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Die Triffids: Roman - Mit einem Vorwort von M. John Harrison (www.Boox.bz)

Die Triffids: Roman - Mit einem Vorwort von M. John Harrison (www.Boox.bz)

Titel: Die Triffids: Roman - Mit einem Vorwort von M. John Harrison (www.Boox.bz) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Wyndham
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schlagen, weil er betrunken war und weil ich nicht mit ihm nach Hause gehen wollte. Ich weiß nicht, was geschehen wäre, wenn Sie nicht eingegriffen hätten.«
    Es war ihr anzusehen, dass sie sich besser fühlte, doch zuckte sie zusammen, als sie nach ihrem Glas griff.
    »Ich glaube, ich hatte bisher mehr Glück als Verstand«, sagte ich. »Ich hätte wissen müssen, was passieren könnte, als ich am Piccadilly Circus die Frau mit dem Kind sah. Es war Zufall, dass mir nicht das Gleiche passiert ist wie Ihnen.«
    »Jeder, der etwas Kostbares besitzt, ist in Gefahr«, sagte sie nachdenklich.
    »Werde mir das für die Zukunft merken«, versprach ich. »Und was soll nun geschehen?«
    »Ich muss nach Hause zurück. Mein Vater wartet. Den Doktor zu suchen hat ja nun keinen Sinn mehr – auch wenn er zu den Verschonten gehört.«
    »Soll ich nicht mitkommen?«, fragte ich. »Ich glaube nicht, dass es in dieser Zeit ratsam für sie ist, so allein umherzuwandern.«
    Sie blickte mich dankbar an.
    »Ich wollte schon fragen. Dann dachte ich, dass Sie vielleicht anderswo erwartet werden.«
    »Niemand erwartet mich«, antwortete ich.
    »Das ist gut. Nicht dass ich Angst habe, noch einmal eingefangen zu werden – davor werde ich mich hüten. Ich fürchte aber die Verlassenheit, das Alleinsein. Man kommt sich so verloren vor.«
    Wiederum zeigten sich mir die Dinge in einem anderen, neuen Licht. In das Gefühl der Befreiung mischte sich die Ahnung künftiger Schrecknisse. Anfangs musste man Überlegenheit und daher Zuversicht empfinden. Wir hatten ja unendlich viel mehr Aussicht, die Katastrophe zu überleben, als die andern. Wo sie tasten, tappen und raten mussten, brauchten wir nur zuzugreifen. Aber darüber hinaus gab es noch vieles andere …
    Ich sagte: »Ich wüsste gern, wie viele Sehende es noch gibt. Scheint, dass das Sehvermögen eine große Seltenheit geworden ist. Einige von den anderen haben offenbar schon begriffen, dass sie, um am Leben zu bleiben, einen Sehenden brauchen. Sobald das alle begriffen haben, werden unsere Aussichten alles andere als gut sein.«
    Die Zukunft schien mir nur zwei Möglichkeiten zu bieten: ein einsames Dasein unter ständiger Furcht, gefangen und versklavt zu werden, oder die Bildung einer Gruppe, die ausgesucht war und vor anderen Gruppen Schutz gewährte. Wir würden eine Doppelrolle spielen: Führer und Gefangene zugleich sein. Josella riss mich aus meinen Gedanken.
    »Ich muss gehen«, sagte sie. »Mein armer Vater. Es ist schon nach vier.«
    In der Regent Street hatte ich einen Einfall.
    »Kommen Sie«, sagte ich. »Hier irgendwo muss ein Laden sein …«
    Er war noch da. Wir rüsteten uns darin mit ein paar handlichen Dolchmessern aus und den dazu nötigen Gürteln.
    »Damit komme ich mir vor wie ein Pirat«, sagte Josella.
    »Lieber Pirat als Gangsterbraut«, meinte ich.
    Ein Stück weiter fanden wir eine große, funkelnde Limousine. Sie sah aus, als ob sie nur so davonschnurren würde. Doch das Motorgeräusch klang in unseren Ohren lauter als der gesamte Verkehrslärm einer normalen Geschäftsstraße. Wir fuhren nordwärts, wichen den herrenlos parkenden Fahrzeugen und den Wandernden aus, die bei unserer Annäherung mitten auf der Fahrbahn zur Reglosigkeit erstarrten und deren Gesichter, wenn sie uns kommen hörten, hoffnungsvoll aufleuchteten und wieder erloschen, wenn wir uns entfernten. Ein Gebäude, an dem wir vorüberfuhren, stand in hellen Flammen, und eine Rauchwolke stieg über einer anderen Brandstelle auf, irgendwo in der Oxford Street. Und dann ging’s am Rundfunkgebäude vorbei nach Norden zur Autostraße durch den Regent’s Park.
    Endlich offenes Land und nicht mehr die Häuserzeilen mit den ziellos umherirrenden Unglücklichen. Die einzigen Dinge, die wir auf den ausgedehnten Grasflächen in Bewegung sahen, waren zwei, drei kleine Gruppen von Triffids, die südwärts stelzten. Irgendwie war es ihnen gelungen, die Pflöcke loszureißen, die sie nun an ihren Ketten nachschleiften.
    Auf der restlichen Strecke hielt nichts uns auf. Ein paar Minuten später bremste ich vor dem Haus, das sie mir zeigte. Wir stiegen aus dem Wagen, und ich öffnete das Tor. Ein kurzer Fahrweg bog um das Buschwerk, das die Straßenfront des Hauses verdeckte. An der Biegung schrie Josella plötzlich auf und lief vorwärts. Auf dem Kies lag bäuchlings ein Mann, den Kopf zur Seite gedreht, sodass eine Hälfte seines Gesichtes sichtbar war. Auf den ersten Blick erkannte ich den brandroten

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