnt, alleine zu sein. Ich hatte mir zwar oft völlige Einsamkeit herbeigewünscht, jetzt war ich einsam und wurde verrückt.
Ich holte die letzten drei Tage in mein Gedächtnis zurück: Meine Freundin und ich wollten vier Wochen in Neuseeland verbringen und dort nach langer Zeit wieder einmal so richtig ausspannen, uns vom Alltagsstress erholen. Ein überraschender Grippeanfall fesselte sie aber ans Bett und so mussten wir unsere Reise leider absagen.
Am nächsten Morgen weckten mich, für ein Schlafzimmer, untypische Geräusche. Als ich die Augen öffnete, glaubte ich zuerst, immer noch zu träumen, denn ich befand mich in einem Container eines Flugzeugwracks, mitten im Urwald, und doch, es war die Realität.
Einzig an einen verworrenen Traum konnte ich mich noch dunkel erinnern; in dem meine Freundin und ich bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen waren. Eigentlich wusste ich nicht, ob wir wirklich gestorben sind, denn kurz vor dem vermeintlichen Aufprall war ich aufgewacht und fand mich in diesem Stahlbehälter wieder.
Auch die Suche in den Überresten des Flugzeuges nach Hinweisen meines ungefähren Aufenthaltsortes half mir nicht weiter. Das Einzige was ich fand waren einige verkohlte Notizblätter, ein Messer und eine Illustrierte. Und mit dieser Illustrierten glaubte ich den endgültigen Beweis in Händen zu haben, noch in einem Traum umherzuirren, sie war nämlich aus dem Jahre 1998.
Ich versuchte noch einige Zeit diesem Traum zu entkommen, musste allerdings bald feststellen, dass er zur Wirklichkeit geworden war. So hielt ich mich jetzt schon seit drei Tagen, auf Rettung hoffend, hier auf.
»Es ist besser, du machst dich noch heute auf den Weg. Den Fluss entlang nach Süden. Wenn du Glück hast, findest du eine Siedlung und kommst noch in diesem Jahr nachhause.«
»Nachhause? In diesem Jahr? Schön zu hören. Erkläre mir doch, was ›noch in diesem Jahr‹ bedeutet? 1998, 1999 oder 2010? Wer weiß, wie es zu Hause aussieht. Ich nehme an, die dort halten mich schon lange für tot.«
»Ich bin tot!«
Diese Feststellung ließ meine Eingeweide gefrieren. Ich schluckte einige Male schwer. Ich musste mich wieder hinsetzen. Ich begriff erst jetzt, was es hieß, einfach zehn Jahre zu überspringen, ohne zu altern.
Meine Freunde hatten sich gewiss mit meinem Verschwinden abgefunden und hielten mich sicher schon seit Langem für tot. Meine Freundin war wahrscheinlich verheiratet, hatte Kinder und dachte, wenn überhaupt, nur noch selten an mich. Dieser Gedanke war von allen am schwersten zu ertragen.
Ich war tot.
Wenn auch nicht physisch, so doch im Geiste meiner Freunde und Bekannten. In ihrer Welt waren neun oder mehr Jahre vergangen. Ich hingegen war nur ein paar Tage älter geworden. Es konnte nichts mehr so sein, wie es noch vor drei Tagen ..., neun Jahren gewesen war.
Was würde mein Auftauchen auslösen?
Meine Freunde würden mich vielleicht so akzeptieren, wie ich bin, viele Jahre jünger als sie. Doch der Rest der Menschheit ...
Ich, ein Medienspektakel erster Ordnung, ein Versuchskaninchen der Wissenschaftler, der Militärs. Unzählige psychologische Versuchsreihen, Befragungen, immer neue Untersuchungen meines Körpers, meiner Organe, meines Gehirns, weiter gereicht von einem »Spezialisten-Ärzte-Psychologen-Team« zum nächsten, vom Pseudowissenschaftler zum Kartenleger oder Medizinmann.
»Nein, NEIN!«
Wenn ich zurückkehre, musste ich unentdeckt bleiben. Ich musste mich nach Europa durchschlagen, ohne erkannt zu werden.
»Schöne Aussichten. Ich weiß nicht, wo ich bin, was sich da draußen in der Zwischenzeit getan hat und ob sich diese Verrückten nicht schon längst in die Luft gesprengt haben. Und trotzdem, ich muss es einfach wissen, ich muss da raus und nachsehen, was dieser Kindergarten während meiner kurzen Abwesenheit alles mit meiner Erde angestellt hat.«
»Du hast recht, doch vorher werde ich noch etwas essen, hat lange genug gedauert, das Feuer zu entfachen.«
»Weit ist es mit dir gekommen. Jetzt redest du schon mit dir selbst.«
Ich machte mich wieder auf den Weg zum Fluss, um die Fische für mein Frühstück abzuholen.
1
Sie saß am Feuer und wartete. Sie blickte immer wieder in die Richtung, aus der er bald
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