Die Troja-Mission
Leichen spurlos verschwinden ließ, damit ihm niemand auf die Schliche kam. General Stack war sich dessen durchaus bewusst, aber angesichts tausender Todesopfer und der schier unermesslichen wirtschaftlichen Schäden, zu denen es hier unter Umständen kommen konnte, wogen zwanzig, dreißig Menschenleben nur wenig. Er befahl, das Firmengelände anzugreifen und sämtliche Arbeiter zu evakuieren, einschließlich der Wissenschaftler, falls sie noch auf der Insel waren.
Pitt und Giordino unterstellte er dem Befehl von Lieutenant Colonel Bonaparte Nash, von seinen Freunden kurz Bony genannt. Nash, der einen Aufklärungstrupp der Marineinfanterie kommandierte, nahm die beiden in der kleinen, am Westufer des Sees gelegenen Stadt San Jörge in Empfang, wo sich der provisorische Stützpunkt der für die Evakuierung eingesetzten Hubschrauber befand. Er war muskulös und durchtrainiert, hatte blonde, kurz geschorene Haare, ein rundliches, gutmütig wirkendes Gesicht und blaue Augen, deren Blick bei aller Freundlichkeit knallhart und entschlossen wirkte.
»Freut mich sehr, Sie kennen zu lernen, Mr. Pitt und Mr. Giordino. Ich weiß Bescheid über die Verdienste, die Sie sich als Mitarbeiter der NUMA erworben haben. Kann ich mich darauf verlassen, dass Sie mich und meine Männer zu dem Gebäude führen, in dem die Wissenschaftler gefangen gehalten werden?«
»Das lässt sich machen«, erwiderte Pitt.
»Aber soweit ich weiß, waren Sie nur einmal dort.«
»Wenn wir bei Nacht hingefunden haben«, versetzte Giordino unwirsch, »schaffen wir’s bei Tageslicht allemal.«
Nash legte eine stark vergrößerte Satellitenaufnahme von der Anlage auf den kleinen Tisch. »Ich habe fünf Hubschrauber zur Verfügung, alles Chinook CH-47, in die je dreißig Mann passen. Ich habe vor, einen am Flugplatz landen zu lassen, den zweiten im Hafengelände, den dritten neben dem Gebäude, in dem sich Ihrer Darstellung zufolge das Hauptquartier der Sicherheitskräfte befindet, und den vierten in einem Park zwischen einer Reihe von Lagerhäusern. Sie beide begleiten mich im fünften und sorgen dafür, dass wir das richtige Gebäude finden, in dem die Wissenschaftler festgehalten werden.«
»Wenn ich dazu einen Vorschlag machen dürfte«, erwiderte Pitt. Er zog einen Stift aus der Brusttasche seines geblümten Hemdes und tippte damit auf ein Gebäude, das neben einer von Palmen gesäumten Straße stand. »Das ist die Verwaltungszentrale. Sie können auf dem Dach landen und die obersten Führungskräfte von Odyssey dingfest machen, bevor sie sich mit ihrem Hubschrauber aus dem Staub machen.«
»Woher wollen Sie das wissen?«
»Al und ich haben dort vor sechs Tagen einen Helikopter geklaut, als wir uns schleunigst aus dem Staub machen mussten.«
Nash warf ihnen einen skeptischen Blick zu, war sich offenbar noch immer nicht sicher, ob er ihnen glauben sollte.
»Waren bei Ihrer Flucht Sicherheitskräfte auf dem Dach?«
Pitt sah, dass Nash unschlüssig war. »Ja, vier Mann.«
Giordino hatte es ebenfalls bemerkt. »Die haben wir im Handumdrehen überwältigt …«
»Man hat mir mitgeteilt, dass Sie Ingenieure für Meerestechnologie sind«, sagte Nash verdutzt.
»Das sind wir nebenbei auch noch«, versetzte Giordino.
»Na schön, wenn Sie das sagen.« Nash schüttelte kurz den Kopf, so als wüsste er nicht recht, was er davon halten sollte.
»Nun denn, ich darf Ihnen keine Waffen aushändigen. Sie fliegen nur als Führer mit. Das Kämpfen überlassen Sie mir und meinen Männern.«
Pitt und Giordino warfen sich einen verschmitzten Blick zu. Beide hatten ihre Pistolen hinten im Hosenbund stecken, den 45er Colt und den 50er Desert Eagle, die unter den weiten Tropenhemden verborgen waren.
»Wenn wir in Schwierigkeiten geraten sollten«, sagte Giordino, »schmeißen wir einfach Steine, bis uns Ihre Männer raushauen.«
Nash wusste nicht recht, ob er die beiden Klugscheißer leiden konnte. Er hob die Hand und warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Wir brechen in zehn Minuten auf. Ihr zwei fliegt mit mir. Sobald wir landen, lotst ihr uns zum richtigen Gebäude, ohne dass wir lange rumsuchen müssen. Wir dürfen keine Zeit verlieren, wenn wir die Geiseln befreien wollen, bevor sie von den Sicherheitskräften beseitigt werden.«
Pitt nickte. »Meinetwegen.«
Genau zehn Minuten später saßen er und Giordino gemeinsam mit Lieutenant Colonel Nash angeschnallt und startbereit in einem Chinook-Transporthubschrauber. Ihr Geleitschutz bestand aus dreißig
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