Die Troja-Mission
konnte.
Jack McGee hatte eine Abschiedsparty für sie veranstaltet und so viel Bier und Wein in ihrem Boot verstauen lassen, dass sie einen Saloon hätten eröffnen können. Inspektor Ortega war ebenfalls vorbeigekommen, hatte sich für ihre Mitarbeit bei seinen Ermittlungen bedankt und sein Bedauern über den sinnlosen Mord an Renee ausgedrückt. Zugleich aber war er auch aufgebracht, weil die Frau, die sie unter dem Namen Rita Anderson kannten, entkommen war. Sobald Ortegas Männer erfahren hatten, dass Barbara Hackens Pass abhanden gekommen war, hatten sie den Geschäftsführer des Hauses und den Wachmann am Flughafen vernommen, und inzwischen gingen sie davon aus, dass Rita von Costa Rica aus in die Vereinigten Staaten geflohen war. Pitt konnte seinerseits ein Stück zur Lösung des Rätsels beitragen, als er hörte, dass die Fluchtmaschine lavendelfarben lackiert war. Damit stand fest, dass Rita etwas mit Odyssey zu tun hatte. Daraufhin versprach Ortega, Renees Mörderin international zur Fahndung ausschreiben zu lassen und sich um die Unterstützung der amerikanischen Strafverfolgungsbehörden zu bemühen.
Jetzt saß Pitt lässig zurückgelehnt auf dem erhöhten Stuhl an der Steuersäule und lenkte das Boot mit einem Fuß, während sie an malerischen Lagunen vorbeifuhren, die in den Fluss mündeten. Giordino hatte sich von McGee einen Liegestuhl samt Polster geborgt und ließ die Füße über den Bug baumeln, achtete aber auf die gut fünfeinhalb Meter langen Krokodile, die sich hie und da auf den Sandbänken sonnten.
Da er sich mit tropischem Regenwald auskannte, hatte er sich in ein Moskitonetz gehüllt. Auch wenn es für gewöhnlich in keinem Reiseprospekt erwähnt wurde, wimmelte es hier nur so von kleinen Blutsaugern. Pitt wiederum, der sich ungehindert bewegen wollte, hatte sich dick mit Insektenschutzmittel eingerieben.
Die ersten zwanzig Meilen fuhren sie auf dem Rio Colorado in Richtung Nordwesten, bis sie auf die schlammigen Gewässer des Rio San Juan stießen, dessen gewundener Flusslauf die Grenze zwischen Nicaragua und Costa Rica bildete. Von hier aus waren es noch mal achtzig Kilometer flußaufwärts bis zu der Stadt San Carlos am Lago de Cocibolca, besser bekannt als Nicaragua-See.
»Ich habe noch keine Spur von irgendwelchen Bauarbeiten gesehen«, sagte Giordino, während er mit dem Fernglas das Ufer absuchte.
»Du hast sie schon gesehen«, erwiderte Pitt, der die bunten Vögel beobachtete, die in den ausladenden Bäumen nisteten, deren Äste weit übers Wasser reichten.
Giordino drehte sich in seinem Liegestuhl um, schob die Sonnenbrille herunter und blickte Pitt über den Rand hinweg an, als musterte er einen Buchmacher, der ihm einen hundertprozentigen Tipp auf den Favoriten des nächsten Rennens gegeben hatte.
»Sag das noch mal.«
»Kannst du dich noch an Micky Levy erinnern, deine Freundin?«
»Der Name kommt mir bekannt vor«, grummelte Giordino, der immer noch nicht wusste, worauf Pitt hinauswollte.
»Sie hat neulich beim Abendessen über Pläne zum Bau eines Eisenbahntunnels gesprochen, der quer durch Nicaragua verlaufen sollte, von Küste zu Küste.«
»Sie hat aber gesagt, das Projekt wäre nie in Angriff genommen worden, weil Specter einen Rückzieher gemacht hat.«
»Ein Täuschungsmanöver.«
»Ein Täuschungsmanöver«, äffte Giordino ihn nach.
»Nachdem die Ingenieure und Geologen, wie zum Beispiel deine Freundin Micky, ihre Untersuchungen abgeschlossen hatten, bestand die Geschäftsleitung von Odyssey darauf, dass sie sich vertraglich dazu verpflichteten, keinerlei Auskünfte über das geplante Vorhaben zu geben. Specter drohte damit, ihr Honorar zurückzuhalten, bis sie sich damit einverstanden erklärten. Nachdem er dann die Berichte gelesen hatte, beschloss er, das Projekt abzublasen, weil es zu kostspielig wäre.«
»Woher weißt du das alles?«
»Ich habe deine Freundin Micky angerufen, kurz bevor wir aus Washington aufgebrochen sind, und danach hat sie mir die Baupläne gefaxt«, erwiderte Pitt.
»Mach weiter.«
»Ich habe ihr noch ein paar Fragen zu Specter und dieser unterirdischen Brücke gestellt. Hat sie dir nichts davon erzählt?«
»Ich nehme an, sie hat’s vergessen«, sagte Giordino versonnen.
»Jedenfalls stellte sich heraus, dass Specter nie die Absicht hatte, das Projekt fallen zu lassen. Die Ingenieure von Odyssey sind seit über zwei Jahren wie wild am Buddeln. Die Bestätigung dafür war der Hafen, an dem wir vorbeigefahren sind, wo
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