Die Troja-Mission
einem Kampf wider die Elemente. Die leuchtend grünen, von feinen Fältchen gesäumten Augen schienen Mortons Gedanken ergründen zu können.
»Bringen Sie uns bitte zu Mr. Morton«, sagte er in einem Tonfall, der unter diesen Umständen seltsam ruhig klang.
»Ich bin Morton. Wer sind Sie, und weshalb sind Sie hergekommen?«
Der Mann zog den Handschuh aus und bot Morton die Hand zum Gruß. »Ich heiße Dirk Pitt. Ich bin Direktor für Spezial-Projekte bei der National Underwater and Marine Agency.« Er wandte sich zu seinem Begleiter um, einem kleinen Mann mit dunklem Lockenschopf und dicken Augenbrauen, der aussah, als stamme er von einem römischen Gladiator ab. »Das ist mein Stellvertreter Al Giordino. Wir wollen das Hotel ins Schlepptau nehmen.«
»Mir wurde mitgeteilt, dass unsere Schlepper nicht auslaufen können.«
»Die Schlepper von Odyssey nicht, aber ein Forschungsschiff der NUMA, das Objekte von der Größe Ihres Hotels an den Haken nehmen kann.«
Morton, der bereit war, nach jedem Strohhalm zu greifen, winkte Pitt und Giordino in seinen privaten Fahrstuhl und geleitete sie in sein Büro.
»Entschuldigen Sie den kühlen Empfang«, sagte er und bot ihnen einen Stuhl an. »Niemand hat mir Ihr Kommen angekündigt.«
»Wir hatten nicht allzu viel Vorbereitungszeit«, erwiderte Pitt. »Wie sieht die Lage derzeit aus?«
Morton schüttelte düster den Kopf. »Nicht gut. Unsere Pumpen werden mit dem eindringenden Wasser nur mit Mühe fertig, tragende Bauteile drohen einzustürzen, und wenn wir auf die Felsen vor der Küste der Dominikanischen Republik laufen«, er stockte und zuckte die Achseln, »dann werden mehr als tausend Menschen ums Leben kommen, Sie eingeschlossen.«
Pitts Gesicht wurde hart wie Granit. »Wir werden auf keine Felsen laufen.«
»Ihr Wartungspersonal muss uns helfen, wenn wir das Hotel mit unserem Schiff ins Schlepptau nehmen«, sagte Giordino.
»Wo ist dieses Schiff?«, fragte Morton mit leicht ungläubigem Unterton.
»Laut Hubschrauberradar ist es noch knapp dreißig Meilen entfernt.«
Morton blickte aus dem Fenster auf die düster drohenden Wolkenwände rund um das Auge des Hurrikans. »Ihr Schiff wird niemals hier ankommen, bevor der Sturm wieder zuschlägt.«
»Das Hurricane Center der NUMA hat errechnet, dass das Auge einen Durchmesser von knapp hundert Kilometern hat, und unser Schiff läuft mit zwanzig Meilen pro Stunde. Mit etwas Glück ist es rechtzeitig hier.«
»Zwei Stunden müssten reichen, um euch an den Haken zu nehmen«, sagte Giordino, während er einen Blick auf seine Uhr warf.
»Ich glaube«, sagte Morton förmlich, »wir müssen noch ein paar Fragen bezüglich der Bergungskonditionen bereden.«
»Da gibt’s nichts zu bereden«, erwiderte Pitt unwirsch, weil sie nur Zeit verloren. »Die NUMA ist eine für die Meeresforschung zuständige Bundesbehörde der Vereinigten Staaten. Wir sind kein Bergungsunternehmen. Wir arbeiten nicht nach dem Motto ›Kein Erfolg, kein Geld‹. Wenn die Sache gelingt, wird unser Boss, Admiral James Sandecker, Ihrem Boss, Mr. Specter, nicht einen Heller in Rechnung stellen.«
Giordino grinste. »Ich möchte anmerken, dass der Admiral eine Vorliebe für teure Zigarren hat.«
Morton starrte Giordino verständnislos an. Er wusste nicht, was er von diesen Männern halten sollte, die unverhofft vom Himmel gekommen waren und ihm in aller Ruhe mitteilten, dass sie das Hotel und alle, die sich darin aufhielten, zu retten gedachten. Wie Schutzengel sahen sie seiner Ansicht nach nicht gerade aus.
Zu guter Letzt fügte er sich. »Könnten mir die Herren bitte mitteilen, was Sie benötigen.«
Die
Sea Sprite
stemmte sich gegen den Tod.
Sie tauchte so tief ein, dass keiner an Bord glaubte, das Schiff könne sich je wieder aufrichten. Sie war völlig überflutet, Bug und Heck unter Wassermassen begraben. Quälende Sekunden lang schien sie in den graugrünen Fluten zu schweben. Dann hob sich der Bug langsam und mühselig, Stück für Stück, und trotzig kämpfte sie sich wieder nach oben. Von den wirbelnden Schrauben vorangetrieben, stellte sie sich einmal mehr dem Wüten des Sturmes, stieß wie ein Tümmler durch die Wogen und stürzte sich ins nächsten Wellental, sodass sämtliche Rumpfplatten unter der Last der Wassermassen ächzten, die sich zu beiden Seiten ins Meer ergossen.
Der teuflische Sturm hatte seine härtesten Schläge ausgeteilt, aber das zähe kleine Schiff hatte auch seine wildeste Wut überstanden, hatte ein ums
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