Die Troja-Mission
regelrecht. »Das ist kein Hologramm. Das ist ein festes Hindernis. Wenn wir das rammen, werden wir zusammengestaucht wie eine Ziehharmonika.«
»Ich lass es darauf ankommen«, versetzte Pitt. »Sie und Patrick machen sich bereit. Sobald wir zusammenprallen zünden Sie die Cocktails und werfen sie.«
Jetzt gab es kein Zaudern und Zagen mehr. Die Jacht dümpelte nur mehr knapp dreißig Meter vor dem Bug der
Poco Bonito.
Giordino warf Pitt einen der M4-Karabiner zu, und im nächsten Moment nahmen sie die Jacht unter Beschuss. Giordino gab ein paar kurze Feuerstöße auf das Ruderhaus ab, das von der 5,56-mm-Nato-Munition regelrecht durchsiebt wurde, während Pitt den Piraten am Raketenwerfer mit gezieltem Einzelfeuer eindeckte und ihn beim zweiten Schuss erwischte. Ein anderer Mann bückte sich und wollte die Waffe aufheben, aber Pitt schaltete ihn ebenfalls aus.
Die Besatzung der Jacht war einen Moment lang wie vom Donner gerührt, als sich die
Poco Bonito
überraschend zur Wehr setzte, dann warfen sich alle Mann in Deckung, ohne das Feuer zu erwidern. Giordino hatte dem Kapitän eine Kugel in die Schulter gejagt, die ihn umgerissen hatte, und mit dem gleichen Feuerstoß den Steuermann gefällt, sodass die Jacht jetzt aus dem Ruder lief und abdrehte. Die
Poco Bonito,
die nur mehr von einer Maschine angetrieben wurde, lief nur noch halb so schnell wie zuvor, aber noch reichte ihre Kraft, und dementsprechend kampfeslustig pflügte sie durch das Wasser.
Keiner musste eigens dazu aufgefordert werden, sich an die Bordwand zu setzen und die Arme über dem Kopf zu verschränken. Renee und Dodge betrachteten mit bangem Blick die orangefarbenen Schwimmwesten, die Gunn ausgegeben hatte. Dieser stand jetzt aufrecht im Ruderhaus und hatte die Hände so fest um das Rad geschlungen, dass die Knöchel weiß hervortraten. Die Schraube wühlte das Wasser auf und trieb das Boot geradewegs auf die große, prunkvolle Jacht zu. Die Piraten wiederum starrten erst ungläubig und dann entsetzt auf das Fischerboot, als ihnen klar wurde, dass dessen Besatzung keineswegs die Flagge strich, sondern auf sie zuhielt und sie rammen wollte. Ein Wolf im Schafspelz – darauf waren sie nicht gefasst, hatte ihnen doch bislang kein anderes Schiff Widerstand geleistet. Und jetzt zeigte es auch noch die amerikanische Flagge.
Pitt und Giordino deckten die Jacht mit Feuer ein, bis sich niemand mehr an Deck blicken ließ. Die
Epona
wirkte größer denn je, als die
Poco Bonita
immer näher kam, mittschiffs auf ihren Rumpf zuhielt, unmittelbar hinter dem Ruderhaus. Oben war alles sauber. Die Besatzung hatte sich wie verschreckte Karnickel unter Deck verdrückt, als sie von dem Fischerboot unter gezielten Beschuss genommen wurde.
Die
Poco Bonito,
aus deren Maschinenraumluke noch immer dicke Rauchschwaden quollen, die im Fahrtwind nach achtern davontrieben, wirkte wie ein Boot, das just der Hölle entstiegen war. Gunn hatten vor vielen Jahren einen Raketenzerstörer kommandiert, mit dem er seinerzeit ein irakisches U-Boot gerammt hatte. Aber damals hatte er nur den Kommandoturm zu sehen bekommen. Jetzt hingegen ragte ein großes, mächtiges Schiff vor ihm auf.
Noch zehn Sekunden bis zum Rammstoß.
23.
Pitt und Giordino legten die Karabiner weg und wappneten sich für den Rammstoß. Renee, die sich an der Wand des Deckhauses eingerollt hatte, sah, dass die beiden Männer mit ungerührter Miene nach vorn blickten, sich weder Angst noch Anspannung anmerken ließen. Sie wirkten so gleichmütig wie zwei Enten, die im strömenden Regen hocken.
Im Ruderhaus ging Gunn unterdessen noch einmal die einzelnen Schritte durch. Er richtete den Bug des Bootes auf den Maschinenraum der Jacht aus, der unmittelbar hinter dem großen Speisesaal lag. Nach dem Aufprall musste er sofort mit voller Fahrt zurückstoßen und hoffen, dass er die
Poco Bonito
aus dem Loch herausbekam, das sie gerissen hatte, und über Wasser halten konnte, während der Gegner auf den Meeresboden sank. Der schlanke Rumpf der
Epona
war jetzt so nah, dass Gunn das Gefühl hatte, er könnte das stilisierte Pferd an der Bordwand berühren, wenn er nur die Hand durch das zertrümmerte Fenster des Ruderhauses streckte.
Hoch türmte sich jetzt die Jacht vor ihm auf und verdeckte die Sonne. Dann war der Teufel los, und alles schien wie in Zeitlupe abzulaufen, als ein dumpfes, nicht enden wollendes Knirschen die Luft erfüllte. Die
Poco Bonito
bohrte sich in ihre weitaus größere Widersacherin, riss ein
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