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Die Trinity Verschwörung

Die Trinity Verschwörung

Titel: Die Trinity Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Cumming
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und erwog die Möglichkeit, auf eine Zigarette in den Garten zu gehen. Vor vierundzwanzig Stunden hatte er das Rauchen aufgegeben. Von einem Päckchen mehr würde er schon keinen Lungenkrebs bekommen. Oder konnte man etwa mit fünf Pfund die Bank sprengen? Nein.
    Er trank die Flasche leer, zog Pauls Hausschlüssel aus der Tasche und ging Richtung Haustür. Er würde sich in der Hampstead High Street ein Päckchen Camel kaufen, seine Marke, und wenn er das aufgeraucht hatte, war Schluss. Was hatte es für einen Sinn, einen quälenden Tag in Charlottes Haus ohne Rückendeckung durch Nikotin zu verbringen? Das wäre kontraproduktiv.
    Als er die Haustür öffnete, sein Feuerzeug in der Hosentasche gegen Hartgeld klimpern ließ, schoss ein Windstoß durchs Haus und verteilte Werbepost im Flur. An einem Haken hinter der Tür entdeckte Gaddis eine von Charlottes Handtaschen. Er schloss die Tür, nahm sie herunter und löste die Messingschnalle. In der Tasche fand er ihr Portemonnaie, prall gefüllt mit Kreditkarten und Bargeld. Er zog es heraus und betrachtete es. So viele von Charlottes Dingen hatte er heute schon in der Hand gehalten, und ausgerechnet ihr Portemonnaie löste den Schmerz aus. Er brauchte einen Moment, um sich wieder zu fassen. In dem Portemonnaie fand er einhundertzwanzig Pfund, ihren Presseausweis und noch ein paar Kassenbons. Ob die Kreditkarten schon gesperrt waren? Vielleicht sollte er sich darum kümmern und Paul die Mühe ersparen. Sichtbar hinter einer Plastikfolie steckte eine Oyster Card – vielleicht, um sie schnell vor das Lesegerät in der U-Bahn halten zu können. Dank der Schimpfkanonaden eines Kollegen am UCL , der bis an die Grenze zur Paranoia besessen war von den Gefahren der » Überwachungsgesellschaft«, wusste Gaddis, dass man in jeden U-Bahnhof Londons gehen und eine Auflistung der letzten zehn mit der Oyster Card unternommenen Fahrten einsehen konnte. Das brachte ihn auf einen Gedanken. Er konnte herausfinden, wohin Charlotte während der letzten Tage ihres Lebens unterwegs gewesen war, und diese Informationen ließen sich womöglich mit Einzelheiten auf ihren Telefonrechnungen oder Kassenzetteln abgleichen. Das eröffnete ihm immerhin die vage Möglichkeit, eine Verbindung zu Thomas Neame herzustellen.
    Am U-Bahnhof Hampstead reihte er sich hinter einem deutschen Rucksacktouristen ein und schob die Oyster Card vor einen der Leser an den Fahrkartenautomaten. Was er sah, weckte seine Neugier. Fünfmal dieselbe Fahrt, hin und zurück, in einem Zeitraum von fünfzehn Tagen, vom Bahnhof Finchley Road – eine knappe Viertelstunde Fußweg von Charlottes Haus – nach Rickmansworth, einem Vorort im Nordosten Londons. Er suchte sich einen Netzplan der U-Bahn-Linien und verfolgte die einfache Fahrt nach Norden mit der Metropolitan Line. Sie musste etwa vierzig Minuten gedauert haben. Aus unerfindlichem Grund veranlasste ihn dieser kleine Triumph privatdetektivischer Arbeit, auf den Kauf der Zigaretten zu verzichten und mit frischem Elan ins Haus zurückzukehren.
    Er holte die Quittungen ein zweites Mal aus dem Umschlag, schüttete sie auf den Küchentisch: WH SMITH ’S, Daunt Books, Transport for London. Handschriftliches erregte seine Aufmerksamkeit: auf die Rückseite von zwei Rechnungen aus demselben Pub in Chorleywood hatte Charlotte Lunch C. Somers gekritzelt. Die Daten stimmten überein mit den Tagen, an denen sie von Finchley aus nach Norden gefahren war. Gaddis wusste, dass Rickmansworth und Chorleywood nicht weiter als ein paar Kilometer auseinanderlagen. Er ging zurück in den Schuppen, setzte sich wieder an den Computer und startete eine Suche nach dem Namen » Somers«. Nichts. Dasselbe schwarze Loch aus falschen Spuren und Sackgassen, das schon den Vormittag geschluckt hatte.
    Vielleicht hatte sie Telefongespräche mit einer Nummer in der Gegend von Rickmansworth geführt. Gaddis gab bei Google » Vorwahl von Rickmansworth« ein und notierte sich die Nummer 01923. Dieselbe Vorwahl erhielt er für Chorleywood. Dieses Ergebnis glich er mit den Einzelverbindungsnachweisen auf einer Telefonrechnung ab, die er vor fast fünf Stunden mit einem Becher Kaffee in der Hand auf ihrem Schreibtisch gefunden hatte. Ohne Zweifel hatte Charlotte in den zwei Wochen ihrer Fahrten von Finchley aus ein halbes Dutzend Mal dieselbe Nummer unter der Vorwahl 01923 angerufen. Gaddis zog sein eigenes Handy aus der Tasche und tippte die Nummer ein.
    Eine Frau meldete sich, zu Tode gelangweilt.
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