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Die Triffids: Roman - Mit einem Vorwort von M. John Harrison (www.Boox.bz)

Die Triffids: Roman - Mit einem Vorwort von M. John Harrison (www.Boox.bz)

Titel: Die Triffids: Roman - Mit einem Vorwort von M. John Harrison (www.Boox.bz) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Wyndham
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fast die Decke streifte. Neben ihrem erdigen, zottigen Strunk lag, mit einem hellfarbigen seidenen Schlafanzug bekleidet, der Körper eines älteren Mannes. Ich fasste Josella am Arm, damit sie nicht hineinlief.
    »Ist es – Ihr Vater?«, fragte ich, obwohl ich die Antwort schon wusste.
    Sie nickte und schlug die Hände vor das Gesicht. Sie zitterte.
    Ich stand still und ließ die Triffid nicht aus den Augen, falls sie sich nähern sollte. Dann reichte ich Josella mein Taschentuch. Hier war nicht mehr viel zu machen. Nach einer Weile gewann sie ihre Fassung zurück. Ich dachte an all die Leute, die ich an diesem Tag gesehen hatte, und sagte: »Ich glaube, mir wäre so ein Schicksal lieber als das der anderen da draußen.«
    »Ja«, sagte sie nach einer Pause.
    Sie sah zum Himmel auf. Er war tiefblau mit wenigen Wolkenfetzen, die wie Federn darin schwebten.
    »O ja«, wiederholte sie mit mehr Überzeugung. »Armer Daddy. Er hätte es nicht ertragen, blind zu sein. Er liebte all das hier so sehr.« Sie sah wieder in das Zimmer hinein. »Was sollen wir tun? Ich kann ihn doch nicht so …«
    In diesem Augenblick glitt der Reflex einer Bewegung durch die heil gebliebene Scheibe der Glastür. Als ich mich umblickte, sah ich eine Triffid aus dem Gebüsch hervorkommen. Sie stelzte über den Rasen geradewegs auf uns zu. Ich hörte, wie die ledrigen Blätter raschelten, als der Strunk vorwärts und rückwärts ausschlug.
    Wir hatten keine Zeit zu verlieren. Ich hatte keine Ahnung, wie viele andere noch in der Nähe waren. Wieder fasste ich Josella am Arm und lief mit ihr den Weg zurück, den wir gekommen waren; als wir im Wagen und in Sicherheit waren, begannen die Tränen zu strömen.
    Es würde ihr besser gehen, wenn sie sich ausgeweint hatte. Ich zündete mir eine Zigarette an und überlegte, was zu tun sei. Natürlich würde ihr die Vorstellung nicht gefallen, ihren Vater einfach so zurückzulassen, wie wir ihn gefunden hatten. Sie würde ihm ein ordentliches Begräbnis bereiten wollen – und wie es aussah, müssten wir beide das Grab schaufeln und alles, was dazu gehörte, tun. Doch zuvor war es notwendig, uns die Mittel zu verschaffen, mit den Triffids, die schon hier waren, fertigzuwerden und alle, die vielleicht noch auftauchen würden, abzuwehren. Am liebsten hätte ich den Plan fallengelassen – aber schließlich war es nicht mein Vater …
    Je länger ich über die neue Lage nachdachte, umso weniger gefiel sie mir. Ich hatte keine Ahnung, wie viele Triffids es in London gab. In jedem Park waren zumindest ein paar zu finden. Gewöhnlich ohne Stachel. Die durften sich frei bewegen. Oft aber waren auch solche mit Stachel da, entweder angepflockt oder hinter engmaschigen Drahtgittern. Und die, die wir im Regent’s Park gesehen hatten – wie viele wurden in den Hürden neben dem Tiergarten gehalten? Und wie viele waren ausgebrochen? Auch in Privatgärten gab es eine große Anzahl; sicherheitshalber wahrscheinlich beschnitten – doch wer weiß, die Leute waren manchmal von einem unbegreiflichen Leichtsinn. Außerdem gab es weiter draußen noch Zuchtanstalten und Versuchsstationen für die Dinger …
    Irgendetwas regte sich in den Tiefen meines Gedächtnisses, während ich diese Überlegungen anstellte; eine Gedankenverbindung, die nicht recht zustande kommen wollte. Ich suchte eine Weile – und auf einmal war sie da. Ich glaubte förmlich, Walters Stimme zu hören: »Eine Triffid, behaupte ich, hat mehr Aussicht, am Leben zu bleiben, als ein Blinder.«
    Natürlich, er hatte von Menschen gesprochen, die durch den Stich einer Triffid erblindet waren. Dennoch war es ein Schreck. Mehr als ein Schreck; es versetzte mich in leichte Panik.
    Ich dachte zurück. Nein, wir hatten nur ganz allgemeine Erwägungen angestellt – trotzdem, der Gedanke war mir unheimlich …
    »Nimm uns unser Sehvermögen«, hatte er gesagt, »und es ist aus mit unserer Überlegenheit.«
    Natürlich gibt es häufig zufällige Übereinstimmungen – aber dass ich gerade hier und jetzt daran denken musste …
    Ein Knirschen im Kies brachte mich in die Gegenwart zurück. Eine Triffid schwankte den Fahrweg herunter und auf das Tor zu. Ich lehnte mich zurück und kurbelte das Wagenfenster hoch.
    »Fahren wir! Fahren wir!«, flüsterte Josella in panischer Angst.
    »Hier drinnen kann uns doch nichts geschehen«, beruhigte ich sie. »Ich möchte nur sehen, was sie macht.«
    Im selben Moment erkannte ich, dass eines meiner Probleme gelöst war. Weil ich

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