Die Troja-Mission
halbem Ohr zu. Er fragte sich, was mit den anderen Frauen los war, die um den Tisch saßen. Keine hatte bisher ein Wort gesagt. Sie saßen da wie Puppen in einem Wachsfigurenkabinett. Er schaute sie sich genauer an, um festzustellen, ob sie möglicherweise auch unter Drogen standen, konnte aber keinerlei Anzeichen erkennen. Allmählich wurde im klar, dass Epona sie völlig in ihren Bann geschlagen hatte. Sie wirkten, als wären sie einer Gehirnwäsche unterzogen worden.
»Anscheinend hat man sich nicht die Mühe gemacht, mich davon zu verständigen. Ich weiß nichts von diesem Unternehmen, das Sie angesprochen haben.«
»Unter meiner Anleitung hat Mr. Specter …« Sie stockte einen Moment. »Kennen Sie ihn?«
»Ich weiß nur das, was ich in der Zeitung gelesen habe«, log Dirk. »Er ist eine Art reicher Spinner, so ähnlich wie Howard Hughes.«
»Mr. Specter ist darüber hinaus der kluge Kopf, der hinter dem Erfolg von Odyssey steht. Alles, was wir erreicht haben, verdanken wir ihm und seinen überragenden Geistesgaben.«
»Ich hatte den Eindruck, dass Sie der Kopf der Truppe sind.«
»Meine Schwestern und ich führen Mr. Specters Anweisungen aus.«
Im nächsten Moment klopfte es an der Tür, und eine Frau in einem grünen Overall trat ein, ging um den Tisch herum, reichte Epona einen Zettel und verließ das Zimmer wieder. Epona las die Nachricht, und mit einem Mal war ihr ganzer Hochmut verflogen. Sie blickte mit entsetzter Miene auf, schlug die Hand vor den Mund, als hätte ihr jemand eine Ohrfeige versetzt. »Das kommt von unserem Büro in Managua«, teilte sie schließlich wie benommen und mit erstickter Stimme mit. »Unser Forschungscenter auf Ometepe und die Tunnel wurden von einem Bergrutsch am Vulkankegel des Concepción zerstört.«
Die Nachricht löste rundum Fassungslosigkeit und Verzweiflung aus. »Kaputt, alles ist kaputt?«, fragte eine der Frauen ungläubig.
Epona nickte bedächtig. »Die Mitteilung wurde bestätigt. Die Anlage liegt jetzt am Grund des Nicaragua-Sees.«
»Sind alle umgekommen?«, fragte eine weitere Frau. »Gab es keine Überlebenden?«
»Die Arbeiter wurden von sämtlichen am See verfügbaren Booten beziehungsweise von Hubschraubern der US-Streitkräfte gerettet. Elitetruppen der Vereinigten Staaten haben unser Verwaltungsgebäude angegriffen. Unsere Schwestern, die unsere Zentrale heldenhaft verteidigt haben, wurden ausnahmslos getötet.«
Epona stand auf und ging zu Summer. Sie ergriff sie am Arm und zog sie hoch. Dann gingen sie beide unsicheren Schrittes, so als wäre die eine in Trance und die andere vom Schlag gerührt, auf die Doppeltür zu. Epona drehte sich noch einmal um, neigte den Kopf leicht zu Dirk hin und verzog die rot geschminkten Lippen zu einem höhnischen Grinsen.
»Genießen Sie Ihre letzten Stunden auf Erden, Mr. Pitt.«
Dirk sprang auf, stieß den Stuhl um und wollte auf Epona losgehen. Doch im gleichen Augenblick wurde die Tür aufgerissen; die Wärterin kam herein und drückte ihm die Mündung ihrer Pistole an die Schläfe. Er riss sich zusammen, auch wenn er innerlich vor Wut tobte, und blieb auf der Stelle stehen.
»Und sagen Sie Ihrer Schwester Lebewohl. Sie wird Ihnen nie wieder Gesellschaft leisten.«
Dann legte sie den Arm um Summer und führte sie aus dem Raum.
46.
Die Sonne knallte auf den Asphalt vor dem Abfertigungsgebäude für Privatflugzeuge, als Pitt und Giordino auf einer überdachten Terrasse standen und zusahen, wie der Citation-Jet der NUMA auf dem Managua International Airport landete. Der Pilot steuerte bis zum Ende der Landebahn und rollte dann zurück zum Terminal. Sobald die Maschine zum Stehen kam, wurde die Tür von innen geöffnet, und Rudi Gunn kam die Gangway herab.
»O nein«, ächzte Giordino. »Ich kann es regelrecht riechen. Wir fliegen nicht nach Hause.«
Gunn blieb stehen und winkte sie zum Flugzeug. »Steigt ein, wir dürfen keine Zeit verlieren«, sagte er, als sie näher kamen.
Wortlos warfen Pitt und Giordino ihr Gepäck in den Frachtraum. Sie hatten sich kaum gesetzt und die Gurte angelegt, als die Maschine auch schon mit aufheulenden Triebwerken über die Startbahn raste und abhob.
»Sag mir bloß nicht«, grummelte Giordino, »dass wir für alle Ewigkeit in Nicaragua bleiben müssen.«
»Warum so eilig?«, fragte Pitt Gunn.
»Dirk und Summer sind verschwunden«, sagte Gunn ohne jede Vorrede.
»Verschwunden?«, versetzte Pitt und warf ihm einen bangen Blick zu. »Wo?«
»Vor Guadeloupe. Der
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