Die Trinity-Anomalie (German Edition)
schmaler und die Vegetation dichter, während festes Land immer rarer wurde. Überall war Wasser, und auch die Luft war feucht und heiß und roch nach Salz und Grünzeug. Sie fuhren mit offenen Fenstern und Trinity rauchte Kette. Daniel störte das nicht weiter, zumal sie beide schon ein bisschen müffelten und der Rauch immer noch angenehmer roch als sie selbst.
Er hielt auf dem Randstreifen und schaltete sein neues Handy ein.
Vier Jahre zuvor, nachdem Daniel ihn aus Mittelamerika geschmuggelt hatte, hatte Pat Wahlquist ihm seine Visitenkarte in die Hand gedrückt. »Für den Fall, dass du mal so tief in der Scheiße steckst, dass du allein nicht mehr rauskommst«, hatte er gesagt. Seitdem hatte Daniel der Karte keine Beachtung mehr geschenkt, trug sie aber immer bei sich. Für alle Fälle.
Er klappte seine Brieftasche auf und holte Pats Karte aus dem Geldscheinfach. Darauf stand:
PAT WAHLQUIST
Drachentöter
Und darunter eine Telefonnummer. Pat meldete sich beim zweiten Klingeln.
»Wahlquist.«
»Pat, hier ist Daniel Byrne.«
»Daniel, alter Kumpel. Lang ist’s her.«
»Ja, du hast gesagt, wenn ich jemals …«
Pat unterbrach ihn: »Wie kann ich helfen?«
»Ich brauche ein sicheres Versteck.«
»Da bist du bei mir richtig. Wo bist du gerade?«
»Direkt nördlich von Dulac.«
»Sind sie dir auf den Fersen?«
»Nicht direkt. Sie haben meine Handynummer rausgekriegt, aber ich habe das Telefon in der Nähe von Slidell weggeworfen.«
»Alles klar. Fahr auf der Grand Caillou Road weiter Richtung Süden bis Hausnummer 7244. Das ist ein Restaurant auf Pfählen namens Schmoopy’s. In zwanzig Minuten stehe ich da auf dem Parkplatz. Fahr mir einfach von dort aus hinterher.«
»Verstanden«, sagte Daniel. »Ach, und Pat …«
»Jetzt halt bloß keine Dankesrede«, sagte Pat und legte auf.
»Ein Söldner, der einen Subaru fährt«, bemerkte Trinity, als sie dem grünen Forester folgten. »Ganz was Neues.«
»Pat und ich haben uns in so einer Kiste von Honduras nach Guatemala durchgekämpft«, sagte Daniel. »Die sind ziemlich stabil. Und sieh mal da oben. Der hat einen Schnorchel, damit kannst du durch einen Meter tiefes Wasser fahren.« Dann wies er auf die Schutzbügel und die Suchscheinwerfer auf dem Dach hin, merkte aber, dass Trinity nur Spaß machen wollte. Er erwiderte sein Lächeln.
»Was für eine Fahrt«, sagte Trinity. »Gestern Morgen waren wir noch hoch oben in den Blue Ridge Mountains bei den Flughörnchenund jetzt sind wir unterhalb des Meeresspiegels im Sumpfland von Louisiana und statten Mr Allie Gator und seinen Kumpels einen Besuch ab.« Mit einer schweifenden Handbewegung wies er auf die Landschaft. Dies war nicht einfach Bayou-Land, sie waren wirklich mitten im Sumpf.
Pat wurde langsamer, blinkte und bog rechts in eine einspurige Straße mit knirschendem Muschelkies ein, die über eine höchstens dreißig Meter breite Landzunge führte. Zu beiden Seiten der Straße Gestrüpp und moosbehangene Zedern und dahinter Mangroven und Sumpfzypressen, die aus dem Wasser ragten. Am Ende der Landzunge stand ein eingeschossiges, für die Gegend ungewöhnlich modernes Haus im Ranch-Stil. Etwa fünfzehn Meter vor dem Haus war eine dicke Zypresse quer über die Straße gefallen.
Pat reichte nach oben zur Sonnenblende und drückte auf eine Art Garagenöffner. Daraufhin sprang am Straßenrand irgendwo ein Elektromotor an und der umgefallene Baum richtete sich langsam auf. Sie fuhren an dem Baum vorbei auf eine geschwungene Auffahrt. Dann senkte sich der Baum wieder und versperrte hinter ihnen die Straße.
Egal ob man einen Friseursalon, eine Apotheke oder Tankstelle betreibt, im heutigen Amerika unabhängig zu bleiben ist ein ständiger Kampf, und von Jahr zu Jahr wird es schwieriger.
Buddy war schon immer äußerst stolz auf seinen Unternehmergeist gewesen und hatte alle Übernahmeangebote der internationalen Ölkonzerne abgelehnt. Also taten die Großen das, was sie immer mit den Kleinen anstellen: Sie bauten einen Super-Mega-Laden direkt gegenüber und unterboten seine Preise. In ein paar Jahren würde er weg vom Fenster sein und die Straße ihnen gehören.
Als Gegenwehr hatte Buddy hinter der Tankstelle eine Grilltonne und ein paar Gartentische aufgestellt, und aus »Buddy’s Gas Bar« war »Buddy’s Gas Bar & Bar-B-Que« geworden. Es brachteein bisschen ein, aber es reichte einfach nicht. Also hatte Buddy, als diese Mafiatypen ihm ein Angebot machten, drei Videopokerautomaten
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