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Die Trinity-Anomalie (German Edition)

Die Trinity-Anomalie (German Edition)

Titel: Die Trinity-Anomalie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Chercover
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Manchmal versucht so ein Auftraggeber, in seinem Land einen Regierungswechsel herbeizuführen, und manchmal ist auch die Regierung mein Auftraggeber. Oder es gibt keine richtige Regierung und ich befinde mich mitten in einem Bürgerkrieg. Mir ist es gleich, solange der Auftraggeber meine Kriterien erfüllt. Freie und faire Wahlen und eine Demokratie mit einer Verfassung, die die Macht des Staates eindämmt und Andersdenkende schützt. Daran glaube ich.«
    »Von solchen Auftraggebern kann’s aber nicht viele geben.«
    »Stimmt«, sagte Pat mit einem Lächeln. »Aber ich bin sehr teuer, deshalb kann ich mir leisten, wählerisch zu sein.«
    »Und das ist alles? Das sind Ihre Kriterien?«
    »He, das ist das amerikanische Ideal. Ich habe genug von der Welt gesehen, um zu wissen, dass wir diesem Ideal auch nicht entsprechen,aber es sollte zumindest unser Ziel sein. Ich brauche keinen Gott, um die Grundrechte des Menschen zu verstehen. Dazu reicht mein Verstand völlig aus.«
    »Manchmal ist das, was der Verstand uns sagt, nur ein Rechtfertigungsversuch«, sagte Trinity.
    »Stimmt schon«, sagte Pat und nahm einen Schluck Kaffee. »Hören Sie, Mann, ich bin in diesem Sumpfland aufgewachsen. Meine beiden Großväter waren katholische Cajuns, eine Großmutter eine Choctaw-Indianerin, die andere war halb schwarz, halb Indianerin. Sie praktizierte eine Art Bayou-Spiritismus, ähnlich dem Hoodoo. Sie waren alle gläubig, und was hat ihr Glaube ihnen gebracht? Er hat ihnen geholfen, sich in ihr Schicksal zu fügen. Und ihr Schicksal war, sich von der herrschenden Klasse mit Füßen treten zu lassen. Das bedeutet Religion für mich. Sie hilft einem, sein Leben zu ertragen. Vielleicht spendet der Glaube den Besitzlosen ja Trost, aber Trost tut ihnen nicht gut. Die Besitzlosen müssen richtig stinkwütend sein, sonst ändert sich nichts.«
    Trinity hatte offenbar einen wunden Punkt bei Pat angesprochen. In einer scherzhaften Kapitulationsgeste hob er die Hände und lächelte ihn versöhnlich an. »Na ja, ich bin selbst auch noch nicht so lange gläubig. Meine Predigten früher waren reine Geldschneiderei.«
    Pat erwiderte sein Lächeln. »Wie bei allen anderen Fernsehpredigern.«
    »Ich kann nicht für alle sprechen, aber es ist ein äußerst lukratives Geschäft«, sagte Trinity. »Aber Danny ist weggelaufen, als er gerade dreizehn war … Wahrscheinlich habe ich ihm Grund genug dazu gegeben.«
    »Sie kommen aber anscheinend ganz gut miteinander aus.«
    »Ich freue mich, dass er wieder da ist«, sagte Trinity. »Aber ich will ihm Zeit lassen, verstehen Sie?« Er nahm einen Schluck Kaffee.
    »Ich glaube schon. Soll ich Ihnen von Honduras erzählen?«
    Trinity nickte.
    »Denken Sie daran«, sagte Pat, »jede Geschichte hat drei Seiten:Ihre, meine und die Wahrheit. Ich kann Ihnen nur meine Version erzählen.«
    »Ich würde mich freuen.«
    Pat nahm einen Schluck Kaffee. Während er in die Vergangenheit eintauchte, verschwamm sein Blick. »Mein Auftraggeber war ein Wirtschaftsprofessor, der für den Nationalkongress von Honduras kandidierte. Ein Weltverbesserer, der sich gegen Korruption einsetzte und für eine Wahlreform.« Er lächelte. »Ein Mann nach meinem Geschmack. Er wurde immer beliebter bei den Leuten und damit eine Bedrohung für den Status quo. Er hatte überall Anhänger, und wir bekamen Wind davon, dass das Bataillon 3-16 – die von der CIA ausgebildete Gestapo da unten – ihm im Schlaf das Licht ausknipsen wollte. Ich brachte ihn also in ein kleines Dorf hoch oben in den Bergen. Der Priester dort, Pater Pedro, war auch einer seiner Anhänger. Einer von diesen politisch engagierten Priestern, wissen Sie? Befreiungstheologe, aber kein Marxist wie manch anderer. Er war nur der Meinung, Jesus habe es ernst gemeint, als er sagte, wir sollten die Hungernden speisen, die Kranken versorgen und uns um die Gefangenen kümmern. Nun, jedenfalls war Pater Pedro sehr mutig. Er hat wirklich was getan, verstehen Sie? Als zwei Militärjeeps im Dorf auftauchten, hat er uns im Keller seiner Kirche versteckt. Sechs Soldaten sprangen aus dem Wagen und verhörten die Einheimischen. Der Pater sagte, wir hätten im Dorf Rast gemacht, um was zu essen, und wären dann weiter Richtung Norden gefahren. Aber irgendjemand muss gequatscht haben, denn sie haben um die Kirche Wachposten aufgestellt, rund um die Uhr.« Beim Gedanken daran schüttelte er den Kopf. »Je länger wir uns in dem Keller versteckt hielten, desto frustrierter wurden die

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